Oberhausen. 1994 begann der Bau des Centro. Die Investition des Briten Healey kam für Oberhausen gerade recht. 1996 wurde der Shoppingtempel eröffnet.

Diese Geschichte beginnt mit dem Scheitern. Der Schock trifft die Stadt Oberhausen und den damaligen Oberbürgermeister Friedhelm van den Mond ins Mark: Die Thyssen AG kündigt Mitte der 80er-Jahre den Abbau von 3000 Arbeitsplätzen und die weitgehende Stilllegung der Stahlproduktion an der Essener Straße an. Tausende Jobs weg, mal wieder. Die Arbeitslosenquote erreichte damals ihren Höhepunkt in der Stadt – 18 Prozent waren auf der Suche nach Arbeit. „Wir waren der Loser auf allen Seiten“, sagt der damalige Oberbürgermeister und gelernte Bergmann Friedhelm van den Mond. Irgendwann muss man aufhören, zu kämpfen. So absurd es auch klingen mag: Diese Erkenntnis war es, die den Weg für was ganz Neues ebnete.

Mit dem Niedergang Thyssens in unmittelbarer Nähe zum Rhein-Herne-Kanal drohte ein riesiges, über 140 Hektar großes, Areal zu verkommen. Das schien sich herumzusprechen – bis nach Kanada. Plötzlich die Nachricht: Die Familie Ghermezian will hier ein Mega-Einkaufs- und Vergnügungszentrum errichten, mit einer Art Disneyland, einer Delfin-Schau und allem Drum und Dran.

Zwei Milliarden Mark Investitionen

Eine gigantische Fläche: Das ehemalige Thyssen-Areal ist 160 Hektar groß. Hier beim Baustart 1994.
Eine gigantische Fläche: Das ehemalige Thyssen-Areal ist 160 Hektar groß. Hier beim Baustart 1994. © WAZ FotoPool | Centro

Oberhausen, der Looser? Ach was. „Superhausen“ hieß die neue Maxime! Wirklich? „Da glaubte keiner dran, aber wir konnten ja nicht sagen: Das wollen wir nicht“, erinnert sich van den Mond. Tatsächlich scheiterte das Projekt, zu viele Risiken für den Staat, entschied die damalige Landesregierung.„Und dann kam Healey“, erinnert sich der heute 89-jährige Alt-Oberbürgermeister van den Mond an den britischen Investor.

Seine Idee der „Neuen Mitte“ war ein paar Nummern kleiner als die der Kanadier, städtebaulich interessanter. „Da war uns klar, dass wir alles tun müssen, um das Projekt nach Oberhausen zu bekommen“, so Friedhelm van den Mond. Sonst hätte eine andere Stadt im Ruhrgebiet „hier“ gerufen – und Oberhausen wäre wieder einmal der Verlierer gewesen.

Ein britischer Investor hatte eine Vision

Dass es nicht so kam ist auch dem britischen Hauptinvestor Edwin Healey zu verdanken. Mit seiner Stadium-Gruppe investierte er zwei Milliarden Mark, um ein Einkaufszentrum mit fast 70.000 Quadratmetern bauen zu lassen, dazu ein Yacht-Hafen, einer Mehrzweckhalle für Konzerte und Sportveranstaltungen, einen Freizeitpark, Wohnungen. 11.000 Arbeitsplätze erhoffte sich die Stadt von dem Projekt.

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Nach zwei Jahren Planungs- und Genehmigungsphase ging es 1994 los, Ministerpräsident Johannes Rau legte den Grundstein. 13 Baukräne drehten sich allein für das Einkaufszentrum „Centro“. Selbst Hollywood-Star Arnold Schwarzenegger schaute auf der Baustelle vorbei. Er sollte noch einmal wiederkehren, zur Eröffnung seines Burger-Bistros „Planet Hollywood“. Zwei Jahre nach der Grundsteinlegung öffneten die Geschäfte und die Gastro-Meile auf der Promenade. Van den Mond erinnert sich noch genau, dass sein Telefon häufig läutete. Bürger sorgten sich, dass die Haltestelle der Neuen Mitte, ein schräges Dach an Diagonal-Säulen, zusammenbrechen würde. „Sie konnten nicht verstehen, dass es moderne Architektur war“, sagt der Alt-OB heute amüsiert.

