An Rhein und Ruhr. Fast die Hälfte aller Tiere und Pflanzen in NRW stehen auf der „Roten Liste“ – Wie jeder Einzelne helfen kann.
Der 3. März ist der Tag des Artenschutzes – und das nicht nur in Deutschland. In über 180 Ländern wird an diesem Tag an das Washingtoner Artenschutzabkommen erinnert, das von den ersten Ländern vor genau 50 Jahren unterschrieben wurde. Seitdem ist viel passiert, doch trotz zum Teil positiver Entwicklungen, sind zahlreiche hiesige Arten weiterhin vom Aussterben bedroht.
„Um die Artenvielfalt ist es in NRW schlecht bestellt“, erklärt Holger Sticht, Landesvorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) auf Nachfrage der NRZ. Rund 43.000 Arten gibt es in 70 verschiedenen Lebensräumen Nordrhein-Westfalens. Das ist mehr als die Hälfte aller in Deutschland lebenden Arten. Allerdings sind laut Experten etwa 45 Prozent von ihnen vom Aussterben bedroht. Tausende stehen auf der „Roten Liste der gefährdeten Pflanzen, Pilze und Tiere“.
Diese Arten sind am stärksten betroffen
Birgit Königs, Pressesprecherin des NABU NRW nennt als Beispiele die Fledermaus, von der fast alle der 21 Arten gefährdet oder bereits ausgestorben sind, sowie den Feldhamster, der nur noch dank eines Artenschutzprojektes in wenigen Gebieten existiert. „Bei den Vögeln sieht es nicht besser aus“, erklärt Königs. Besonders betroffen seien Feldvögel. Bei Arten wie dem Kiebitz, dem Rebhuhn und der Feldlerche, verzeichne man zum Teil Rückgange von mehr als 90 Prozent.
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Ebenfalls von Schutzmaßnahmen abhängig ist laut Sticht das Breitblättrige Knabenkraut, eine Orchideenart, von der in NRW mehr als 80 Prozent der Pflanzen auf der Roten Liste stehen. Bereits seit über 20 Jahren gefährdet sei außerdem die Kreuzkröte und die Speer-Azurjungfer, die Libelle des Jahres 2020.
Lebensraum wird immer kleiner
„Die Gründe sind zahlreich“, holt Sticht aus. Da sei zum Beispiel der hohe Flächenverbrauch, um Siedlungen, Straßen oder Gewerbegebiete zu bauen. Sticht spricht in diesem Zusammenhang von fünf bis acht Hektar Lebensraum, der in NRW pro Tag zerschnitten und für viele Arten unbewohnbar gemacht wird. Zusätzlich spiele die Verbrennung fossiler Brennstoffe durch die Industrie und das Autofahren eine große Rolle. Dazu kommt „die Vergiftung unserer Landschaft durch massiven Pestizideinsatz der industriellen Landwirtschaft.“
Zum Teil verstärkt sich der Artenrückgang aber auch selbst. Schließlich ist ein großer Teil der Pflanzen von der Bestäubung der Insekten abhängig. Besonders Bienen leisten hier einen wichtigen Beitrag. Wenn diese vom Aussterben bedroht sind, betreffe das automatisch die Pflanzenwelt. Insekten und Pflanzen dienen wiederum anderen Tieren als Nahrungsquelle.
Auf ein funktionierendes Ökosystem ist auch der Mensch angewiesen. „Es besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen unserem Überleben und dem Überleben dieser kleinen Organismen“, erklärte Sticht in einem Interview des WDR.
Diese Arten kehren zurück
Ein kleiner Lichtblick: Es gibt auch Arten, die inzwischen wieder ihren Weg zurück an Rhein und Ruhr gefunden haben. So sind laut Sticht Arten wie der Kolkrabe oder der Uhu zurückgekehrt. Grund dafür könne das vor vielen Jahren erteilte Jagdverbot sein. Der Weißstorch wird ebenfalls wieder häufiger in der Region beobachtet, zuletzt unter anderem in Hamminkeln und Hünxe.
Vor wenigen Wochen wurden erstmals seit 200 Jahren Biber am Düsseldorfer Rheinufer gesichtet. Zu den knapp 60 Fischarten in den hiesigen Gewässern kehren laut Angaben des Landesumweltministeriums langsam auch der Maifisch und der Lachs wieder zurück. Grund sei das Förderprogramm „Lebendige Gewässer“ des Ministeriums zur ökologischen Aufwertung des Wassers.
Dennoch sei die Lage prekär, so der BUND. Vielerorts gebe es Projekte – vor allem im Ehrenamt – die mit einem guten Beispiel vorangehen, die Entwicklung jedoch nicht aufhalten können. Viel mehr müsse getan werden, appelliert Sticht. „Wir sind aktuell im Verwaltungsmodus“. Es werde Zeit, in den „Aktionsmodus“ umzuschalten. Den Flächenverbrauch bis 2028 auf Netto-Null zu setzen und 30 Prozent unter Schutz stellen – das sind deshalb die zentralen Forderungen des Verbandes an die nordrhein-westfälische Landesregierung.
Jeder kann einen Beitrag leisten
Doch auch jeder Einzelne kann etwas tun, sind sich NABU und BUND einig. Gärten und Balkone könnten mit heimischen Stauden und Sträuchern bepflanzt werden. Wilde Ecken im Garten sollten stehengelassen werden, „das hilft im Siedlungsbereich vielen Insekten, Vögeln und Kleinsäugern“, empfiehlt Königs.
Beim Einkauf im Supermarkt sollte darauf geachtet werden, möglichst regional und ökologisch produzierte Lebensmittel zu kaufen. Beim Weg dorthin sollte das Auto bestenfalls stehengelassen werden und stattdessen das Fahrrad oder der ÖPNV genutzt werden. „Schon einen Punkt davon konsequent für sich zu ändern, hilft der Umwelt und der Natur“, meint Königs.