An Rhein und Ruhr. Die Verkehrsminister der Bundesländer wollen eine Reform, die Fahranfänger ausbremsen soll. Was sich ADAC und Fahrlehrer davon versprechen.
Junge Fahranfänger im Alter zwischen 18 und 24 Jahren müssen sich auf eine Verlängerung der Probezeit einstellen. Außerdem sollen sie sich künftig nach Erwerb der Fahrerlaubnis regelmäßig sogenannten Feedback-Gesprächen stellen, in denen ihre Erfahrungen und Fähigkeiten überprüft werden. Das soll bei der Verkehrsministerkonferenz der Bundesländer am Ende der Woche beschlossen werden. Wie der NRZ aus teilnehmenden Kreisen bestätigt wurde, soll eine umfassende Reform des Maßnahmensystems für Fahranfänger eingefordert werden, um das Unfallrisiko in dieser Altersgruppe weiter zu reduzieren. Im Gespräch seien, laut Nachrichtenagentur AFP, spezielle Fahrsicherheitstrainings und eine Verlängerung der Probezeit. Eine neue Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll dann bis Frühjahr 2022 die Reform konkret umsetzen.
Zwar ist die Zahl der verunglückten 18- bis 24-Jährigen bei Verkehrsunfällen in NRW in den letzten fünf Jahren von 12.194 auf 10.426 gesunken, dennoch ist auch zu beachten: Aufgrund der Pandemie sank die Mobilität deutlich und in der Folge auch die Unfälle, so NRW-Innenminister Herbert Reul. Der ADAC Nordrhein ist sich trotz des positiven Trends sicher: „Fahranfänger haben nach wie vor das höchste Unfallrisiko.“
ADAC Nordrhein befürwortet neue Reform
Man befürworte deshalb eine solche Reform, teilt ein Sprecher auf NRZ-Anfrage mit. Aus Sicht des ADAC wäre es sinnvoll, die Probezeit von zwei auf drei Jahre zu verlängern und sogenannte Feedback-Schleifen in gewissem zeitlichen Abstand nach Erhalt der Fahrerlaubnis einzuführen: „Das können Feedbackfahrten oder Fahrsicherheitstrainings sein. Nach erfolgreicher Teilnahme wäre dann wiederum eine Reduzierung der Probezeit um ein Jahr denkbar.“
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Zudem wünsche sich der Verkehrsclub, dass der Lernzeitraum im Sinne einer Mehrphasen-Ausbildung erweitert wird. Gerade sicherheitsrelevante Lerninhalte von Führerschein-Neulingen würden erst nachhaltig aufgenommen und verarbeitet werden können, „wenn sie eine gewisse Routine in den Grundfertigkeiten des Autofahrens erworben haben“. Auch hier plädiere der ADAC Nordrhein für eine Rückmeldeschleife in gewissem zeitlichen Abstand nach Erhalt der Fahrerlaubnis. Dies würde helfen, die eigene Fahrkompetenz unter Anleitung eines Profis selbstkritisch zu überprüfen. „Es geht dabei nicht um Perfektion, sondern darum, die Selbstwahrnehmung der realen Fahrkompetenz anzugleichen“, so der ADAC-Sprecher. Wer die Kontrolle über sein Fahrzeug verliere, solle im geschützten Raum spüren, dass er nicht in der Lage ist, dieses wieder „auf Kurs zu bringen“. Themen wie Ablenkung oder Übermut bei Kurvengeschwindigkeiten „könnten durch eigenes Erleben nachhaltig vermittelt werden“.
Ampelkoalition will begleitetes Fahren ab 16
Der ADAC unterstütze zudem die Pläne der neuen Regierungskoalition, das begleitete Fahren bereits ab 16 Jahren zu erlauben. Mit dieser Maßnahme könne der Lernzeitraum verdoppelt und das Unfallrisiko der Fahranfänger wegen längerer Fahrpraxis weiter reduziert werden. „Schon das begleitete Fahren mit 17 hat sich bewährt: Die Teilnehmer weisen ein deutlich geringeres Unfallrisiko auf als diejenigen, die den Führerschein auf klassische Weise erworben haben.“
Dem pflichtet auch Volker Freigang bei. Er ist Bezirksvorsitzender des Fahrlehrerverbands rechter Niederrhein. Auch er befürworte eine Reform, die die Fahrsicherheit verstärken soll. Dennoch spricht er sich auch für eine differenzierte Betrachtung aus: „Sind 16-, 17- und 18-Jährige gleich einzustufen? In diesem Alter liegen zwischen dem einen und dem anderen Jahr Welten.“ Zudem würden nicht nur jüngere Menschen Unfälle bauen, weil sie das Handy in der Hand haben oder wegen zu hoher Geschwindigkeit Aufbauseminare belegen müssen. Verursacht ein Fahranfänger einen Unfall, „dann meist am Ende seiner Probezeit, wenn er sich ausprobieren will“ und vertrauen in seine Fähigkeiten gefasst hat. „Da kann die unbekümmerte Jugendlichkeit ganz schnell zum Nachteil werden.“