An Rhein und Ruhr. Ins Dach integrierte Solaranlagen erfreuen sich laut Experten einer hohen Nachfrage. Welche Unterschiede es zu klassischen PV-Anlagen gibt.

Als ästhetischere Variante einer Photovoltaik-Anlage (PV) erfreuen sich Solardachziegel derzeit einer hohen Nachfrage. Das berichtet Frank Engelmann von den Dachziegelwerken Nelskamp aus Schermbeck. Preislich sind sie zwar noch teurer als herkömmliche Aufdachanlagen, doch der Experte sieht einige Vorteile, die für die Solarziegel sprechen.

Was sind Solardachziegel?

Solarziegel sind Dachziegel mit einer kleinen, integrierten PV-Anlage. Sie werden wie normale Ziegel auf einem Dach verlegt und miteinander verbunden. Dabei gibt es sie in verschiedenen Formen und Farben. Ein Vorteil: Das Dach ist gleich gedeckt, wenn man sich für Solarziegel entscheidet, betont Engelmann, Schulungsleiter bei Nelskamp. Am geeignetsten seien sie für Neubauten oder Dachsanierungen und für ihn sind die Solarziegel der „nächste logische Schritt in der Branche“, wie Engelmann der NRZ gegenüber sagt. „Die Kombination der Solarfunktion und der Gebäudehülle war überfällig und sie kommt jetzt in Fahrt, weil die Preise runtergegangen sind.“

Solarpflicht in NRW

Seit dem 1. Januar gilt eine Solarpflicht in NRW. Neue Wohngebäude müssen nun mit PV-Anlagen auf dem Dach ausgestattet werden. Dabei müssen mindestens 30 Prozent der Dachfläche für Solarenergie genutzt werden. Die Pflicht entfällt nur, wenn sich die Dachfläche nicht für PV-Anlagen eignet.

Für Neubauten, die keine Wohngebäude sind, gilt die Pflicht bereits seit dem 1. Januar 2024. Der letzte Schritt ist die Solarpflicht bei Sanierungen. Ab dem 1. Januar 2026 muss ein erneuertes Dach mit PV-Anlagen ausgestattet werden. Hier müssen mindestens 30 Prozent der geeigneten Fläche genutzt werden. Die Pflicht wurde von der Landesregierung im Oktober 2023 durch eine Änderung der Landesbauordnung beschlossen.

Welche Unterschiede gibt es zur klassischen PV-Anlage?

Der Preis für eine PV-Anlage aus Solarziegeln liegt noch über denen einer klassischen Aufdachanlage, so Engelmann. „Wenn man es fair vergleicht – also die eingesparte Dacheindeckung gegengerechnet und eine gute Solarträgerpfanne dagegenstellt – bleibt hier ein Mehrpreis von etwa 15 Prozent.“ Das könne je nach Objekt variieren.

Mit einer Angabe, die oft zu lesen ist, möchte Engelmann aufräumen: „Oft heißt es, Solarziegel seien aufwendiger zu installieren. Das ist Unsinn. Ein 10 Kilowatt Solarziegelsystem ist schneller verlegt als ein 10 Kilowatt Aufdachsystem. Und dabei ist das Dach mit gedeckt“, sagt er. Auch die Leistung pro Quadratmeter sei mittlerweile nicht mehr geringer. „Zudem ist der Wartungsaufwand geringer und die Dachfläche wird besser genutzt.“

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Des Weiteren seien Dächer mit Solarziegeln leichter als jene mit Aufdachanlagen. „Eine klassische PV-Anlage wird auf ein normal gedecktes Dach montiert. Da sind wir bei einem Gewicht von rund 60 Kilogramm pro Quadratmeter“, rechnet Engelmann vor. „Mit Solarziegeln sind es bis zu 20 Kilogramm.“ Das sei bei einer Sanierung ein wesentlicher Aspekt. Und da man nicht in die Dachabdeckung eingreife, biete sich bei Solarziegeln ein besserer Schutz vor Regen und die Angriffsfläche für Wind sei geringer.

Für wen lohnen sich Solardachziegel?

Die Verbraucherzentrale (VZ) NRW empfiehlt Solardachziegel unter anderem für Eigentümer, die ein denkmalgeschütztes Haus haben. „Oft sind Denkmalschutzbehörden zurückhaltend bis ablehnend, wenn eine klassische Aufdachanlage installiert werden soll“, berichtet Thomas Zwingmann, Leiter des Bereichs Energie und Klima der VZ NRW. Bei Solardachziegeln gebe es dagegen mehr Gesprächsbereitschaft. Immerhin gibt es die Solarziegel auch in rot.

Denkmalschutz und Solarenergie: Mit Solarziegeln gedeckt ist das Dach des barocken Kongregationshauses der Erlöserschwestern in Würzburg.
Denkmalschutz und Solarenergie: Mit Solarziegeln gedeckt ist das Dach des barocken Kongregationshauses der Erlöserschwestern in Würzburg. © dpa | Karl-Josef Hildenbrand

Das bestätigt ein Sprecher der Stadt Düsseldorf auf NRZ-Anfrage. Im Vergleich zur herkömmlichen PV-Anlage können Dachziegel die „gestalterisch denkmalverträglichere Lösung“ sein. Jedoch sei es in Einzelfällen auch möglich, die klassischen Anlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden zu installieren.

Doch auch wenn ein Haus nicht denkmalgeschützt ist, kann die Ästhetik ein Grund sein, Solardachziegeln zu greifen, sagt Thomas Zwingmann weiter. „Wenn man besonderen Wert auf das Aussehen und die Gestaltung des Dachs legt, ist das eine gute Möglichkeit, Solarenergie zu gewinnen, ohne glänzende Platten aufs Dach legen zu müssen.“

Sind Solardachziegel schon verbreitet?

Die Solardachziegel kommen gerade aus einer Nische heraus, erklärt Engelmann. „Die Babysöckchen sind abgestreift, die Kinderschuhe sind angezogen und jetzt müssen wir aus dem Laufen ins Rennen kommen.“ Die gebäudeintegrierte PV-Anlage komme aus dem Luxus-Bereich und dem gehobenen Bereich und sei nun auch im mittleren Gebäudesegment verfügbar. Dort sei schließlich eine größere Verbreitung möglich, so Engelmann. „Vor fünf Jahren habe ich noch gesagt: ‚Unsere Solarziegel sind was für Anwälte und Zahnärzte.‘ Heute sage ich das nicht mehr.“

Insgesamt habe es in 2024 einen höheren Zubau an PV-Anlagen in Deutschland gegeben als 2023, doch sei dieser besonders auf den Bereich von Großanlagen zurückzuführen, erklärt der Experte. Bei kleineren Anlagen für Einfamilienhäuser sei der Zubau um 30 Prozent zurückgegangen, bei mittelgroßen Anlagen um 15 Prozent. Diesen allgemeinen Trend habe es bei Nelskamp bei Solarziegeln hingegen nicht gegeben. „Wir haben unsere Menge sogar leicht steigern können“, so Engelmann.