Wesel/Hagerstown. Hagerstown und Wesel sind seit mehr als 70 Jahren Städtepartner. Hat die Wahl von Donald Trump als US-Präsident Auswirkungen auf die Verbindung?
Als Richard Wolsing am frühen Mittwochmorgen die Nachrichten anschaltet, zeichnet sich tausende Kilometer weiter westlich schon ab: Donald Trump wird der 47. Präsident der Vereinigten Staaten. Der Flürener schaut mit einem besonderen Blick auf die Entwicklungen in den USA, denn als Vorsitzender der Partnerschaftsvereinigung Wesel-Hagerstown pflegt er seit vielen Jahren intensive Kontakte in Wesels langjährige Partnerstadt.
„Ich bin überrascht und auch enttäuscht über den Ausgang der Wahl“, sagt Wolsing, der lieber die unterlegene Demokratin Kamala Harris als Präsidentin des Landes gesehen hätte. Das sah auch die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler im Bundesstaat Maryland so, in dem sich Hagerstown befindet. Der Staat an der Ostküste gehört nicht zu den Swing States, in der Regel gewinnen hier die Demokraten. Laut dem Newsportal NBC lag Kamala Harris am Mittwoch dann auch deutlich vorne – sie kommt demnach auf gut 60 Prozent der Stimmen. Das bringt ihr (letztlich wohl wertlose) zehn Wahlleute für das Electoral College ein, das in einigen Wochen Donald Trump zum neuen Präsidenten wählen wird.
Hagerstown ist mit gut 43.000 Einwohnerinnen und Einwohnern die sechstgrößte Stadt von Maryland und gehört zum Washington County. Die ersten Ergebnisse der Wahlen liegen nur für das County (eine Verwaltungseinheit vergleichbar mit einem Landkreis) und nicht für die Stadt selbst vor.
Im Gegensatz zum Gesamtergebnis des Bundesstaates machten im County die meisten Wählerinnen und Wähler ihr Kreuz beim verurteilten Straftäter und künftigen Präsidenten Donald Trump. Laut den Berechnungen kommt der Republikaner auf 61,5 Prozent der Stimmen, Harris nur auf knapp 36 Prozent. Da in den Städten meist die Demokraten besser abschneiden, könnte die Verteilung in Hagerstown selbst etwas anders aussehen als im gesamten Landkreis.
Hagerstown liegt in einem republikanischen Bezirk
Wirklich überraschend ist das Ergebnis allerdings nicht: Schon 2020, als Trump im Kampf um das Weiße Haus letztlich gegen Joe Biden unterlag, stimmte eine große Mehrheit im Washington County für den Republikaner. Laut dem offiziellen Wahlergebnis kam er auf 59,3 Prozent der Stimmen, Biden auf 38,4 Prozent. Vier Jahre zuvor erreichte Trump sogar 62,1 Prozent, für die demokratische Kandidatin Hillary Clinton stimmten gerade mal 32 Prozent der Wählerinnen und Wähler.
Im Washington County leben rund 154.000 Menschen, Hagerstown ist die mit Abstand größte Stadt der eher ländlich geprägten Gegend, die sich allerdings nur rund eine Stunde von der Hauptstadt Washington D.C. entfernt befindet. Die Bevölkerung des Bezirks ist mehrheitlich weiß, bei dieser Gruppe der US-Amerikaner hat Trump laut ersten Befragungen bei der Präsidentschaftswahl einen großen Vorsprung vor Harris.
Wesels Partnerstadt bekommt neuen Bürgermeister
Die lokale Politik sei in der Vergangenheit in Hagerstown selbst eher demokratisch geprägt gewesen, sagt Richard Wolsing. Auch das könnte sich allerdings ändern, denn parallel zu den Präsidentschaftswahlen wurde in der Kleinstadt ein neuer Bürgermeister gewählt. Laut einem örtlichen Nachrichtenportal hat sich der 57-Jährige Bill McIntire durchgesetzt, er ist demnach zwar offiziell ein unparteiischer Kandidat, trat aber mit Unterstützung der Republikaner an.
„Unsere Kontakte vor Ort sind vernünftige Leute“
Trotz des Trump-Sieges und den Veränderungen auf dem Bürgermeister-Posten erwartet Richard Wolsing keine Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen Hagerstown und Wesel. „Unsere Kontakte vor Ort sind vernünftige Leute“, sagt der Vorsitzende der Partnerschaftsvereinigung. Er selbst war zuletzt 2022 mit einer Delegation zum 70-jährigen Geburtstag der Städtepartnerschaft in der US-Stadt, nach einer langen Corona-Pause konnte in diesem Jahr zudem der Schüleraustausch zwischen der dortigen Highschool und dem Konrad-Duden-Gymnasium wieder aufgenommen worden. Was Trump angeht, macht sich Wolsing vor allem Sorgen um die zukünftige Außen- und Sicherheitspolitik der Amerikaner – insbesondere mit Blick auf die Kriege im Nahen Osten und der Ukraine: „Das wird uns in Europa stark betreffen.“