Rotterdam. Brutus zählt zu den abgefahrensten Projekten in der Metropole an der Maas. Gründer Joep van Lieshout denkt inzwischen groß.

In einem typischen früheren Handelsspeicher in einem der Häfen von Rotterdam tut sich eine seltsame und verrückte Welt auf. Brutus heißt das 2008 von Künstler Joep van Lieshout eröffnete Labor für abgefahrene Projekte, das drei Kilometer südwestlich vom Zentrum zu finden ist. „In einer Gegend, in die keiner wollte“, verrät der 61-Jährige. „Es gab viel Kriminalität, Drogen und Prostitution.“ Die Kunst, die hier gezeigt oder erst geschaffen wird, ist in renommierten Häusern wie der Kunsthal Rotterdam nicht zu sehen. Zu radikal sind die Exponate von Freischaffenden wie dem Autodidakten Ossip aus Den Haag. Dessen Figuren, Skulpturen und Zeichnungen können schockieren.

Polizei räumte den Laden

Genau das Richtige für einen Freigeist wie Joep van Lieshout. Mit Gleichgesinnten gründete er in den großzügigen Räumlichkeiten im Keileweg eine Kommune, die AVL Mundo. „Keine Regeln, nur die eigenen“, lautete das anarchistische Konzept. Die Stadtverwaltung fand das nur eine Zeit lang in Ordnung, und die Polizei schloss den Laden. 2023 dann der Neuanfang. Brutus, unterstützt von unter anderem der vermögenden Stiftung droom en dad, spaltete sich in zwei unabhängige Bereiche auf: Brutus Space and Brutus Base, der erstgenannte soll ein Tummelplatz für externe Künstler, Projekte und Aktivitäten sein, der zweite dreht sich rund um den Kosmos von Joep van Lieshout.

Künstler Joep van Lieshout in einer Ausstellung mit Bierkisten.
Künstler Joep van Lieshout in einer Ausstellung mit Bierkisten. © Heiko Buschmann | Heiko Buschmann

Der hat in der Zwischenzeit gelernt, groß zu denken. In der boomenden Metropole an der Maas wird Wohnraum immer knapper. Also entwarf Joep van Lieshout ein Konzept für ein Hochhaus, wie es für Rotterdam typisch wäre: kreativ, stylisch und funktional zugleich. „Wir wollten etwas machen, das Architektur, Kunst und Design miteinander verbindet“, erklärt der fast schon rastlos wirkende Macher. Die Entwürfe liegen längst bei der Stadtverwaltung, laut Joep van Lieshout gibt es inzwischen die Zusage, „dass es jetzt bald losgeht“.

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Auf 200 Millionen Euro werden die Baukosten geschätzt, 600 Apartments sollen entstehen, davon 30 Prozent sozialer Wohnungsbau. Unten bleibt Platz für Kunst, da sollen Ateliers und Galerien einziehen. „Die meisten Investoren bauen etwas, holen sich durch Vermietung das Geld wieder rein und sind danach weg“, weiß Joep van Lieshout. „Wir bleiben hier und schaffen etwas mit Bestand.“

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