Schwarz-gelber Koalitionsvertrag steht: Mehr Kindergeld, Pkw-Maut nicht ausgeschlossen. Kritik der Gewerkschaften
Berlin. Deutschland bleibt auf Schulden-Kurs. Im schwarz-gelben Koalitionsvertrag schreibt die neue Bundesregierung fest, dass sie die Folgen der Wirtschaftskrise und Steuerentlastungen in Höhe von 24 Milliarden Euro weder mit Einsparungen noch mit Steuer- und Abgabenerhöhungen an anderer Stelle finanzieren will. „Bis 2013 werden keine Steuern und Abgaben erhöht”, verspricht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Eine schnelle Haushaltssanierung sei „Utopie”, sagt der künftige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Mit Sparen könne man erst nach dem Ende der Krise beginnen. 2011 wird er einen „Finanzstatus” vorlegen, von dem das Regierungshandeln abhängt.
Auf 123 Seiten listet Schwarz-Gelb die Kernpunkte auf. Das Kindergeld wird ab Januar um 20 Euro angehoben. Arbeitnehmer werden zu einer Zusatzversicherung für die Pflege verpflichtet. Wie das Gesundheitssystem umgebaut wird, entscheidet eine Kommission nach den NRW-Wahlen. Der Koalitionsvertrag schließt die Einführung einer Pkw-Maut nicht aus. Der Begriff wird in einer Formel versteckt: Autobahn-Investitionen sollen nicht mehr aus dem Bundeshaushalt finanziert werden, sondern zunehmend über „verkehrsträgerbezogene Finanzierungskreisläufe”.
Die Wirtschaft lobt die Koalitionsvereinbarung als „guten Reformansatz”. Die Opposition ist empört: Risiken würden privatisiert, kritisiert die Linke. Die Grünen nennen das Papier „unsozial, unbezahlbar, unverbesserlich”. „Schwarz-Gelb wird die soziale Spaltung in unserem Land vertiefen statt bekämpfen”, glaubt SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. NRW-DGB-Chef Guntram Schneider hält Kommunen, gesetzliche Krankenkassen, den Maschinen- und Anlagenbau sowie Menschen mit geringem Einkommen für die Verlierer der neuen Bundespolitik. Verdi-Chef Frank Bsirske sagte der NRZ: „Die schwarz-gelbe Koalition plant eine Milliarden-Steuerentlastung ohne jede Gegenfinanzierung.” Damit steige der Druck auf staatliche Leistungen und die finanzielle Handlungsfähigkeit des Staates.
Der Koalitionsvertrag stärkt der NRW-Landesregierung den Rücken. Die Bundesregierung stellt sich hinter den Kohleausstieg, ohne an den vereinbarten Fristen zu rütteln. Sie will ein Gesetz erlassen, das Transport und Lagerung von CO2-Kraftwerksabgasen ermöglicht. Das öffnet eine neue Chance für das Kohlekraftwerk in Hürth und die Pipeline durchs Ruhrgebiet. Auch die Umweltzonen werden wohl nochmals verändert.