Köln/Oberhausen. . . . und ein paar andere funkelnde Kleinigkeiten, okay. Aber die Trophäe, die die NRZ ihm einst überreichte, hat eine besondere Geschichte. Diese:

Was haben wir denn da? Eine Goldene Europa, sehr abstrakt, drei Schallplattenpreise, ein Goldenes Mikrophon, einen silbernen Bravo-Otto, der eher wie ein bronzenes Indianermädchen daherkommt. Dazu eine „Goldene Westfalenhalle“ frappant an eine Butterdose erinnernd. Und eine, Entschuldigung, rostige Grubenlampe. „NRZ-Ehrenpreis für Weltstar Udo Jürgens“ steht da drauf. So sah Los Nummer 18 aus bei der Udo-Jürgens-Auktion von Sotheby‘s in Köln.

Geschätzt auf einen Zuschlag irgendwo zwischen zwei- und dreitausend Euro gingen gerade bei dieser Zusammenstellung der Preise, die Udo zwischen 1960 und 1970 erhielt, die Gebote hin und her. Dümpelten die Gebote lange bei knapp 1000 Euro vor sich hin, zogen sie schon am Mittwoch auf 2400 Euro an. Am Donnerstag dann ging es rund: 38-mal wurde überboten, am Ende fiel der Hammer bei 7800 Euro. Am Freitag will Sothebys mitteilen, was bei der Udo-Auktion insgesamt zusammenkam, denn vieles aus dem Nachlass von Udo Jürgens kam unter den Hammer, gut zehn Jahre nach seinem Tod. Vom Bentley bis zum Bademantel, vom gläsernen Klavier bis zum Lüpertz-Gemälde.

Online-Auktion: Ein Stück von Udo Jürgens ersteigern

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    Aber was hat es auf sich mit diesem NRZ-Ehrenpreis, verliehen am 11.. Januar 1970? Was lief da zwischen der NRZ und dem noch gar nicht so ganz großen Weltstar Udo Jürgens? Die Spurensuche im Bergwerk der Geschichte gestaltet sich mühsam. Aber ein paar Fundstücke gibt es doch. Also: Udo war im Ruhrgebiet, Anfang 1970, so viel steht fest. Denn auch wenn die NRZ, gewohnt charmant, den Österreicher als Weltstar betitelte, hatte die Karriere des damals 35-Jährigen doch gerade erst begonnen: Sein Grand-Prix-Erfolg mit „Merci, Chérie“ brachte sie in Schwung, aber weder den Griechischen Wein noch die Sehnsucht nach New York hatte er da schon besungen.

    Udo Jürgens am 7. November 2014 bei seinem letzten Besuch in Oberhausen im Rahmen der Tour „Mitten im Leben“, sechs Wochen vor seinem Tod.
    Udo Jürgens am 7. November 2014 bei seinem letzten Besuch in Oberhausen im Rahmen der Tour „Mitten im Leben“, sechs Wochen vor seinem Tod. © Zentrale | Kai Kitschenberg

    Aber Udo tourte. „Udo 70“ ist ein Mammutprojekt, mit dem er das Fundament für seine legendären Konzerterlebnisse legt. Ursprünglich war an 70 Konzerte im Jahr 1970 gedacht. 266 Konzerte in elf Monaten, gut 2000 Gäste pro Konzert, sollten es werden. Die Hallen waren halt kleiner. Die Oberhausener Stadthalle, die später hier noch ihren Auftritt hat, bot rund 1600 Plätze. Die große Butterdose alias Westfalenhalle war die Ausnahme. Dafür kosteten die Tickets, beispielsweise fürs Schützenhaus Bocholt am 13. Februar 1970, zwölf Mark. Inklusive Programmheft.

    Udo fuhr ein: Flöz Sonnenschein, Zeche Friedrich der Große

    Offenbar kam damals noch der Künstler zu den Fans, ohne dass diese hunderte Kilometer anreisen mussten. Jedenfalls war Udo Jürgens Anfang 1970 an Rhein und Ruhr unterwegs. Das legt der Blick ins NRZ-Leserarchiv nahe. Am 20. Januar weilte der frischgebackene NRZ-Ehrenpreisträger Udo Jürgens immer noch in der Region und brauchte durchaus eine Grubenlampe: In Herne fuhr er ein, 900 Meter tief, Flöz Sonnenschein, Zeche „Friedrich der Große“.

    Zurück kam er nach einer Stunde mit noch schwärzeren Haaren als sonst und schwarzen Lippen, die er einer jungen Dame auf die Wange drückte. „Resi Klier, 20 Lenze hübsch und Sekretärin aus Herne, trug das dunkle Kußmal wie einen Orden“, wusste NRZ-Reporter Thorsten Scharnhorst zu berichten. Und was singt Udo, gratis übrigens, nachdem er aus dem Pütt wieder nach oben gekommen ist? „Und immer wieder geht die Sonne auf“. Logisch.

