Den Haag. Die niederländische Regierung von Ministerpräsident Rutte steht wegen einer Affäre um Betreuungsbeihilfen unter Druck. Kommt es zum Rücktritt?
In den Niederlanden steht die Regierung von Ministerpräsident Mark Rutte wenige Wochen vor der Parlamentswahl wegen einer Affäre um Kinderbeihilfen schwer unter Druck.
Der sozialdemokratische Spitzenkandidat Lodewijk Asscher hat bereits seinen Rückzug aus der Politik angekündigt. Er werde seine Partei nicht in den Wahlkampf führen, erklärte der Fraktionsvorsitzende am Donnerstag über Facebook.
Ehemaliger Sozialminister zieht sich aus Politik zurück
Asscher war bis 2017 als Sozialminister dafür mitverantwortlich. Das erhöht den Druck auf die Regierung von Ministerpräsident Mark Rutte. Sie will am Freitag über einen Rücktritt entscheiden.
Ein Rücktritt der Regierung wird nicht ausgeschlossen. Nach Einschätzung von Beobachtern hätte dies aber nur geringen Einfluss auf die Wahl im März.
Rutte ist gegen Rücktritt in Corona-Krise
In der Beihilfe-Affäre hatte eine parlamentarische Untersuchungskommission über das Vorgehen von Behörden, Regierung und Richtern ein vernichtendes Urteil gefällt. „Die Basisprinzipien des Rechtsstaates wurden verletzt“, urteilte die Kommission bereits im Dezember. Vielen Eltern sei „beispielloses Unrecht“ angetan worden. Das Kabinett hatte nun bis in die Nacht zum Mittwoch über den Bericht der Kommission beraten.
Rutte ist vor allem mit Blick auf die Corona-Krise, die auch die Niederländer schwer belastet, gegen einen Rücktritt. Unklar ist jedoch die Einschätzung seiner drei Koalitionspartner.
Rücktritt von symbolischer Bedeutung
Opposition und Geschädigte fordern den Rücktritt. Ein solcher Schritt hätte vor allem symbolische Bedeutung: Am 17. März wird ein neues Parlament gewählt. In den Umfragen liegt Rutters rechtsliberale VVD weit vorn und könnte er erneut eine Regierung bilden.
Die Steuerbehörden hatten jahrelang von mehr als 20 000 Eltern alle Zuschüsse für die Kinderbetreuung zurück gefordert und sie fälschlicherweise des Betruges bezichtigt. Zahlreiche Familien gerieten dadurch in finanzielle Not. Die Regierung hat sich inzwischen bei den Eltern entschuldigt und Entschädigungen von 30 000 Euro pro Familie zugesagt. (dpa)