An Rhein und Ruhr. Seit Anfang Mai fallen auf etlichen Linien Züge aus. Abellio begründet dies mit fehlenden Lokführern. Jetzt mahnt der VRR das Unternehmen ab..

Die zahlreichen Zugausfälle des Eisenbahnunternehmens Abellio auf mehreren Linien haben den Verkehrsverbund Rhein-Ruhr zum handeln gezwungen: "Aufgrund der aktuellen Betriebssituation und den schlechten und nicht akzeptablen SPNV-Leistungen insbesondere auf den Linien S 3, S 9 und RE 49 hat der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) gestern eine schriftliche Abmahnung an das Eisenbahnverkehrsunternehmen Abellio Rail NRW ausgesprochen", so der VRR in einer Pressemitteilung am Mittwoch.

Am 4. Mai habe Abellio Rail NRW dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) bekannt gegeben, dass es auf lange Sicht nicht in der Lage ist, seine Verpflichtungen bei den Linien der S-Bahn Rhein-Ruhr nachzukommen. Zugausfälle gab es schon vorher immer wieder, ab 30. April hatte Abellio die S-Bahnlinie 3 Oberhausen-Mülheim-Essen-Hattingen eingestellt sowie den Regionalexpress RE49 von Wesel über Oberhausen und Essen nach Wuppertal. Auch auf anderen Linien kam es immer wieder zu Ausfällen.

Abellio kündigte wegen Sicherheitsbedenken mehreren Lokführer

Hauptgrund: Es gibt zu wenig Lokführer. Dabei, so räumt auch Abellio in einer am Mittwoch veröffentlichten Erklärung ein, war schon lange klar, dass es ab Mai zu wenige Lokführer geben würde: Wegen Corona lag die Ausbildung "seit März über mehrere Wochen still." Deswegen fehlten mehr als 30 eingeplante neue Lokführer, zudem haben einige Lokführer bereits wieder gekündigt. Noch schwerer wog wohl, dass Abellio selbst etliche Kündigungen aussprechen musste:  „Es gelten höchste Sicherheitsvorschriften. Dies hatte zur Folge, dass wir uns auch in den vergangenen Monaten von neuen Kollegen trennen mussten, die durch ihre Fahrweise auffällig geworden sind“, so Rainer Blüm, Vorsitzender der Geschäftsführung der Abellio Rail NRW, der im Februar die Eignung der vom VRR bestellten Züge in Zweifel gezogen hatte. 

Laut VRR gab es mehrere Krisengespräche auf Geschäftsführerebene, bei denen Abellio "deutlich ermahnt" wurde. Am 8. Mai habe Abellio dargestellt, welche Linien sich wann und wie betreiben ließen. "Aufgrund der Dauer und des Umfangs der verkehrlichen Auswirkungen kann der VRR diese Einschränkungen für die Fahrgäste jedoch nicht mittragen", so der VRR, der Abellio nun Fristen gesetzt hat, bis wann der Fahrplan auf welchen Linien vollständig gefahren werden muss.

S3 soll Mitte Juni wieder rollen, der RE 49 Ende Juni

Bis zum 14. Juni 2020 muss die S 3 komplett bedient werden, bis zum 30. Juni 2020 die Linie RE 49, bis zum 15. Juli die Linie S 2  (Dortmund-Recklinghausen/Duisburg/Essen) und die Linie RB 40 (Essen-Bochum-Hagen). Erst zum 15. September muss die Verlängerung der Linie S 9 von Bottrop bis Recklinghausen wieder gefahren werden, die eigentlich zum 1. Mai an den Start gehen sollte. Die Abmahnung für Abellio ist nicht die erste, die der VRR ausspricht. Im Januar 2019 war die Nordwestbahn wegen vieler Zugausfälle im Niederrhein-Netz abgemahnt worden, etwa zur gleichen Zeit traf es auch DB Regio wegen Ausfällen auf der S1 sowie bei der Linie RE6 und anderen. Finanzielle Folgen für die betroffenen Unternehmen hat das nicht, eine Abmahnung ist quasi eine gelbe Karte für das betroffene Unternehmen.

Die abgestuften Forderungen nach Wiederinbetriebnahme deuten daraufhin, dass der VRR wohl hofft, dass es Abellio gelingt, nach und nach genügend Lokführer zu gewinnen. "Wir wissen ja auch, wie knapp der Markt da derzeit ist", so der VRR. Derzeit bietet das Unternehmen Abellio 1000 Euro über Tarif und einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung an, für Lokführer, die Abelliozüge in ganz NRW fahren können. 

VRR fordert tragbare Ersatzkonzepte - Pläne gibt es jedoch noch nicht

 „Wir erwarten, dass für die Fahrgäste das anhaltend schlechte Angebot auf der Schiene schnell und nachhaltig verbessert wird“, sagt VRR-Vorstandssprecher Ronald Lünser. „Wir fordern Abellio auf, kurzfristig in einem Maßnahmenpaket verlässliche Aussagen und Planungen über eine verbindliche Qualifikation und Disposition für den Personaleinsatz zu treffen und tragbare Ersatzkonzepte vorzulegen“, so Lünser weiter. Details dazu gibt es bislang nicht, im Gespräch sind Subunternehmer, wie sie derzeit auf der S3 im Einsatz sind sowie Leihpersonal für die Abellio-Züge.


Abellio gibt sich derweil zerknirscht: "Wir können die Verärgerung und Enttäuschung nachvollziehen und möchten versichern, dass dies keinesfalls unser Anspruch ist", so das Hagener Unternehmen, das ab dem 14 Juni vor einer neuen großen Herausforderung steht: Die Übernahme der wichtigsten Linie im NRW-Zugverkehr: des RE 1 von Hamm durchs Ruhrgebiet über Düsseldorf und Köln nach Aachen: "Wir möchten unseren Fahrgästen an dieser Stelle jedoch versichern, dass wir bereits seit längerem an einem Konzept arbeiten, das die Leistung auf der Strecke sicherstellt", verspricht Abellio. Denkbar wäre, dass DB Regio zumindest etliche Züge auf der Strecke zunächst weiterfährt, bis Abellio seine Personalengpässe im Griff hat.