Berlin. Seit mehr als zehn Jahren gibt Böhm in „Die Chefin“ den Ton an. Hier spricht sie über soziale Ungleichheit und das Älter werden.
Es gibt Schauspielerinnen und Schauspieler, die in ihrer vielfältigen Karriere eine Paraderolle finden. Bei Katharina Böhm ist es seit 2012 die Titelfigur der Krimireihe „Die Chefin“, deren neue Staffel am 24. November (um 20:15 Uhr im ZDF) startet. Während sich die 58-Jährige in diesen Fällen in die Welt des Verbrechens begibt, zieht sie sich privat in ihre persönliche Schutzblase zurück, auch wenn ihr das in der heutigen Zeit nicht immer leicht fällt.
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Vor unserem letzten Gespräch ließen Sie Ihre Küche neu anstreichen. Sind Sie mit den Farben zufrieden?
Katharina Böhm: Oh ja, bei der Farbe alleine ist es allerdings nicht geblieben, inzwischen ist die komplette Küche renoviert. Das war nach 25 Jahren auch dringend notwendig (lacht).
Ihre Arbeit an der „Chefin“ währt noch nicht ganz so lange. Können Sie sagen, wie Sie sich in der Zeit verändert haben?
Böhm: Erst einmal bin ich 12 Jahre älter und hoffentlich auch 12 Jahre weiser geworden. (lacht) Auf jeden Fall liebe ich die Gelassenheit, die ich inzwischen habe.
Katharina Böhm: Darum meidet sie Konjunktive
Gibt es Dinge von früher, mit denen Sie noch Ihren Frieden machen müssen? In der Auftaktfolge der neuen Staffel geht es ja um alte Gespenster....
Böhm: Gespenster der Vergangenheit gibt es bei mir glücklicherweise nicht. Es gibt Sachen, über die ich mich ärgere, dass ich sie gemacht habe. Aber ich versuche, darüber nicht nachzudenken, denn das wären Konjunktive, wie „hätte ich, dann wäre...“ – und Konjunktive meide ich! Vergangene Erlebnisse betrachte ich nur dann, wenn ich etwas in Zukunft besser machen kann und will.
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An welche Erfahrungen erinnern Sie sich besonders intensiv?
Böhm: (lacht) An die, über die man in einem Interview nicht reden sollte.
Sie sind aber auch physisch mit der Vergangenheit konfrontiert, da Sie in dem Haus Ihrer Kindheit wohnen. Inwieweit ist das wichtig für Sie?
Böhm: Die Frage, ob ich hier leben möchte oder nicht, hat sich für mich nie gestellt. Denn ich wurde ebenso erzogen wurde, dass das für mich keine Frage war. Inzwischen ist es sehr wichtig, weil es ein wirkliches Refugium für mich ist. Ich habe nicht mehr so viele Gegenstände von damals, aber ich finde es sehr schön, mit einigen Sachen meiner Kindheit immer noch umgeben zu sein. Vor allem mit einigen Bäumen, die ich kenne, als sie noch ganz klein waren.
Nach zwölf Jahren könnte die Figur der Chefin ja auf Sie abgefärbt haben. Würden Sie sagen, dass Sie eine Führungspersönlichkeit sind?
Böhm: Jetzt nicht mehr so stark. Als mein Sohn noch ein Kind war und ich Au-pair-Mädchen hatte, musste ich viel delegieren. Es liegt mir nicht wirklich, aber ich kann Führung übernehmen, wenn ich muss. Wenn man, wie ich, eine alleinerziehende und berufstätige Mutter war und ein Haus mit mehreren Hunden hat, braucht man gewisse Führungsqualitäten. (lacht)
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Böhm verteilt anderen Menschen „sehr viele Vorschuss-Lorbeeren“
Wobei es Ihre Figur in den neuen Folgen mit einem Kontrahenten zu tun hat, der glaubt, allen überlegen zu sein. Ist das eine spezifische männliche Eigenschaft?
Böhm: Das Verhaltensmuster gibt es bei allen Geschlechtern. Solche Menschen begegnen einem andauernd. Aber, ich glaube, eigentlich sind Menschen, die das nach außen tragen, meistens die, die am Schwächsten sind.
Wie gut glauben Sie insgesamt Menschen verstehen zu können?
Böhm: Glücklicherweise habe ich einen relativ guten Riecher für Menschen. Dass ich komplett falsch liege, kommt eigentlich selten vor. Ich gehe grundsätzlich immer sehr positiv auf Menschen zu, dabei gebe ich jedem sehr viele Vorschuss-Lorbeeren und versuche nicht vorschnell über Menschen zu urteilen.
Es gibt eine Initiative von Kolleginnen, Frauen über 47 mehr Präsenz in Film und Fernsehen zu verleihen. Wie sehen Sie diese Problematik?
Böhm: Es ist eine sehr gute Initiative. Ich finde aber generell, dass mit älteren Menschen in unserer Gesellschaft nicht besonders gut umgegangen wird. Abgesehen von der sozialen Grätsche wird die Kluft auch hier immer größer anstatt kleiner.
Katharina Böhm: „Ich denke, wir müssen uns alle ein wenig mehr umeinander kümmern“
Haben Sie ein Patentrezept, wie sich soziale Ungleichheit überwinden lässt?
Böhm: Das ist wirklich ein abendfüllendes Thema, dem man nicht mit zwei Sätzen gerecht werden kann. Soziale Ungleichheit ist ein sehr starkes Thema der heutigen Zeit und auch unserer Gesellschaft. Kurz gesagt, ich denke, wir müssen uns alle ein wenig mehr umeinander kümmern.
Ihre Karriere scheint von derlei Vorurteilen nicht betroffen, wie man am Erfolg der „Chefin“ sieht. Was hat Ihnen geholfen?
Böhm: Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich sehr viel Glück hatte, die für mich richtigen Rollen bekomme habe und auch mit den richtigen Leuten arbeiten konnte. Älter werden ist nicht immer einfach, aber es ist ein Konjunktiv, darüber nachzudenken. Das Alter hat auch viele Vorteile. Man muss sich über viele Sachen keine Gedanken mehr machen.
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Sie sagten mir einmal, dass Sie gerne die „Gans im Regen“ sind, die Negatives von sich abperlen lässt. Wie gut schaffen Sie das in der aktuellen Zeit?
Böhm: Die „Gans im Regen“ gelingt einem sehr schlecht, wenn man aktuell die Nachrichten liest oder schaut. Um positiv zu bleiben, hilft es mir sehr, mich auf mein persönliches Umfeld zu konzentrieren – da wo ich etwas tun kann und wo ich nicht machtlos bin.