Wesel. In den letzten Tagen wurde die Galeria-Filiale immer leerer. Nun ist das Kaufhaus dicht. Die Beschäftigten verabschiedeten sich auf ihre Weise.

„Noch vier Tage“ hatten die Schilder am Schaufenster des Weseler Kaufhofes noch am Dienstag verkündet. Am Mittwochmorgen wurde daraus plötzlich nur noch ein Tag und am Nachmittag hieß es: 0 Tage. Damit war klar: Früher als geplant ist das endgültige Ende des Weseler Kaufhofes gekommen. Um 17 Uhr wurden die letzten Kunden vor die Tür gebeten. „Traurig, alle schönen Geschäfte in Wesel schließen“, seufzte eine Passantin.

Mitarbeitende des Kaufhofes Wesel verabschiedeten sich mit Blumen und Grablichtern von ihrer Filiale.
Mitarbeitende des Kaufhofes Wesel verabschiedeten sich mit Blumen und Grablichtern von ihrer Filiale. © FUNKE Foto Services | Thorsten Lindekamp

Zuvor hatten die Käufer auf der übrig gebliebenen, kleinen Verkaufsfläche nur noch wenige Restartikel vorgefunden, dafür aber mit Preisnachlässen um bis zu 98 Prozent. Das Unter- und das Obergeschoss waren schon länger geschlossen. „Hier gibt es ja nicht mehr viel“, kommentierte eine Kundin das Angebot und machte wieder kehrt. Andere sicherten sich noch schnell die letzten Schnäppchen.

Kaufhof-Mitarbeiter verabschieden sich mit Blumen und Grablichtern

Um kurz vor 17 Uhr verweigerte der Security-Mitarbeiter den erstaunten Kunden den Zutritt. Wenige Minuten später schlossen sich die Glastüren, kopfschüttelnd standen einige Passanten davor. Mit einer kleinen Geste verabschiedeten sich die Beschäftigten auf ihre Weise von ihrem Arbeitsplatz: Sie stellten einen Tisch gut sichtbar an die Eingangtür. Darauf legten sie einen weißen Blumenstrauß mit einer schwarzen Schleife, umrahmt von vier Grablichtern. Um 17.05 Uhr fuhr das Gitterrollo hinunter – der Kaufhof ist nach 52 Jahren in Wesel Geschichte. „Da bleibt mir glatt die Stimme weg“, sagte eine Frau, die die Szene beobachtete.

Die Kunden waren am Mittwochnachmittag von der Schließung des Kaufhofes in Wesel überrascht.
Die Kunden waren am Mittwochnachmittag von der Schließung des Kaufhofes in Wesel überrascht. © FUNKE Foto Services | Thorsten Lindekamp

Von der Stamm-Belegschaft sind in den letzten Tagen nicht mehr viele Mitarbeiter im Haus gewesen. Ein Großteil habe entweder eine neue Stelle gefunden, sei krankgeschrieben oder feiere Rest-Urlaub und Überstunden ab, heißt es aus Belegschafts-Kreisen. Viele Stammkunden hätten sich in der letzten Zeit schon von den verbliebenen Mitarbeitenden verabschiedet. Die Belastung für sie war in den vergangenen Monaten, in der die Galeria-Belegschaft die dritte Insolvenz des Unternehmens erlebte, sehr groß. „Wir brauchen auch jetzt den Schlussstrich“, sagte eine langjährige Mitarbeiterin zur NRZ.

Nachfolge für den Kaufhof Wesel: Interesse an großen Flächen

Zum 30. August werden die Kaufhof-Flächen leergeräumt sein und die Schlüssel übergeben, bestätigte die Gebäude-Eigentümerin Ines Testrut auf NRZ-Anfrage. Wie es mit der großen Fläche dann weitergeht, ist allerdings noch offen. „Es gibt viele Konzepte und Ideen, aber was am Ende zum Tragen kommt, ist noch völlig unklar“, sagte Testrut. Man sei in Gesprächen mit möglichen Projektentwicklern und mit der Stadt. Ob und wie die Verkaufsfläche für eine Nachnutzung umgebaut werden muss, sei noch nicht entschieden. Das hänge auch davon ab, ob sie an einen oder mehrere Nutzer vergeben werde. „Es ist noch nichts spruchreif, wir stehen noch ganz am Anfang“, betonte die Eigentümerin. Das Parkhaus bleibt auf jeden Fall unabhängig vom Kaufhof geöffnet, ebenso wie die anderen Geschäftslokale im Gebäude an der Hohen Straße, Ecke Kreuzstraße.

Auch die städtische Wirtschaftsförderung bemüht sich um neues Leben für die Kaufhof-Fläche. Tatsächlich scheint es Interessenten für die Weseler Innenstadt zu geben. „Wir hatten in der Vergangenheit immer wieder mal Nachfragen nach größeren Flächen“, so Stadtsprecher Swen Coralic. Wie lange es aber dauern könnte, bis neue Mieter gefunden sind, darüber wagt derzeit niemand eine Prognose.

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