Den Haag. Der Fall um die unbekannte Tote in den niederländischen Dünen bei Den Haag bleibt auch nach der ZDF-Sendung mysteriös. Was die Polizei sagt.
Die Suche geht weiter, immer weiter, und Millionen Menschen machen mit. Mehrere Tage ist es her, dass im deutschen Fernsehen von einer Frau berichtet wurde, die seit mehr als 20 Jahren tot ist. „Aktenzeichen XY“ ist weiterhin in der ZDF-Mediathek abrufbar, mehr als fünf Millionen schauten zu, als Moderator Rudi Cerne (66) zur besten TV-Zeit live auf Sendung ging. Der Beitrag habe für „besetzte Leitungen bei den Hinweistelefonen“ gesorgt, jubelt das ZDF.
Werden deutsche True-Crime-Fans also ein Rätsel lösen, an dem sich die niederländische Polizei die Zähne ausbeißt? Nun ja. Die Ermittlungsbehörden geben sich zugeknöpft.
Was über die Tote aus den Dünen bekannt ist:
- Polizei rollt mysteriösen Fall neu auf
- Rudi Cerne über Tote am Strand: „Irgendwer muss sie vermissen“
- Diese Hinweise gab es nach der Sendung
Wie wurde der Fall fürs Fernsehen aufbereitet?
Schauspieler zeigen in einem Einspielfilm, was bisher geschah. Die Ereignisse setzen kurz nach dem Fund der unbekannten Toten im Sommer 2004 in den Dünen bei Den Haag ein, sie werden aus der Sicht niederländischer Polizisten geschildert. Die Beamten stehen in einem Großraumbüro zusammen und sprechen aus dramaturgischen Gründen Deutsch mit niederländischem Akzent. Da die Frau keinen Ausweis bei sich hatte, wissen die Polizisten nicht, ob sie in Holland lebte oder Touristin war. „Auch in Deutschland ist keine Frau als vermisst gemeldet, auf die die Beschreibung passen könnte“, weiß eine Erzählerstimme aus dem Off.
Die wichtigste Spur: Die Frau trug einen Schlüssel bei sich, über dessen Seriennummer die Ermittler herausfinden wollen, wer die Besitzerin war. Der Mitarbeiter eines Schlüsselproduzenten berichtet am Telefon, dass der Schlüssel 1999 an ein Unternehmen in Bottrop ausgeliefert worden sei, „nicht weit von der Grenze entfernt“. Aber: „Da gibt es ein Problem, ein ziemlich großes sogar. Bei dem Unternehmen, das den Schlüssel bestellt und vermutlich auch weitergegeben hat, wurde vor ein paar Jahren das komplette Archiv zerstört.“ Heißt: „Falls der Name der Toten auf einer Liste stand, wurde er mitvernichtet. Das ist alles sehr unglücklich.“
Wie kommen die Beamten in dem Filmchen weg?
Mitfühlend, aber ahnungslos. Am Ende sitzen ein Polizist und eine Polizistin abends mit Bierflasche am Strand und sinnieren, dass irgendwer die Frau doch vermissen müsse. Abgesehen von der Schlüsselspur haben sie jedoch keine weiteren Ideen.
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Welchen Erkenntnisgewinn hat die Sendung gebracht?
Dafür ist Marieke Fleskens zuständig, die bei der Polizei in Den Haag Vermisstenfälle bearbeitet, vom ZDF aber vereinfachend mit der Berufsbezeichnung „Polizei Niederlande“ eingeführt wird. Sie fasst im Gespräch mit Cerne zusammen, was die Polizei in 21 Jahren herausgefunden hat: „Wir haben eine Isotopenanalyse durchführen lassen und da haben wir feststellen können, dass die Frau möglicherweise in Osteuropa geboren wurde und aufgewachsen ist. Sie dürfte ihre letzten fünf Lebensjahre in Deutschland oder den Niederlanden verbracht haben.“ Sie sei „wahrscheinlich in ihren 30ern oder 40ern“ gewesen und habe eine schlanke Figur und ein gepflegtes Äußeres gehabt. Leider wisse man immer noch nicht, wer die Tote war.
Warum machte die Polizei eine schlechte Figur?
Die Liste der Dinge, die die niederländischen Ordnungshüter nicht wissen, ist ungefähr so lang wie der Strand von Scheveningen. Ein Beispiel nennt Fleskens selbst: „Wir wissen nicht, wofür der Schlüssel benutzt wurde. Für ein Büro, eine Wohnung oder andere Räumlichkeiten vielleicht.“ Cerne: „Die Todesursache konnte ja leider nie festgestellt werden. Also, dazu konnten Sie gar nichts rausfinden.“ Fleskens: „Nein, das stimmt. Wir haben sehr viel ermittelt, aber wir wissen immer noch nicht, woran die Frau gestorben ist. Wir haben auch keine direkten Hinweise auf ein Verbrechen, aber wir können ein Verbrechen auch nicht ausschließen.“
Welche Tipps haben Zuschauer bislang gegeben?
Während der Ausstrahlung gingen Hinweise zur möglichen Identität der Toten ein. So hat sich denkbarerweise der ehemalige Zahnarzt der Frau gemeldet und vielleicht auch ein ehemaliger Lebensgefährte. Die Polizei geht diesen Informationen nun nach.
Wird der Fall bald aufgeklärt?
Aufgrund der spärlichen Informationslage ist ein schneller Ermittlungserfolg nicht zu erwarten. Weder die Polizei in Den Haag noch das Bundeskriminalamt noch das ZDF konnten auf Anfrage eine Stellungnahme dazu abgeben, ob die Sendung tatsächlich belastbare Erkenntnisse gebracht hat. Die Suche geht weiter.