An Rhein und Ruhr. Allein in NRW gelten über 800 Brücken als sanierungsbedürftig. Spediteure müssen oft große Umwege fahren, was die Branche Geld und Zeit kostet.
Verspätete Lieferungen und Kosten für Verbraucher: Der Verband Spedition und Logistik NRW klagt über immer mehr Umwege, die Lkw auf den Straßen in NRW fahren müssen. Grund dafür seien die marode Infrastruktur und die vielen Baustellen im Land. Für die Branche bedeute das eine erhebliche Belastung mit hohen Mehrkosten, wie Verbandschef Heinz Scharrenberg der NRZ gegenüber sagt. Besonders betroffen sind Schwertransporte, beispielsweise mit Komponenten für Windkraftanlagen aus Voerde am Niederrhein.
Verspätete Transporte wegen maroder Brücken in NRW
„Sperrungen und Gewichtsbeschränkungen auf Brücken führen dazu, dass Lkw-Verkehre weiträumig umgeleitet werden müssen, was längere Fahrzeiten und höheren Spritverbrauch verursacht“, berichtet Scharrenberg. Besonders betroffen sei der Großraum Düsseldorf/Neuss mit der Fleher Brücke sowie wichtige Verbindungen wie die Berliner Brücke der A59 zum Duisburger Hafen.
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In die Zuständigkeit des Landesbetriebs Straßen NRW fallen rund 6400 Brücken, dazu kommen rund 8900 Brückenbauwerke an Bundesfernstraßen. Mehr als 800 der Autobahnbrücken gelten als sanierungsbedürftig.
„Die Umleitungen führen zu längeren Fahrzeiten, was wiederum die Lenk- und Ruhezeiten der Kraftfahrer betrifft“, so der Verbandsvorsitzende weiter. Dies müsse der Disponent berücksichtigen, „da die Lenkzeiten in der Regel nicht mit den Umfahrungen der Problemzonen vereinbar sind.“ Läuft die Lenkzeit ab, müssen die Fahrer Pausen machen und erreichen ihr Ziel nicht mehr rechtzeitig. Halten sie die Pausen nicht ein, drohen den Unternehmen hohe Bußgelder.
Erschwerte Auslieferung von Windkraftanlagen
Die Auswirkungen des schlechten Zustands der Straßeninfrastruktur sind auch am Niederrhein zu spüren. So klagt auch das Unternehmen Flender aus Voerde über Probleme. In dem Betrieb werden unter anderem Getriebe für Windkraftanlagen produziert. „Antriebseinheiten für die Chemie-, Rohstoff- oder Windindustrie wiegen zum Teil über 100 Tonnen und werden per Schwertransport transportiert“, erklärt Unternehmenssprecher Tobias van der Linde. Aufgrund von maroden Straßen und Brücken habe man Probleme, Transportgenehmigungen zu erhalten.
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Gleiches gelte bei Baustellen und Sperrungen. „Zudem wurde Mitte 2023 die zulässige Tragfähigkeit vieler Brücken herabgestuft. All das führt dazu, dass Transporte nicht wie geplant durchgeführt werden können und wir Alternativrouten planen müssen, zum Teil per Schiff“, so der Flender-Sprecher. „Neben enormem zusätzlichem Aufwand und Kosten verzögert sich dadurch die Auslieferung der Produkte.“
Zudem spiele die Höhe der Brücken bei der Routenplanung eine Rolle. Mit steigender Leistung, zum Beispiel bei Offshore-Windanlagen, steige auch die Leistung und Größe der Antriebe, so van der Linde. „Würden die Antriebe analog ‚mitwachsen‘, würden die Schwertransporte künftig nicht mehr unter einigen Brücken hindurchpassen. Der Ausbau der Windkraft mit den neuen Leistungsklassen wäre in Europa schlichtweg nicht mehr transportabel und möglich.“ Daher müssen die neueren Antriebe kompakter und gleichzeitig leistungsstärker sein.
Schlechter Zustand der Infrastruktur sorgt für Mehrkosten
Wie weit die Umwege für die Lkws sind, kann Heinz Scharrenberg nicht beziffern. Dies sei von Route zu Route unterschiedlich. So habe aber auch der Planungsaufwand zugenommen, wie der Spediteur sagt. Zudem würden langwierige und teure Genehmigungsverfahren die Transporte zusätzlich erschweren.
Die zusätzlichen Kosten, die auch durch den höheren Kraftstoffverbrauch entstehen, könne man indes nicht einfach weitergeben. „Häufig bestehen langfristige Verträge, die eine Weitergabe der Kosten an die Kunden ausschließen, sodass die Mehrkosten zunächst vom Spediteur getragen werden“, sagt Scharrenberg. Ob und in welchem Umfang diese Kosten an den Endverbraucher weitergegeben werden, hänge vom den Vertragsbedingungen ab.
Belastungen auch für die Bevölkerung durch Umleitungen
Des Weiteren gibt der Verbandschef die Belastungen zu bedenken, die der umgeleitete Lastverkehr in anderen Regionen verursache. Ein gravierendes Beispiel sei die Talbrücke Rahmede der A45, deren Abriss erhebliche Auswirkungen auf den Verkehr, die Anwohner und die Wirtschaft habe. „Der Fernverkehr wird weiträumig umgeleitet, wodurch insbesondere die Anwohner in Lüdenscheid unter einem deutlich höheren Verkehrsaufkommen leiden. Vor der Sperrung nutzten täglich rund 64.000 Fahrzeuge, darunter 13.000 Lkw, die Brücke – eine Verkehrslast, die nun auf alternative Strecken verteilt wird.“
An die Politik appelliert der Verband daher, mehr Investitionen in die Infrastruktur und schnellere Bauverfahren zu schaffen, um die Belastung für die Logistikbranche langfristig zu reduzieren.