Essen. Satiriker müssen sich mit den Krisen der Welt beschäftigen. Bei welcher Dame sich Karikaturist Thomas Plaßmann schwertun würde.

Die Weltkugel hat Fieber, der russische Präsident Wladimir Putin lehnt mit blutigen Händen an der Ecke, die Ampel ist abgeknickt, am Bahnsteig warten Menschen und warten und warten... Karikaturist Thomas Plaßmann hat all diese Entwicklungen des Jahres in seinem Jahresrückblick festgehalten – mit Humor und einer ordentlichen Portion Biss. Ein Gespräch mit dem Satiriker zum Jahresausklang.

Trump zieht wieder ins Weiße Haus ein, in der Ukraine tobt seit mehr als 1000 Tagen Krieg, die Konflikte in Nahost haben sich ausgedehnt, die Bundesregierung ist zerbrochen. Diese Krisen bilden Sie regelmäßig in Ihren Karikaturen ab. Wie fühlt sich das für Sie an?

Es ist ein wenig die dunkle Seite meiner Tätigkeit, dass sie sich vom Unschönen, Krisenhaften, Schieflaufenden, kurzum von dem nährt, was sich vom Wünschenswerten entfernt – und zwar je weiter, umso besser. Das heißt aber für mich, dass ich mich dem immer neu stellen muss, nicht die Augen davor verschließen kann und das ist schon manchmal nicht ganz leicht. Bei der Häufung und Verschärfung der Krisen in den letzten Jahren taucht man die Feder immer häufiger nicht nur in Tusche, sondern auch in Schwermut und Schmerz.

„Sollte da bei dem, was auf dem Rasen, der Laufbahn, der Piste, dahinter und daneben und im Medizinköfferchen so abläuft, die Feder ruhen?“

Thomas Plaßmann
Karikaturist

Wenigstens gab es in diesem Jahr mit der Fußball-Europameisterschaft und den Olympischen sowie Paralympischen Spiele große Sportereignisse, die sich aus Ihrer Feder in Ihrem neuen Jahresrückblick wiederfinden.

In der Tat. Abwechslung tut not und ist schön. Und da gehört der Sport unbedingt dazu. Die mediale Präsenz, gerade solcher Großereignisse, führt uns seine Bedeutung eindrücklich vor Augen. Sollte da bei dem, was auf dem Rasen, der Laufbahn, der Piste, dahinter und daneben und im Medizinköfferchen so abläuft, die Feder ruhen?

Das neue Buch von Thomas Plaßmann

Der neue Jahresrückblick 2024 von Thomas Plaßmann ist ab sofort erhältlich. Das Buch „Unterm Strich – Die Karikaturen des Jahres“ enthält auf knapp 130 Seiten viele farbige Karikaturen von Thomas Plaßmann, der unter anderem Preisträger der renommierten „Spitzen Feder“ ist. Die Texte dazu stammen erneut von Peter Toussaint. Das Buch ist im Klartext-Verlag erschienen und kostet 18,95 Euro. Es ist ab sofort in den NRZ-Leserläden, online unter klartext-verlag.de und im Buchhandel erhältlich.

Die schwächelnde Wirtschaft, der Klimawandel, der Pflegenotstand hat Sie in diesem Jahr beschäftigt. Haben Sie eigentlich ein Lieblingsthema für Ihre spitze Feder?

Vieles, ja eigentlich alles, muss einen interessieren. Aber natürlich setzt man selbst Schwerpunkte, engagiert man sich für gewisse Themen in besonderer Weise. Bei mir sind das gewiss die sozialen Fragen. Weil sie jeden betreffen. Weil hier Politik konkret spürbar wird und sich daran der Zustand einer Gesellschaft ablesen lässt.

NRZ-Leserinnen und-Leser fragen oft, woher Sie Ihre Inspiration nehmen. Wie halten Sie Ihren Kopf kreativ?

In der Tat muss man da oben in der Rübe hin und wieder mal ein bisschen durchpusten. Besteht doch meine Arbeit zu rund achtzig Prozent aus Grübeln und Sinnen. Da hilft mir die Musik, ein gutes Buch und eine wunderbare Familie mit drei nicht unlebendigen Enkeln.

Der neue Jahresrückblick von Thomas Plaßmann ist ab sofort erhältlich.
Der neue Jahresrückblick von Thomas Plaßmann ist ab sofort erhältlich.

Lassen Sie uns einen Blick in die Glaskugel werfen: Welches Thema sollte uns im kommenden Jahr besonders beschäftigen?

Es gehört nicht allzu viel prophetischen Vermögens dazu, davon auszugehen, dass ziemlich weit oben der neue amerikanische Präsident und dessen Wirken einen besonderen Schwerpunkt bilden wird. Mit Hoffnung, eine irgendwie gerechte friedliche Lösung des Ukrainekrieges. Dann Syrien und weiterhin der Nahe Osten… Und da wäre noch eine neue Regierung hier bei uns zu finden. Aber lassen wir uns vor allem hoffen, dass wir Lösungen näher kommen, die die Dunkelheit zumindest ein wenig aufzubrechen vermögen.

Welchen Bundeskanzler möchten Sie ab 2025 gern zeichnen?

Da ich selbst die Wahl des Bundeskanzlers nur in sehr bescheidenem Maße beeinflussen kann, werde ich mich dem Mehrheitsvotum fügen und mich dann mit jener Person auseinandersetzen, die ins Kanzleramt einziehen wird. Beim aktuellen Stand der Auswahl sehe ich dem zeichnerisch recht entspannt entgegen. Haben alle ihren Reiz.

Nur bei einer Dame würde mir die Feder nur widerstrebend in der Hand liegen.