An Rhein und Ruhr. Panik oder plötzliche Aggression: Experten befassen sich derzeit mit einer neuen Hundekrankheit namens „Werwolfsyndrom“. Das raten Tierärztinnen.
- „Werwolfsyndrom“: Eine bislang unbekannte Hundekrankheit gibt deutschland- und europaweit Rätsel auf
- Im Internet kursieren Videos von betroffenen Hunden, die plötzlich neurologische Auffälligkeiten zeigen
- Nun forschen Experten zur Ursache. Das raten Tierärztinnen aus der Region
Eine bislang unbekannte Hundekrankheit gibt deutschland- und europaweit Rätsel auf. Betroffene Vierbeiner zeigen plötzliche Verhaltensänderungen und unkoordinierte Bewegungsabläufe. Sie wirken unruhig, geraten in Panik, bellen oder schreien laut, versuchen, durch Fenster oder Türen zu entkommen oder entwickeln plötzliche Aggressionen. In manchen Fällen reichten die Symptome sogar bis hin zu Halluzinationen oder epileptischen Anfällen, berichtet Dr. Nina Meyerhoff von der Tierärztlichen Hochschule Hannover (TiHo), die zu den neuerdings vermehrt auftretenden neurologischen Auffälligkeiten der Hunde forscht. Experten sprechen mittlerweile von dem sogenannten „Werwolfsyndrom“.
Auch im Kleintierzentrum Krefeld-Hüls klingelt in letzter Zeit häufiger das Telefon: Hundebesitzer, die Videos betroffener Hunde im Netz sehen, sorgen sich um ihre eigenen Tiere. Einen „Patienten“ habe Dr. Brigitte Bornack zwar noch nicht auf ihrem Behandlungstisch gehabt. Aber: „Wir wollen für das Thema sensibilisieren, natürlich haben wir uns darüber informiert und stehen im Austausch mit Experten“, sagt die Veterinärin, die sich mit ihrer Praxis auch auf Tierneurologie spezialisiert hat.
„Werwolfsyndrom“ bei Hunden: Auf diese Symptome sollten Besitzer achten
Laut Bornack handle es sich bei der neuartigen Krankheit nicht um einen „Flächenbrand“. Aber es sei auffällig, dass derzeit viele Hunde aus verschiedenen Gebieten Deutschlands von den Symptomen betroffen sind. „Es ist ein ganz neues Bild, das sich uns gerade zeigt.“ Deutschlandweit sind laut der TiHo mittlerweile 45 solcher Fälle gemeldet worden – Experten gehen jedoch von vielen unentdeckten Fällen aus, „da Symptome wie Angst, Panik, Jaulen oder Aggression eher unspezifische klinische Zeichen sind“, so Meyerhoff auf Anfrage der NRZ.
Auch dem aus Duisburg stammenden Hundeprofi Martin Rütter ist das Phänomen bereits bekannt. In der aktuellen Folge seines Podcasts „Tierisch menschlich“ diskutiert er gemeinsam mit Wirtschaftsreporterin Katharina Adick das sogenannte „Werwolfsyndrom“. Rütter berichtet, in den vergangenen Wochen Videos gesehen zu haben, die vermutlich betroffene Hunde zeigen – Tiere, die durch Hektik und Rastlosigkeit aufgefallen seien. Besonders häufig habe er in den Videos Rassen gesehen, die von Natur aus „leichte Tendenzen zu Hysterie“ aufwiesen, erklärt der TV-erfahrene Hundetrainer und nennt als Beispiel die Rasse „Vizsla“ (Kurzhaar). Der gebürtige Duisburger vermutet, dass viele Halter, die ohnehin einen unruhigen Hund zu Hause haben, solche Symptome zunächst „ein paar Tage aussitzen“ und rät bei Auffälligkeiten zum frühzeitigen Tierarztbesuch.
Krefelder Tierärztin rät: Besorgte Hundebesitzer sollten auf den Kauf von Kauartikeln verzichten
Die genaue Ursache für die plötzliche Wesensveränderung der betroffenen Hunde wirft derweil Fragen auf. „Man hat aber festgestellt, dass viele Hunde, die zuvor Rinderhautknochen gefressen haben, diese Symptome gezeigt haben.“ Ein Zusammenhang werde derzeit unter anderem auch in Hannover geprüft. „Bisher ist jedoch nicht nachgewiesen, dass diese tatsächlich die klinischen Symptome auslösen. Die Ursache könnte also auch in anderen Bereichen liegen“, erklärt Dr. Nina Meyerhoff.
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Angesichts dieser Unsicherheiten mahnt Tierärztin Dr. Brigitte Bornack zur Vorsicht: Besorgte Hundebesitzer sollten erst einmal auf den Kauf entsprechender Kauartikel verzichten. Auch Tierärztin Dr. Anne Kleideiter vom Tierärztlichen Gesundheitszentrum „Anicura“ in Kleve schließt sich dieser Empfehlung an. Hundetrainer Martin Rütter sagt außerdem, dass Kauknochen generell verzichtbar seien – unabhängig davon, ob ein Zusammenhang besteht.
Treten beim eigenen Vierbeiner Symptome wie ausgeprägte Unruhe, Panikzustände, Bellattacken, plötzliche Aggressivität oder sogar epileptische Anfälle auf, rät Dr. Bornack dazu, umgehend einen auf Neurologie spezialisierten Tierarzt aufzusuchen. Dort könne das Tier symptomatisch versorgt werden, etwa durch den Einsatz von krampflösenden oder beruhigenden Medikamenten.