Haarlemmermeer. Passagiere wollen nur schnell weg. Doch die Gegend rund um den Amsterdamer Airport Schiphol ist überraschend sehenswert.
Der Weg zu einem der größten Flughäfen Europas führt über Schnellstraßen und vorbei an großen Hotels. Im Courtyard Marriott sitzen uniformierte Piloten in der Lobby und schlagen mithilfe ihrer Mobiltelefone die Zeit bis zum nächsten Flug tot. Eine Touristenhochburg ist der Südwesten Amsterdams sicher nicht: Es ist die Luftfahrtindustrie, die die Gegend prägt. Und doch hat sie viel mehr zu bieten als Hangars und Abflughallen.
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Der Airport Schiphol zieht pro Jahr mehr als 60 Millionen Passagiere an. Nur wenige wissen, dass Schiphol gar nicht zum Amsterdamer Stadtgebiet gehört, sondern zu einem Vorort mit dem maritim klingenden Namen Haarlemmermeer. Drei Tipps für Menschen, die die Zeit vorm Abflug auskosten möchten.
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1. Tipp: Spitzentechnik in alter Pumpstation
Will van den Hende mag die Deutschen. Seit der 67-Jährige im Ruhestand ist, führt er ehrenamtlich Besucher durch ein ganz besonderes Technikmuseum – auf Deutsch, denn van den Hende schaut gerne deutsches Fernsehen, die Sprache bereitet ihm keine Mühe. Das aus dem 19. Jahrhundert stammende Pumpwerk De Cruquius sieht mit seinen Dachzinnen aus wie ein englisches Schloss. Es veranschaulicht den Kampf der Region gegen das Wasser. „Es steht auf 1600 Pfählen, damit es nicht versackt“, erklärt van den Hende. Der entbehrungsreiche Kampf dem Wasser sei so teuer gewesen, „dass die Niederlande fast daran pleite gegangen wären“.
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Dort, wo heute die Gemeinde Haarlemmermeer liegt, war früher ein riesiger See gleichen Namens. 20 Kilometer lang, zehn Kilometer breit und fünf Kilometer tief, entstanden durch Torfabbau in den Mooren. Als sich das Wasser immer mehr ausbreitete und 1836 Amsterdam überschwemmte, wollten die Niederländer das Haarlemmermeer trockenlegen. Also hoben sie einen 62 Kilometer langen Kanal aus und pumpten das Wasser in den noch heute existenten Graben.
Ein Mammutprojekt, das Jahre in Anspruch nahm. Im Pumpwerk De Cruquius bekommen Besucher einen Eindruck davon, dass die Trockenlegung harte Arbeit war. „Es dauerte alleine fünf Jahre, den Kanal zu bauen“, sagt van den Hende. Ein Höhepunkt für Technikfans: die älteste noch existierende Dampfmaschine der Niederlande, gebaut 1826.
2. Tipp: Ein Kurztrip an die Nordsee
Vor acht Jahren zog Will van den Hende der Liebe wegen aus Groningen nach Haarlemmermeer – und will nicht mehr weg. „Wir haben viel Natur, wegen der Nähe zum Flughafen eine starke Wirtschaft und sind günstiger als andere Regionen“, schwärmt er von seiner Wahlheimat. Vor allem die Nähe zur Küste fasziniert ihn. „Mit dem Fahrrad bin ich in 20 Minuten an der Nordsee.“ Ein Strandspaziergang im bekannten Badeort Zandvoort? Von Haarlemmermeer aus kein Problem.
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3. Tipp: Fahrradtour zu alten Forts
Rund um Amsterdam befindet sich, gut 20 Autominuten vom Stadtzentrum entfernt, eine Reihe alter Verteidigungsanlagen, mit denen die Metropole im Angriffsfall geschützt werden sollte – erbaut gegen Ende des 19. Jahrhunderts. 42 dieser Befestigungsanlagen sind erhalten und mittlerweile Unesco-Weltkulturerbe. Einige liegen versteckt im Wald und sind von Pflanzen überwuchert, die meisten aber werden von Vereinen genutzt – als Galerie, Restaurant oder Museum.
Wer sämtliche Forts per Rad abfahren möchte, sollte sich drei Tage Zeit nehmen. Lohnenswert sind etwa das „Kunstfort“ in Vijfhuizen und das „Crash“-Museum in Aalsmeerderbrug, in dem abgestürzte Kampfflugzeuge zu sehen sind. „4000 Objekte stellen wir aus“, berichtet der Ehrenamtler Rick Franke (70). „Von der Pilotenuniform bis hin zu Maschinengewehren.“ Ob sich Touristen vor dem Urlaubsstart ausgerechnet Flugzeugwracks anschauen möchten, ist eine andere Frage.