An Rhein und Ruhr.. Zwei Restaurants in Köln und Münster schrauben die Handynutzung zurück. Wie diskutieren Gastronomen vom Niederrhein die Konzepte?
Das Bistro Moissonnier in Köln ist eine handyfreie Zone – schon seit 20 Jahren. Betreiberin Liliane Moissonnier will vor allem lauten Telefonaten keine Chance geben. Sie empfindet die Smartphones im Gastraum als „störend für alle Beteiligten, egal ob bei Rendezvous oder Geschäftsessen.“ Das Bistro und das Restaurant Dalla Mamma in Münster haben sich dazu entschlossen, der Handynutzung im Restaurant den Kampf anzusagen. Mit verschiedenen Konzepten. Moissonnier setzt auf klare Anweisungen. Auf der Speisekarte steht: „Aus Rücksicht anderen Gästen gegenüber ist die Nutzung von Laptops und das Telefonieren nicht gestattet.“
Die Gastronomin achtet auf die Wortwahl: „Beim Wortlaut ‚Telefonieren nicht erwünscht‘ haben die Gäste einfach weiter telefoniert.“ Deshalb hat sie die Aufforderung in der Karte verschärft. Doch bevormunden möchte sie ihre Kunden nicht. Fotos sind erlaubt, und auch dringende Telefonate dürfen entgegengenommen und vor der Tür weitergeführt werden: „Wir können und möchten nicht alles verbieten. Wir sind keine Polizisten.“
Wer am Tisch trotzdem telefoniert, wird höflich aufgefordert, das Handy wegzulegen oder das Gespräch nach draußen zu verlegen. Der Grund, warum Moissonnier in Sachen Smartphone durchgreift: Es habe es etwas mit Anstand zu tun, sich mit voller Aufmerksamkeit seinem Gegenüber zu widmen: „Es gehört sich nicht, am Tisch zu telefonieren. Es zeugt von fehlender Etikette“, findet die Gastronomin.
„Seit zehn Jahren wird es immer schlimmer“
Vittorio Turco vom Restaurant Dalla Mamma in Münster versucht es mit einer Art Tauschgeschäft. Nach Vorbild eines italienischen Gastronomen aus Verona bietet er seinen Gästen von Dienstag bis Donnerstag an, das Handy freiwillig abzugeben. Im Gegenzug bekommen sie dafür eine Flasche Wein oder Wasser aufs Haus.
Die Handys werden für den Zeitraum des Besuchs in Tüten in einer Schublade hinter der Theke verstaut. Sein Hauptmotiv: Er will Eltern und Jugendliche sensibilisieren, denn Turco beobachtet seit Jahren einen Trend: „Seit zehn Jahren wird es immer schlimmer. Eltern unterhalten sich nicht mehr mit ihren Kindern, weil sowohl sie als auch die Kinder dauerhaft am Handy hängen.“ Das habe auch Auswirkung auf die Servicekräfte: „Es vergehen nicht selten mehrere Sekunden, bis uns die Kinder am Tisch bemerken. Dann steht man da wie bestellt und nicht abgeholt“, berichtet Turco.
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„20 Jahre kein so schönes Gespräch mit ihrem Mann“
Laut dem Gastronomen wird das Angebot angenommen und kommt bei den Gästen super an, auch bei den Familien: „Manche Gäste kommen gerade deswegen gerne her.“ Die Menschen redeten wieder mehr miteinander, statt ständig vor dem Bildschirm zu hängen. Die Rezensionen seien berührend: „Eine Frau hat mich nach ihrem Besuch umarmt. Sie hatte 20 Jahre kein so schönes Gespräch mit ihrem Mann.“ Das seien die Momente, die ihm zeigen, dass das Konzept funktioniert.
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Doch macht er mit dem Geschäft kein Minus? „Wenn jeder Tisch trotzdem eine Flasche Wasser kauft, komme ich bei null raus. Aber das ist egal.“ Fotos mit dem Smartphone sind für Turco überbewertet: „Wenn Sie jemandem zeigen möchten, wie toll die Gerichte angerichtet sind, müssen Sie ihn herbringen.“ Die Liste der Argumente gegen Smartphones ist also lang. Wir haben uns umgehört, wie Restaurants in einem ähnlichen Preissegment in Düsseldorf, Schermbeck und Kamp-Lintfort die Methoden bewerten.
Bald ein Handyverbot in den Restaurants am Niederrhein?
Sandra Zens, Besitzerin des Gasthofs Zur Schwarzdrossel in Schermbeck, kann die Beobachtungen nicht teilen: „Bei uns sehe ich kaum Gäste am Handy. Höchstens jüngere Gäste auf Familienfeiern, die die Zeit überbrücken wollen.“ Sie kann sich für ihren Gasthof nicht vorstellen, eine ähnliche Regelung wie in Köln oder Münster einzuführen: „Das Handy hat hier keinen Vorrang. Für den Fall, dass es jedoch die Privatsphäre von anderen Gästen stört, muss man eingreifen.“ Das sei zum Glück jedoch noch nicht vorgekommen. Sie freue sich, wenn das Essen zum Tisch kommt und die Gäste erst einmal ein Foto schießen: „Ich find’s toll. Wir haben keinen Nachteil davon.“ Den werbenden Aspekt von Fotos auf Social Media sieht die Gastronomin demnach als Lob.
Eine Mitarbeiterin des Restaurants Gambero d‘ Oro aus Kamp-Lintfort ist ähnlicher Meinung: „Persönlich finde ich das schön, wenn sich mehr Menschen miteinander unterhalten würden. Ich kann mir nur nicht vorstellen, dass das Konzept von unseren Kunden genutzt werden würde.“ Sie bewertet die Handynutzung nicht unbedingt als schlechtes Zeichen: „Ich finde es schade, wenn ich Pärchen beobachte, die sich während des Essens durch ihre Handys nicht unterhalten. Aber das heißt ja nicht, dass sie den Rest des Tages auch nicht miteinander sprechen. Ich erlebe sie nur für ein bis zwei Stunden, in denen sie hier sind.“ Für sie habe das Angebot etwas von Bevormundung.
„Wir halten nichts davon, unsere Gäste dahingehend zu erziehen“
Thomas Bergk ist Restaurantleiter und Sommelier des Weinhauses Tante Anna in Düsseldorf. Er möchte weiterhin den Fokus auf einen guten Service legen, statt die Gäste wegen der Handynutzung zu ermahnen: „Wie ahndet man das?“
Auch den freiwilligen Tausch von Smartphone gegen Wein oder Wasser sieht er kritisch: „Wir haben in der Gastronomie alle nichts zu verschenken. Die Handynutzung im Restaurant ist heutzutage gang und gäbe. Wir halten nichts davon, unsere Gäste dahingehend zu erziehen.“ Bergk bewertet die Smartphonenutzung im Restaurant eher positiv, denn Fotos des Essens oder der Räumlichkeiten sind gute Werbung für Gastronomen: „Gut für uns ist der Werbeeffekt.“