An Rhein und Ruhr. Fehlende Internetverbindung und Datenschutzfragen – trotz Fortschritten in den vergangenen Jahren sieht die Lehrer-Gewerkschaft noch Probleme.
Bei der Digitalisierung an Schulen in NRW gibt es nach Ansicht der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) NRW einige Fortschritte. „Wir sind heute weiter als vor der Pandemie“, sagt Landesvorsitzende Ayla Çelik. Es bleibe aber ein weiter Weg zu gehen, „um die Versäumnisse der letzten Jahre aufzuholen.“ Das NRW-Schulministerium dagegen sieht sich sowohl bei der Ausstattung der Schulen als auch der Lehre selbst auf einem guten Weg, räumt aber ein, dass die Digitalisierung ein „Dauerlauf“ sei.
Lehrer-Gewerkschaft fordert digitale Mindeststandards
Die Versorgung mit digitalen Endgeräten habe sich verbessert, sagt GEW-Chefin Çelik. „Hier müssen wir aber auch bedenken, dass wir von einem sehr niedrigen Niveau kommen.“ Wie gut die Schulen aber im Einzelnen ausgestattet sind, unterscheide sich auch innerhalb der Kommunen. „Da die Schulträger die Ausstattung finanzieren müssen, gibt es in den Kommunen einen Flickenteppich mit unterschiedlichsten Ständen, welcher von einer Vollausstattung mit Tablets, bis hin zu fehlenden Internetverbindungen in den Bildungsstätten reicht.“
Hier sieht sie die NRW-Landesregierung in der Pflicht, „den Schulträgern eine zukunftssichere Planung für ihre Ausstattung zu ermöglichen.“ Das Schulministerium müsse Mindeststandards festlegen, welche Ausstattung benötigt werde. Noch immer gebe es Schulen ohne WLAN und die Räume seien nicht so eingerichtet, „dass digitales Lehren und Lernen unterstützt wird“, kritisiert Çelik. „Im Zeitalter der KI regiert in vielen Klassen in NRW noch immer der Overheadprojektor.“ Zudem sei der klassische Frontalunterricht nicht passend für das digitale Lernen.
GEW NRW kritisiert: Neueingestellte Lehrer bekommen kein Dienstgerät
Weitere Mindeststandards fordert die Bildungsgewerkschaft beim Datenschutz und der Wahrung der Persönlichkeitsrechte. Dies sei durch den Flickenteppich der eingesetzten Ausrüstung nicht überall der Fall, so die Landesvorsitzende. „Verantwortlichkeiten und Haftungsfragen nach der Datenschutzgrundverordnung werden an die Bildungsstätten delegiert, diese müssen beim Ministerium verbleiben.“
Abschließend kritisiert Ayla Çelik den Mangel an Personal, das Schulen, Schüler und Lehrkräfte bei technischen Fragen unterstützen soll. Auch die Frage der Wartung der Geräte – „sofern sie da sind“ – sei nicht geklärt, so die Gewerkschafterin. Der Digitalpakt von 2019 mit seinen 6,5 Milliarden Euro sei eine Art „Anschubfinanzierung“ gewesen. „Das ist scheinbar nicht allen Verantwortlichen klar. Es ist verbreitet, dass Lehrende, die jetzt eingestellt werden, kein Dienstgerät erhalten. Auch von einer Vollausstattung bei Lernenden sind wir weit entfernt.“ Hier müsse nachgesteuert und mehr Mittel aufgebracht werden, meint sie. „Dies scheint jedoch in Zeiten klammer Kassen nicht möglich.“
Digitalisierungsbeauftragter bekommt 45 Minuten Zeit pro Woche
Eine Maßnahme des Schulministeriums im personellen Bereich war Ende 2022 die Einführung von Digitalisierungsbeauftragten an jeder Schule. So kann sich eine Lehrkraft fortbilden lassen, um „ihre Schule bei pädagogisch-didaktischen Prozessen der digitalisierungsbezogenen Schul- und Unterrichtsentwicklung“ zu unterstützen, wie es seitens des Ministeriums heißt.
