Berlin. Schauspieler Aljoscha Stadelmann darüber, wann es okay ist, auch mal die Nerven zu verlieren und wie emphatisch die Gesellschaft ist.
Seit 2015 ist Aljoscha Stadelmann als Dorfpolizist Frank Koops in der ARD-Krimireihe „Harter Brocken“ zu sehen. Der 49-jährige Schauspieler nimmt dieses Format so ernst, dass er für seine Vorstellungen kämpft, wie er im Interview erklärt. Denn er scheut keine Auseinandersetzungen um die richtige Sache – aber er weiß auch, was wahre Werte sind. Und die haben für ihn nichts mit Geld zu tun.
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Die neue Folge des „Harten Brocken“ dreht sich um einen verschwundenen Schatz. Was würden Sie machen, wenn Sie so etwas finden würden?
Aljoscha Stadelmann: Ich würde schauen, dass ich nicht auf dem Gold sitzen bleibe. Die Frage wäre vielmehr, was ich damit machen kann. Zum Beispiel würde ich viel mehr Studentenfilme drehen, für die ich keine Gage bekomme. Ich möchte mir keine Sorgen mehr machen müssen, wie ich meine Rechnung bezahle. Und ich würde auch versuchen, Freunden und anderen Menschen zu helfen. Nicht zuletzt, weil ich selbst auch Hilfe und Unterstützung von Freunden bekommen habe, als es mir nicht so gut ging. Dafür würde es sich lohnen, einen Schatz zu heben. Aber es würde mich nicht interessieren, Besitztümer zu horten, um damit mein Ego aufzupolieren. Außerdem gibt es viele Schätze, auf denen nicht das Wort ‚Gold‘ steht, die aber genau so viel wert sind. Mehr!
Was für Schätze meinen Sie?
Stadelmann: Das sind immaterielle Dinge, Schätze deren Wert man vielleicht nicht auf den ersten Blick erkennt. Es sollte nicht sein, dass man sich über Materialismus definiert, selbst wenn einen die heutige Zeit dazu zwingen will.
„Harter Brocken“-Schauspieler: „Es gibt Tage, da will man nicht mehr aufstehen“
Welche dieser Schätze haben Sie in Ihrem Leben so gehoben?
Stadelmann: Das hat viel mit Menschen und Begegnungen zu tun. Man trifft Leute, für die man ein tolles Gefühl empfindet, und dadurch versteht man die Welt wieder neu. Allein heute habe ich zwei solcher Schätze gefunden. Ich habe eine frühere Kollegin getroffen, die ich vier Jahre lang nicht gesehen habe. Das war großartig. Und nach diesem Interview bekochen ein Freund und ich uns gegenseitig mit Miesmuscheln und bringen jeder einen Schatz aus dem Weinkeller mit. Diese Momente machen mir den Tag heute lebenswert.
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Haben Sie immer solche Tage?
Stadelmann: Leider nein. Es gibt Tage, da will man auch gar nicht mehr aufstehen. Man sitzt in seiner düsteren Höhle und man denkt sich: ‚Irgendjemand hat mir einen Goldschatz versprochen. Ich kann den nirgends sehen.‘
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„Harter Brocken“: So setzt sich der Schauspieler für die Krimireihe ein
Was ist der Grund für solche düsteren Gefühle? Sie haben doch mit „Harter Brocken“ eine erfolgreiche Reihe. Das sollte eher für eine positive Stimmung sorgen.
Stadelmann: Aber ich hätte gerne mehr zu tun. Wenn es nichts gibt, dann schalte ich drei Gänge runter, und dann wird es schwierig. Man wird ja Schauspieler, weil man spielen will. Dieses Jahr stand ich immerhin wieder im Berliner Renaissancetheater auf der Bühne, vielleicht gehe ich auch wieder in ein Ensemble. Eigentlich wollte ich nach dem Ausstieg beim Berliner Ensemble nur ein Jahr Theaterpause machen, aber durch Corona hat sich das auf vier Jahre ausgedehnt.
Aber Ihr Einsatz im „Harten Brocken“ ist nicht infrage gestellt?
Stadelmann: Derzeit nicht. Aber es ist immer auch ein Kampf. Denn wir setzen uns dafür ein, dass das kein Regionalkrimi wird, sondern immer eine Art Westerngeschichte bleibt. Die Motivationen der Figuren müssen sich aus den Emotionen ergeben und nicht aus spezifischen örtlichen Gegebenheiten, die man erklären muss.
Sie sagen, wie sehr Sie menschliche Begegnungen schätzen. Aber kommen Sie immer gut mit Leuten klar?
Stadelmann: Morgens bin ich nicht immer so sozial kompatibel. Aber ich versuche mich dann zurückzuhalten und meine Befindlichkeiten nicht so weit auszubreiten, dass sich alle wegen mir Gedanken machen müssen.
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Aljoscha Stadelmann: „Auseinandersetzungen bringen uns weiter“
Was ist, wenn Sie mal anderer Meinung als Ihre Mitmenschen sind?
Stadelmann: Es ist nicht immer einfach. Manchmal regt man sich über jemand auf. Aber es ist okay, wenn man mal hart miteinander redet und die Nerven kurz verliert. Nur muss man dann auch die Größe haben zu sagen: ‚Tut mir leid, mir sind gerade die Nerven durchgegangen.‘ Aber wir müssen uns kritisieren und sagen können, was man anders machen soll. Denn Auseinandersetzungen bringen uns weiter. Ich kann nur auf einen interessanten Gedanken kommen, wenn ich von jemand anders Input bekomme. Dafür muss man eben offen sein, aber auch konstruktiv bleiben. Das heißt: Man soll etwas vorschlagen, anstatt zu sagen ‚Nee, will ich nicht.‘ Und wenn man die Probleme nicht genau benennen kann, sollte man sagen: „Es fühlt sich für mich jetzt nicht richtig an. Können wir nicht überlegen, wie man es anders machen kann?“ Aber wir dürfen nicht der Sehnsucht frönen, alles kaputt zu machen.
Glauben Sie, der Großteil der Gesellschaft schafft das?
Stadelmann: Die meisten Leute sind gut darin, zu helfen. Leider werden sie so manipuliert, dass sie sagen, ‚Mir geht es schlecht, und die sind schuld.‘ Das betrübt mich sehr. Aber im Grund sind die Menschen empathisch. Ich versuche selbst mit allen Menschen empathisch zu sein, die Hilfe brauchen, gleich welcher Hautfarbe. Und dafür ist auch Eines notwendig: Ich darf mich selbst nicht so ernst nehmen.