Berlin. Könnten Viren, die in ägyptischen Mumien überlebt haben, heute noch eine Pandemie auslösen? Wissenschaftler geben eine klare Antwort.

Krankheiten waren für die alten Ägypter keine Seltenheit. Untersuchungen von Archäologen haben ergeben, dass sie von einer Vielzahl an Infektionskrankheiten wie Pocken, Tuberkulose und Lepra betroffen waren. So erkrankte beispielsweise Ramses V., der vierte Pharao der 20. ägyptischen Dynastie, an Pocken, was durch die verräterischen Pockennarben auf seinem mumifizierten Körper belegt wird.

Obwohl die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Pocken 1980 offiziell für weltweit ausgerottet erklärte, ist es möglich, dass Tausende von Jahren später neu ausgegrabene Mumien Pocken oder andere Krankheiten aus ihrem Körper freisetzen könnten. Piers Mitchell, Direktor des Ancient Parasites Laboratory der Universität Cambridge und Mitarbeiter in der dortigen Abteilung für Archäologie, hält dies für äußerst unwahrscheinlich. „Die meisten Parasitenarten sterben innerhalb von ein oder zwei Jahren“, ohne dass sie einen lebenden Wirt haben, an den sie sich klammern können, sagte Mitchell gegenüber Live Science. „Wenn man länger als 10 Jahre wartet, ist alles tot.“

Viren können in Mumien nicht überleben

Demnach können Viren wie die Pocken sich beispielsweise nur in den Zellen eines lebenden Wirtes vermehren, so das National Center for Biotechnology Information der National Library of Medicine am National Institutes of Health (NIH). Auch die Bakterien, die Tuberkulose und Lepra verursachen, benötigen laut NIH lebende Wirte zum Überleben.

Auch interessant

Pocken werden jedoch durch Berührung von Mensch zu Mensch übertragen, während Tuberkulose und Lepra laut NIH normalerweise durch Tröpfchen aus Nase und Mund übertragen werden, die typischerweise durch Niesen oder Husten übertragen werden.

Bei Lepra sei für die Ausbreitung ein längerer Kontakt mit einer kranken Person erforderlich. Dies liege daran, dass sich die beiden Bakterienarten, die die Krankheit verursachen, bekannt als Mycobacterium leprae und Mycobacterium lepromatosis, laut dem Centers for Disease Control and Prevention langsam vermehren.

DNA wird „zerhackt“

Ein weiterer Faktor, der die Wahrscheinlichkeit verringere, dass sich jemand bei einer Mumie ansteckt, sei der Abbau der DNA im Laufe der Zeit. „Bei der Analyse kann man feststellen, dass alle DNA-Stücke dieser Parasiten ziemlich kurz sind“, sagte Mitchell. „Statt schöner, langer, gesunder DNA-Ketten bestehen sie nur aus etwa 50 bis 100 Basenpaaren. Es ist, als wäre alles zerhackt worden, und das liegt daran, dass die DNA abgebaut und zersetzt wird. Wenn die DNA einmal auseinandergefallen ist, kann nichts mehr lebensfähig sein – nichts wacht auf.“

Auch interessant

Einige parasitäre Darmwürmer, die über den Kot verbreitet werden, leben jedoch länger als andere Organismen, und nicht alle benötigen einen lebenden Wirt zum Überleben. Trotzdem sind sie kein großes Problem. „Sie können viel robuster sein und mehrere Monate oder manchmal auch ein paar Jahre überleben, aber keiner von ihnen wird Tausende von Jahren überleben“, sagte Mitchell. „Die überwiegende Mehrheit der Parasiten stirbt, wenn der Wirt stirbt, weil sie keine Überlebenschance haben.“

„Fluch des Pharao“ machte Schlagzeilen

Und selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass einer dieser urzeitlichen Organismen noch am Leben und gesund wäre, würden die Masken, Handschuhe und andere Schutzausrüstung, die die Forscher tragen, um zu verhindern, dass sie die Mumien kontaminieren, sie auch daran hindern, sich mit Krankheitserregern anzustecken oder diese zu verbreiten.

So ganz ungefährlich sind die Mumien dann aber doch nicht. So machte nach der Entdeckung des Grabes von Tutanchamun im Tal der Könige im Jahr 1922 durch Howard Carter eine Reihe von Todesfällen bei Menschen, die an der Öffnung des Grabes beteiligt waren, Schlagzeilen. In der Presse wurde das damals als „der Fluch des Pharao“ bezeichnet. Später haben Wissenschaftler dann herausgefunden, dass in dem Grab Pilzsporen überlebt hatten, die durch das Einatmen wieder reaktiviert wurden. In einigen Fällen hätten die Pilze wohl auch zu gesundheitlichen Problemen bei den an der Graböffnung beteiligten Personen geführt, die damals ohne Mundschutz arbeiteten.