Die Zeit, die dieser mit der Digitalisierung beauftragte Lehrer bekommt, sei aber „sehr wenig“, meint Alexander Schrimpf, Leiter der Werner-von-Siemens-Realschule in Düsseldorf. „Denn er wird pro Woche für eine Schulstunde, also 45 Minuten, für diese Aufgabe freigestellt und soll die Digitalisierung vorantreiben.“
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Während für die technische Ausstattung der Träger, meistens Stadt oder Kreis, zuständig sind, trägt das Land die Verantwortung für die personelle Ausstattung der Schulen. „Die Schulen sind da immer zwischen Baum und Borke“, meint Schrimpf.
In der Praxis kommt es auf die Qualität an
Der Digitalisierungsbeauftragte an seiner Schule ist Samet Bahar, Lehrer für Mathematik, Biologie und Informatik. Dieser sieht noch einige Probleme: „Das Problem ist, dass der Fortschritt der Digitalisierung nur quantitativ geprüft wird. Es wird geschaut, wie viele Tablets zum Beispiel da sind.“ Bei der Qualität gebe es aber noch Lücken. „Da geht es um die Frage, wie die Geräte genutzt werden. Es müsste mehr Schulungen für die Lehrkräfte geben.“
Was die Digitalisierung in der Praxis voranbringen würde? „Die Geräte sollten eingesetzt werden müssen“, betont Bahar. „Denn momentan ist es so, dass die Kinder ab und zu damit arbeiten, zum Beispiel für ein Projekt. Aber in einigen Fächern wie Deutsch sollten sie immer damit arbeiten.“
300 Medienberater für über 5300 Schulen
Das NRW-Schulministerium verweist bei den Fortschritten der Digitalisierung auch auf die rund 300 Medienberater der Bezirksregierungen, welche die Schulen „zu Fragen der digitalisierungsbezogenen Schul- und Unterrichtsentwicklung und auch zum Einsatz von KI beraten“ sollen.
Dem gegenüber stehen in NRW im auslaufenden Schuljahr 2023/24 insgesamt 5397 Schulen. Nach Angaben des statistischen Landesamtes (IT.NRW) sind 2796 davon Grundschulen, 624 Gymnasien, 485 Förderschulen, 370 Realschulen, 366 Gesamtschulen, 360 Berufskollegs und 159 Hauptschulen. Der Rest sind weitere Schulformen, wie Sekundarschulen oder Freie Waldorfschulen.
Ministerium: Mehr als 1 Milliarde Euro in digitale Infrastruktur investiert
Das Schulministerium beruft sich indes auf die finanzielle Förderung. Mit dem zwischen Bund und Ländern beschlossenen „DigitalPakt Schule“ stünden in NRW insgesamt 1,054 Milliarden Euro für Investitionen in die digitale Infrastruktur für Schulen zur Verfügung, wie es aus dem Ministerium heißt. „Davon entfallen 90 Prozent auf die Schulträger. Die übrigen zehn Prozent werden für landesweite und länderübergreifende Vorhaben eingesetzt“, so ein Sprecher. „Die Mittel sind bereits verplant, die Projekte befinden sich in der Umsetzung.“
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Wichtig sei, dass im Bund der „DigitalPakt 2.0“ auf den Weg gebracht werde. Die sei im Koalitionsvertrag der Bundesregierung verankert „und ist aus Sicht der Schulträger und Länder notwendig, um eine zeitgemäße flächendeckende Ausstattung aller Schulen mit digitaler Infrastruktur sowie digitalen Endgeräten zu erreichen und aufrechtzuerhalten“, so der Ministeriumssprecher.
Digitalisierung als Dauerlauf der Entwicklung
Weiter rechnet das Ministerium vor, dass im Frühjahr 2020 die Ausstattung von Schülern mit digitalen Endgeräten sowie im Sommer 2020 die Ausstattung der Lehrkräfte vom Land unterstützt und finanziert wurde. „Insgesamt werden in NRW rund zwei Milliarden Euro innerhalb von fünf Jahren bis 2025 in das Lehren und Lernen mit digitalen Medien investiert.“ Auch die Transformation der Lehre hin zu digitalen Strukturen unterstütze das Land, heißt es weiter. So biete das Ministerium Lern- und Organisationsplattformen für die Schulen an.
„Trotz dieser Fortschritte ist klar, dass die Digitalisierung auch aufgrund der technischen und gesellschaftlichen Entwicklung ein Dauerlauf ist“, so der Ministeriumssprecher. „Ziel bleibt es daher, kontinuierlich die digitale Ausstattung zu verbessern und Chancengerechtigkeit sowie gesellschaftliche Teilhabe für alle zu ermöglichen.“