    Andenken von und an Udo Jürgens: Sotheby‘s versteigert gerade etliche Objekte aus dem Nachlass des Künstlers.
    Andenken von und an Udo Jürgens: Sotheby‘s versteigert gerade etliche Objekte aus dem Nachlass des Künstlers. © dpa | Lukas Barth

    Tja, das Schürfen im Stollen der NRZ-Geschichte mit dem Ehrenpreis ist etwas mühevoller. Das Leserarchiv digitalisiert bislang nur die Essener Ausgabe der Zeitung. Den Ehrenpreis gab es in Oberhausen. Das legt die Gravur nahe. Für die NRZ-Redaktion ist Walter Buhrow genannt und der war seinerzeit dort Lokalchef. Überreicht hat die Trophäe ein gewisser Erhard Czurlawski. Womöglich ein echter Kumpel? Weit gefehlt!

    Gut, dass Oberhausen ein Stadtarchiv hat und noch besser, dass Andreas Uecker gefühlt in Minutenschnelle die richtige NRZ-Ausgabe gefunden, die Seite kopiert und gemailt hat. Und so erfahren wir endlich, was da los war. Sogar das ZDF war da und drehte einen Film. In Farbe! Denn Udo kam nicht nach Oberhausen, nein, er schwebte ein. In einem von der NRZ organisierten Hubschrauber.

    Sogar das ZDF war da. Und drehte einen Farbfilm!

    Dem Anlass angemessen im Kaisergarten. „Die Polizei mußte ihm den Weg zu seinem weißen Mercedes 600 durch die Menschentrauben bahnen.“ Dann ging es in die Innenstadt, begleitet von einer elfköpfigen Soulband „mit heißem Swing“ ging es ins NRZ-Haus in Oberhausen. Lokalchef Walter Burow, den die NRZ irritierenderweise ohne h schrieb, dankte Udo für die Einlösung des Versprechens, nach Oberhausen zurückzukehren. Offenbar war Udo 1969 schon in der Stadt gewesen.

    Während sich die Fans draußen drängelten und der Fanfarenzug der Alten Oberhausener Karnevalsgesellschaft Weiß-Rot spielten, machte drinnen das Prinzenpaar samt Hofstaat seine Aufwartung. Schließlich hatten sie Udo bereits im Vorjahr zum „Ehrennarren“ ernannt. Und dann der Höhepunkt: „Show-Journalist Erhard Czurlowski übergab Udo Jürgens als dem nach einer Meinungsumfrage mit Abstand beliebtesten deutschsprachen Sänger eine Grubenlampe aus dem vorherigen Jahrhundert.“

    Arbeiterstadt – das ist ein Ehrentitel, sagte Udo Jürgens

    Zudem – Hallo Sotheby‘s, wo ist sie geblieben? – bekam der Weltstar eine Schreibmaschine „Modell 1889“. Kein Wunder, dass dem Weltstar angesichts derartiger Liebesgaben und Huldigungen die Worte fehlten. „Was ich an Dank jetzt in Worten nicht ausdrücken kann, werde ich heute abend mit meinem Konzert sagen. Ich hoffe, dass die Menschen mich durch meine Lieder verstehen werden“, sagt Udo.

    Oberhausen, so zitiert die NRZ 1970 den Weltstar weiter, sei eine Arbeiterstadt, das sei ein Ehrentitel. Aber Oberhausen sei eben auch eine große Kulturstadt, „sodass es für mich eine besondere Ehre ist hier aufzutreten.“ Sprach er und bat um ein kleines Päuschen, nachdem er sich stundenlang die Finger wundgeschrieben hatte beim Autogramme geben. Vor dem Konzert in der Stadthalle, die damals noch nicht den Namen der Oberbürgermeisterin Luise Albertz trug, brauche er ein wenig Ruhe.

    Udo Jürgens unter Tage NRZ-Bericht Januar 1970
    Udo im Ruhrgebiet, Anno 1970. Der NRZ-Ehrenpreisträger ging vor Kohle. © NRZ-Archiv | Screenshot

    Offenbar blieb die Bindung zwischen Udo Jürgens und der NRZ eng. Denn Ende August 1975 war Udo erneut bei der NRZ zu Gast, als „NRZ-Ehrenredakteur“ tituliert, nahm er an einer Telefonaktion teil, beantwortete (vor allem) Leserinnenfragen und sang natürlich in den Hörer: „Griechischer Wein“. Auch, wenn auf dem Tisch eine Colaflasche steht.

    Nach Oberhausen kam Udo offenbar immer wieder gern, spielte mehrfach in der Arena am Centro. Sein Musical „Ich war noch niemals in New York“ lief im Metronom-Theater, Udo ist der erste und einzige, der Spuren auf dem dortigen „Walk of Fame“ hinterließ. Nur einen Monat bevor er die Bühne für immer verließ, trat er noch in der Stadt auf, Anfang November 2014. Für März 2015 war ein Zusatztermin angesetzt. Dazu kam es nicht mehr.