Dinslaken/Duisburg/Essen. Lineares Programm oder doch Streaming? Fachmann Dirk Schmidt spricht über die HD-Umstellung und darüber, wie seine Kunden fernsehen.

Einige Regale wirken wie leergefegt, das Telefon klingelt alle paar Minuten: „Gerade fahren wir pro Tag ungefähr 15 Adressen ab, nur mit den Einstellungen von SD zu HD“, berichtet Dirk Schmidt. Er führt den Elektrohandel „Hopf und Schmidt“ in Duisburg Ruhrort. Das sind so viele Termine wie normalerweise in einer Woche: „Ansonsten schwankt es zwischen 15 und 20 Auswärtsterminen inklusiv Antennenreparaturen in einer Woche.“

Seit dem 7. Januar können alle Fernsehprogramme der ARD ausschließlich in HD-Qualität empfangen werden. Auch Christian Bison, Inhaber von media@home Bison in Dinslaken, beobachtete bereits im Dezember, dass Kunden durch die Umstellung von SD- auf HD-Qualität regelrecht in Panik verfallen. „Jeder will seinen Fernseher eingestellt haben“, erzählt der Inhaber. Durch komplizierte Benutzereinstellungen und Sendersuchläufe der Geräte brauchen viele Menschen Hilfe bei der Umstellung.

Im Jahr 1961: 100.000 Fernseher in Essen

Das sorgt für viel Arbeit, schließlich finden sich laut den Landesmedienanstalten deutschlandweit im Durchschnitt 1,6 Geräte pro Haushalt. Generell geht in Deutschland der Absatz von TV-Geräten seit 2020 zurück. Das ergab eine Umfrage von Statista. Im Jahr 2023 wurden rund 4,36 Millionen Geräte in Deutschland verkauft, im Vorjahr noch etwa eine halbe Million Geräte mehr. Schmidt verkauft durchschnittlich etwa alle zwei Tage ein TV-Gerät.

Im Archiv der NRZ findet sich ein Artikel aus dem Jahr 1961: Im Januar knackte die Zahl der in Essen angemeldeten Fernseher die 100.000er-Marke. So besaß Anfang der 60er Jahre jeder sechste Essener ein Fernsehgerät. Eine Zahl, die für damalige Verhältnisse so hoch war, dass darüber berichtet wurde.

Christian Bison
Der Inhaber von Media@Home Bison, Christian Bison, verkauft seit Jahren Fernsehgeräte in Dinslaken. © FUNKE Foto Services | Sabrina Ouazane

In den 60er und 70er Jahren boomte das Geschäft mit den Geräten. 1977 haben Schmidts Eltern das Geschäft in der Harmoniestraße in Duisburg Ruhrort eröffnet. Anfang der 1980er Jahre haben sie angefangen, Computerteile und Batterien für Industriekunden zu verkaufen: „Wir haben mehrere Standbeine: die eigene Werkstatt, die Antennenreparaturen, den Industriebedarf und das klassische Radio und Fernsehgeschäft.“ 2005 hat Schmidt den Laden übernommen, damals noch gemeinsam mit einem Kollegen.

Ohne die Werkstatt und den Industriebedarf würde sich der Laden nicht halten, aber: „Mit dem Industriebedarf und dem Reparaturservice können wir gut mit dem Laden existieren.“ Die Menschen, die Dirk Schmidts Dienste in Anspruch nehmen, sind meist über 40 Jahre alt und gehen auf Nummer sicher: „Sie sagen dann: ‚Ich lasse jemanden kommen, bevor ich was verstelle.‘ Die Jüngeren versuchen es erstmal selbst und kriegen es auch meistens hin“, berichtet er.

Wie nutzen die Deutschen ihre TV-Geräte?

In den verschiedenen Altersgruppen hat sich nicht nur der Umgang mit der Technik verändert, sondern auch die Art, wie sie fernsehen. Das kommt auch bei Schmidt an: „Dadurch, dass wir ältere Kunden haben, merken wir es weniger, aber der ein oder andere legt dann schon Wert auf die Mediatheken.“

„Ich habe noch kein Gerät aufgestellt, mit dem man ausschließlich übers Internet schaut.“

Dirk Schmidt
Geschäftsführer „Hopf und Schmidt“

Trotzdem verbindet er bei Terminen mit älteren Menschen die Geräte meistens mit dem Internet: „Manche Kunden kennen das gar nicht, aber sie sind dann froh, dass sie es haben. Es gibt aber auch ängstliche Leute. Wenn man dann fragt, ob man das Gerät im Internet anbinden soll, lehnen sie ab.“ Und obwohl heute ein Großteil der Menschen mit ihrem TV-Gerät streamt, hat er einen Fall noch nie erlebt: „Ich habe noch kein Gerät aufgestellt, mit dem man ausschließlich übers Internet schaut.“

Das beliebteste Gerät in allen Altersklassen: Der Fernseher mit Internetanschluss

Die Medienanstalten haben dazu die Video-Trend-Befragung aus dem Jahr 2024 veröffentlicht. Der internetfähige Fernseher ist in allen Altersgruppen das führende Gerät für die tägliche Bewegtbildnutzung – mit Ausnahme der 14- bis 29-Jährigen, bei denen das Smartphone klar an erster Stelle steht. Das TV-Gerät ohne Internet kommt bei Menschen über 70 Jahren an zweiter Stelle, in den Altersklassen zwischen 30 und 54 Jahren jedoch nur an dritter Stelle. Christian Bison beobachtet ebenfalls, dass vor allem die jüngere Generation die Fernsehgeräte für Streamingdienste nutzt: „Bei uns guckt die Mehrheit lineares Fernsehen, aber die breite Masse streamt“, sagt er.

„Sechs Jahre alt, mit 30.000 Betriebsstunden“

Das Fernsehen ist in Deutschland noch immer eine beliebte Freizeitbeschäftigung. Im Jahr 2024 schauten Menschen in Deutschland laut einer Umfrage von Statista pro Tag im Schnitt 176 Minuten fern, also mehr als zweieinhalb Stunden. Auch Schmidt bekommt das mit: „Ich habe ein Gerät in der Werkstatt, bei dem ich mich erschrocken habe. Sechs Jahre alt, mit 30.000 Betriebsstunden. Der Fernseher läuft jeden Tag acht, neun Stunden, aber er läuft einfach nur im Hintergrund.“ Früher war das laut dem Fachmann nicht der Fall, „weil es gar nicht so eine Programmvielfalt gab.“

Auf eine derart lange Nutzung müssen die Geräte heute vorbereitet sein: „Die Geräte sind heute langlebiger, weil sie auch im Allgemeinen mehr genutzt werden.“ Der Fachmann sieht seine Stärke gegenüber den großen Elektroketten im Sicherheitsgefühl, was er seinen Kunden gibt: „Bei uns hat man ein Sorglospaket, auch im Nachhinein. Sie haben zwei Jahre Gewährleistung. Wir holen das Gerät ab und helfen dem Kunden im Bedarf einer Reparatur und liefern wieder aus.“

Ob Schmidt in seiner Freizeit selbst noch lineares Fernsehen schaut? „Wenn ich abends nach Hause komme, gucke ich die Nachrichten und dann den ein oder anderen Film im Programm. Und jeder hat heute ja auch ein Amazon Konto. Aber ich habe noch nie großartig viel Fernsehen geguckt.“