Den Haag. König Willem-Alexander vereidigt das Kabinett. Strippenzieher ist der Rechtsaußen Geert Wilders. Beobachter zweifeln an den Ministern.

  • Bei der Parlamentswahl in den Niederlanden war die Partei von Rechtspopulist Geert Wilders im November stärkste Kraft geworden
  • Die Gespräche mit potenziellen Koalitionspartnern zogen sich monatelang hin
  • Nun hat das neue Kabinett offiziell die Arbeit aufgenommen

Geht es nach Geert Wilders, dem platinblonden Populisten aus Venlo, beginnt in den Niederlanden eine neue Ära. Öffentliche Sicherheit und die nationale Identität will er in den Fokus schieben: Die „strengste Asylpolitik, die es jemals gab“, verspricht der 60-jährige Rechtsaußen den Wählern seiner Partei für die Freiheit (PVV), die bei der niederländischen Parlamentswahl im November überraschend stärkste Kraft geworden war. Mehr als sieben Monate später und nach zähen Verhandlungen ist die Koalition von Wilders‘ Anti-Islam-Partei mit drei anderen rechten Parteien am Dienstag vereidigt worden.

In einer Zeremonie legten die Minister und Staatssekretäre im Residenzschloss Huis ten Bosch bei Den Haag vor König Willem-Alexander ihr Gelöbnis ab. Die am weitesten rechts stehende Regierung der niederländischen Geschichte hat ihre Arbeit aufgenommen – und wirft die Frage auf, wie radikal das Kabinett agieren wird.

Niederlande-Regierung macht radikale Meinungen salonfähig

Klar ist: Der Rechtsruck steht für einen Wandel der politischen Kultur in dem Land, das Gründungsmitglied der Europäischen Union war. Die Toleranz gegenüber Minderheiten, die Suche nach Konsens zeichneten die niederländische Gesellschaft lange aus, radikale Meinungen waren verpönt – letzteres gilt nicht mehr.

Einerseits hat Wilders Zugeständnisse gemacht, um die rechtsliberale VVD des bisherigen Premiers Mark Rutte, die Mitte-Rechts-Partei NSC und die populistische Bauernpartei BBB zu einem Bündnis zu bewegen. Er verabschiedete sich von Forderungen nach einem EU-Austritt – dem Nexit – und einem Verbot des Korans. Das Amt des Regierungschefs hat er an Dick Schoof abgetreten, den 67-jährigen parteilosen früheren Chef des Geheimdienstes und der Anti-Terrorismusbehörde.

PVV-Parteichef Geert Wilders ist selbst kein Mitglied der niederländischen Regierung, steht aber im Zentrum der Aufmerksamkeit.
PVV-Parteichef Geert Wilders ist selbst kein Mitglied der niederländischen Regierung, steht aber im Zentrum der Aufmerksamkeit. © AFP | Remko De Waal

Andererseits machte er ausgerechnet Marjolein Faber zur neuen Asylministerin – eine 64-jährige Parteifreundin aus der Provinz Utrecht, die wegen ihrer extremen Standpunkte zum Islam und zur Migration heftig umstritten ist. Gerade erst ging sie auf Abstand von der Verschwörungserzählung einer angeblichen „Umvolkung“ – die sie selbst jahrelang vertreten hatte.

Geert Wilders hat viel Einfluss auf das Niederlande-Kabinett

Geert Wilders, der seit mehr als einem Vierteljahrhundert im Parlament sitzt, wähnt sich nach der Vereidigung des Kabinetts am Ende eines langen Weges. „Wir schreiben heute Geschichte“, hatte er bei der Präsentation der Koalitionsvereinbarung getönt. „Die Sonne wird wieder scheinen in den Niederlanden.“

Angesichts fehlender Führungserfahrung der meisten Minister und massiver Zweifel an deren Kompetenz ist jedoch fraglich, wie lange sich das Kabinett von Wilders‘ Gnaden im Amt wird halten können. Sogar die rechtsgerichtete Boulevardzeitung „De Telegraaf“ zweifelt, ob es bis Weihnachten durchhält. „Gegenseitiges Misstrauen und Mangel an Respekt“ attestierte Chefkommentator Wouter de Winther dieser Regierung. Alles weise darauf hin, „dass sowohl VVD als auch NSC wissen, dass sie nur kurz dort bleiben werden.“