An Rhein und Ruhr. Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand kommt es auf jede Sekunde an. Warum die Rettung in NRW nicht überall gleich schnell kommt.
Man fühlt sich schlapp, erschöpft, hat Herzklopfen und verliert ganz plötzlich das Bewusstsein: ein Herz-Kreislauf-Stillstand. Mehr als 100.000 Menschen sind in Deutschland pro Jahr davon betroffen, dabei hat sogar jeder Dritte keine oder nur leichte Vorerkrankungen. Wer einen plötzlichen Herzstillstand erleidet, braucht schnell Hilfe. Jede Minute, jede Sekunde ist lebensentscheidend. Laut Deutschem Reanimationsregister haben im vergangenen Jahr von 55.000 Reanimierten nur etwa 7.400 überlebt. Dass diese Zahl mit schnellerer Hilfe jedoch deutlich höher sein könnte, zeigt eine umfangreiche Recherche des SWR.
Da der Körper bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand nicht mehr mit Sauerstoff versorgt wird, sinken die Überlebenschancen mit jeder Minute. Ab zehn Minuten ohne richtige Hilfe sind die Überlebenschancen ohne schwere neurologische Schäden nur noch sehr gering. Für den Rettungsdienst gibt es deshalb empfohlene Hilfsfristen. Sie sagen aus, wie schnell die Rettungskräfte nach einem Notruf eintreffen sollten. Auf dem Land sind das zwölf Minuten, in der Stadt acht. In Essen gelang das 2022 laut Datenabfrage des SWR aber nur in rund 65 Prozent der Reanimationsfälle, Düsseldorf steht hingegen mit 89 Prozent deutlich über dem Durchschnitt und den Empfehlungen von medizinischen Fachgesellschaften.
Wie Leitstellen die Notrufe einordnen
Zur Einordnung betont Tobias Eilers, Sprecher der Johanniter NRW, aber auch, dass die Acht-Minuten-Regel für alle Einsätze gilt, nicht nur für lebensbedrohliche. Und in NRW „ist die Zahl der Einsätze in den letzten Jahren um über 70 Prozent gestiegen“. Damit alle Rettungskräfte den Ernst der Lage schnell richtig einstufen und der Anrufer Unterstützung bei der Hilfeleistung bekommt, setzen die meisten Leitstellen in NRW bereits auf eine Software für eine „standardisierte Notrufabfrage“. Laut SWR gibt es in NRW aber auch einige Lücken. In Essen fehlt ein solches System noch, in Düsseldorf wurde es immerhin zum 1. Dezember eingeführt, versichert Stadtsprecher André Schahidi auf Nachfrage der Redaktion.
Auch der Kreis Wesel hat kürzlich das sogenannte NOAS-System eingeführt. Durch bestimmte Fragen soll ein Herz-Kreislauf-Stillstand so schnell wie möglich erkannt werden, wodurch wiederum schneller geholfen werden kann. Anrufer werden außerdem automatisiert in die Vorgabe zur Telefonreanimation geleitet, erklärt Kreissprecherin Eva Richard.
Apps alarmieren freiwillige Helfer
Auch wenn man bei einer spontanen Herzdruckmassage Experten nach nicht viel falsch machen kann, schrecken viele Menschen zunächst einmal zurück, aus Angst oder aus Unwissenheit. Für solche Notfälle gibt es in vielen Kreisen und Städten deshalb sogenannte First-Responder-Apps, mit der freiwillige Ersthelfer in der Nähe benachrichtigt und um Hilfe gebeten werden, bis der Rettungsdienst eintrifft.
Im Kreis Wesel wird dafür bereits seit knapp drei Jahren die App „Corhelper“ genutzt. Mit Erfolg: Über 1500 freiwillige Ersthelfer haben sich inzwischen angemeldet. Mitmachen kann jeder, der volljährig ist und in den letzten 24 Monaten mindestens einen Erste-Hilfe-Kurs absolviert hat. Seit der Einführung der App haben die Corhelper im Kreis Wesel bei rund 1200 Einsätzen lebensrettende Maßnahmen ergriffen. Auch Duisburg setzt auf diese App, in Essen und im Kreis Kleve wird die App „Mobile Retter“ genutzt. In Düsseldorf gibt es aktuell noch keine App, mit der freiwillige Helfer im Falle eines Herz-Kreislauf-Stillstands alarmiert werden können, das solle sich allerdings bald ändern. Laut Stadtsprecher Schahidi laufe hierzu gerade ein Vergabeverfahren.
Krankenhäuser überall schnell erreichbar
In Sachen Erreichbarkeit steht NRW im Ländervergleich gut da. Im bevölkerungsreichsten Bundesland gibt es laut SWR 154 Krankenhäuser, die für einen Herz-Kreislauf-Stillstand ausgestattet sind. Mindestens eins davon ist sowohl für Menschen im Kreis Wesel als auch im Kreis Kleve, Essen, Duisburg und Düsseldorf in unter 30 Minuten erreichbar.