Essen. Die Attacken auf dem Stadtfest in Solingen in NRW führen einmal mehr unsere Verletzlichkeit vor Augen. Was die Politik nun tun muss.
Die vielen Tränen der vergangenen Nächte und Tage haben die Augen gerötet, die Blicke sind voller Trauer: Die Menschen, die am Sonntag aus der Kirche in Solingen kommen, haben an einem Trauer- statt an einem Festgottesdienst teilgenommen. Eigentlich wollte man 650 Jahre Stadtrechte feiern, ein Fest der Vielfalt sollte es werden. Es kam anders. Solingen steht unter Schock. Wieder einmal.
Noch immer, mehr als 30 Jahre später, wird die Stadt Solingen mit dem rechtsextremen Brandanschlag auf das Haus der Familie Genç in Verbindung gebracht. Dieses Mal erschüttert der Terror aus dem islamistischen Milieu – wieder nicht nur die Stadt, sondern das ganze Land. Denn: Es hätte jeden von uns treffen können. Ein Stadtfest, Musik, Sommer, unbeschwert feiern, friedlich und frei. Ja, das ist es, was Terroristen uns nehmen wollen. Geben wollen sie uns dafür die Angst, ein Leben in Unsicherheit.
Manchmal haben sie damit Erfolg. Es gibt viele Menschen auch an Rhein und Ruhr, die sich auf der Straße, am Abend, in der Bahn nicht mehr sicher fühlen. Ob das Gefühl der Realität entspricht, ist dabei zunächst egal. Diese Ängste müssen ernst genommen werden.
Dazu gehört, dass die Politik handelt, dass sie das Verbot von Messern verschärft, nachdem ein Anstieg der Gewalttaten mit dieser Tatwaffe vor allem im Bahnhofsumfeld verzeichnet wurde. Aber seien wir ehrlich: Ein Messerverbot muss kontrolliert werden. Dafür braucht es ausreichend Personal. Ist das da, ist es erfolgversprechend, wie die temporär eingerichteten Waffenverbotszonen an Bahnhöfen immer wieder zeigen. Auch die temporären Grenzkontrollen während der Fußball-EM haben Kriminelle ausfindig gemacht und so an der Einreise hindern können.
Hetze und Radikalisierungen im Netz
Videoüberwachung, ausreichende Beleuchtung, mehr Kontrollen bei Großveranstaltungen, all das ist sicherlich sinnvoll. Aber das ist nicht alles. Wir müssen mehr gegen Hetze und Radikalisierung im Netz unternehmen, hart gegen Straftäter vorgehen, mehr Befugnisse fürs Sicherheitspersonal diskutieren. Und dennoch muss klar sein: Eine hundertprozentige Sicherheit wird es niemals geben.
All das hilft nun den Opfern von Solingen nicht weiter. Die Angehörigen und Freunde, die unfreiwilligen Augenzeugen, die Menschen dieser Stadt müssen das Geschehene nun zunächst fassen, verarbeiten und trauern. Diese Zeit muss man ihnen zugestehen – statt die Tat von Solingen für seinen eigenen politischen Wahlkampf zu instrumentalisieren.