ALt-OB ist sich sicher: Centro ist ein Glücksgriff für die Stadt

Das Centro in Oberhausen - Aufstieg eines Verlierers

Shopping, Gastronomie, Kultur: Das Centro ist eine Erfolgsgeschichte. Danach sah es zuerst nicht unbedingt aus. 
Shopping, Gastronomie, Kultur: Das Centro ist eine Erfolgsgeschichte. Danach sah es zuerst nicht unbedingt aus.  © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz
Die Baustelle des Centros im Jahr 1994.
Die Baustelle des Centros im Jahr 1994. © WAZ FotoPool | Centro
Ein britischer Investor hatte Visionen für die riesige Fläche.
Ein britischer Investor hatte Visionen für die riesige Fläche. © WAZ FotoPool | Centro
Das 160 Hektar große Areal war zuvor Thyssen-Fläche.
Das 160 Hektar große Areal war zuvor Thyssen-Fläche. © WAZ FotoPool | waz archiv
Im Hintergrund ist das Gasometer zu sehen.
Im Hintergrund ist das Gasometer zu sehen. © WAZ FotoPool | Tom Thöne
Zur Grundsteinlegung im September 1994 kam NRW-Ministerpräsident Johannes Rau.
Zur Grundsteinlegung im September 1994 kam NRW-Ministerpräsident Johannes Rau. © WAZ FotoPool | waz archiv
Ein Shopping-Tempel: Aus dem ganzen Ruhrgebiet und Rheinland, sogar aus den Niederlanden und Belgien, kommen Besucher ins Centro.
Ein Shopping-Tempel: Aus dem ganzen Ruhrgebiet und Rheinland, sogar aus den Niederlanden und Belgien, kommen Besucher ins Centro. © FUNKE Foto Services | Bernd Thissen
An der Promenade gibt es viele Restaurants.
An der Promenade gibt es viele Restaurants. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz
Neben dem Centro finden viele Veranstaltungen statt, wie hier das Schlagerfestival Oberhausen.
Neben dem Centro finden viele Veranstaltungen statt, wie hier das Schlagerfestival Oberhausen. © WAZ FotoPool | Lars Froehlich
Die Neue Mitte in der Abenddämmerung.
Die Neue Mitte in der Abenddämmerung. © picture alliance / blickwinkel/S | dpa Picture-Alliance / S. Ziese
In der Coca-Cola-Oase gibt's Fast Food für jeden Geschmack. Sie wurde gerade erst neugestaltet. 
In der Coca-Cola-Oase gibt's Fast Food für jeden Geschmack. Sie wurde gerade erst neugestaltet.  © imago/blickwinkel | imago stock
Im Gasometer finden regelmäßig Ausstellungen statt.
Im Gasometer finden regelmäßig Ausstellungen statt. © Kathrin Migenda / Funke Foto Services | Unbekannt
Das Centro mit dem Gasometer aus der Luft. 
Das Centro mit dem Gasometer aus der Luft.  © www.blossey.eu | Hans Blossey
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Das Centro, es war ein Glücksgriff für die Stadt. Dessen ist er sich sicher. Mit der Neuen Mitte entstand viel Neues. Ein Autobahnanschluss zum Beispiel, oder das – heute verwaiste - Metronom-Theater. Und auch Bus- und Bahntrasse würde es ohne das Centro wohl kaum geben. Doch es gibt auch kritische Stimmen. Das Centro sei Schuld am Niedergang der Marktstraße, der zentralen Einkaufsstraße in Alt-Oberhausen.

Oberhausens Nachbarstädte klagten über die Konkurrenz. „Die Marktstraße hat schon vor dem Centro Probleme gehabt. Viele Menschen haben schon früher gesagt: Wir brauchen mal einen guten Wintermantel, da fahren wir nach Essen oder Mülheim“, sagte Michael Grundmann, der erste Geschäftsführer des Centro, 2016 im Gespräch mit der NRZ. „Natürlich tut so ein Centro einer Einkaufszone nie gut. Aber ihm den alleinigen Niedergang zuzuschreiben, wäre wirklich falsch.“

So kennen Besucher das Centro: Als Shoppingtempel.
So kennen Besucher das Centro: Als Shoppingtempel. © FUNKE Foto Services | Bernd Thissen

Andererseits hat das Centro der Stadt Oberhausen viele Touristen, vor allem aus den Benelux-Staaten, beschert. Im Jahr 2019 wurden erstmals 500.000 Übernachtungen in der Stadt registriert, das entspricht laut Statistischem Landesamt 259.300 Gästen. Auch wenn die Oberhausener lange mit dem Centro fremdelten, ist es heute in der Stadt angekommen. Das zeigte auch die repräsentative Umfrage der NRZ-Redaktion. Beim „NRZ-Bürgerbarometer“ vor rund drei Jahren gaben 44 Prozent der befragten Oberhausener an, ihre Einkäufe im Centro zu erledigen; ein Wachstum um 17 Prozentpunkte.

Centro ist in der Stadt angekommen

Friedhelm van den Mond freut’s. Nur die Entwicklung des Geländes auf der anderen Straßenseite, die hätte er sich anders gewünscht. Mehr Innovation schwebte ihm vor. Mit der Gründung des Fraunhofer Umsicht-Instituts wagte die Stadt 1990 eigentlich den Weg in Richtung Umwelttechnik. Doch statt eine Spielwiese für junge Start-Up-Unternehmen anzulegen, endet der Weg - an einem Spielcasino.