Wesel. 2024 ist ein nasses Jahr mit Herausforderungen für Obstbauern. Frost und Hagel schädigen Ernten in ganz Deutschland – auch am Niederrhein.
Das Jahr 2024 war, was das Wetter angeht, bisher vor allem eines: nass. Und obwohl ein etwas kühlerer, verregneter Sommer vermutlich vielen lieber ist als die Dürre und Hitze, die in den letzten Jahren in Teilen Deutschlands herrschte, haben auch Kälte und Nässe negative Auswirkungen – unter anderem auch auf die Landwirtschaft. Nicht umsonst fordert der Provinzialverband rheinischer Obst- und Gemüsebauern Hilfen aus den EU-Krisenfonds für frostgeschädigte Obstbauern.
Pilzkrankheiten machen Äpfeln zu schaffen
Auch in Wesel macht sich das wechselhafte Klima bemerkbar, wie Julius Heinen vom Spargel- und Obsthof Heinen in Wesel-Obrighoven und Rolf Clostermann vom Neuhollandshof in Bislich berichten. „Wir haben in diesem Jahr mit Pilzkrankheiten zu kämpfen“, sagt Julius Heinen. „Deshalb haben wir deutlich mehr Pflanzenschutz betreiben müssen, damit die Äpfel nicht faulen.“ Der Haupterreger im Apfelanbau ist der Schorfpilz, der neben Mehltaupilzen zu den häufigsten Krankheitserregern im Obstgarten gehört. Apfelschorf wird von einem Pilz mit dem Namen Venturia inaequalis verursacht und sorgt für bräunliche, oft eingerissene Stellen an Blättern und Früchten. Von Schorfpilz befallene Äpfel sind zwar genießbar, aber nicht gut zu lagern. Denn die Schorfstellen stellen Eintrittspforten für Fäulnispilze dar.
Neben weiteren Erkrankungen, wie der Kelchfäule, die entsteht, wenn Äpfel in der Blüte zu viel Regen abbekommen, waren für Heinens Plantage vor allem niedrige Temperaturen und Hagelschläge ein Problem. Ein Teil des Apfelbestandes der niederrheinischen Bauernfamilie habe hierdurch großen Schaden genommen, weil die Äpfel schon im Anfang ihres Wachstums beschädigt wurden. „Dabei ist bei vielen Äpfeln in einer unserer Parzellen die Schale durchbrochen worden und sie fangen deshalb an zu faulen, bevor sie reif sind“, berichtet Julius Heinen.
„Wir kämpfen außerdem jedes Jahr wieder mit dem Blütenfrost“, ergänzt er. Dadurch, dass die Blütezeit durch den Klimawandel immer früher komme, sei die Wahrscheinlichkeit für Frost während der Blüte sehr groß. Dagegen beregnet der Landwirt seine Pflanzen, was jedoch mit viel Arbeit verbunden ist. Die Apfelernte beginnt Anfang August, wobei der Erntezeitpunkt je nach Apfelart variiert. Für die Ernte sollte es trocken sein, denn wenn die Äpfel trocken eingelagert werden, halten sie sich länger. „Ideal wären warme Tage, mit Temperaturen um 21 Grad und kühle Nächte“, erklärt Julius Heinen. „So bekommen die Äpfel nochmal deutlich mehr Farbe und werden süßer.“ Wenn er die Parzelle mit dem Hagelschlag auslasse, dann rechne er in diesem Jahr mit einer guten Ernte.
Der Regen war auch von Vorteil
„Für unsere Äpfel war der Regen eher von Vorteil. Dadurch werden sie größer“, sagt Biobauer Rolf Clostermann. „Außerdem mussten wir in diesem Frühjahr nicht beregnen“, erklärt der Landwirt. Auch mit Hagel habe er weder in der Vergangenheit noch in diesem Jahr Probleme gehabt. „Aber in Meckenheim, dem größten geschlossenen Obstbaugebiet in Nordrhein-Westfalen, sind 800 Hektar restlos kaputt gefroren.“ Deshalb wird die Apfelernte in Deutschland insgesamt schlechter ausfallen als in Vorjahren.
Auf seiner Apfelplantage am Niederrhein habe er allerdings ein anderes Problem gehabt. „Die Blüte war okay und die Bienen sind geflogen. Aber nachdem die Pollen auf der Blüte waren, wurde das Pollenschlauchwachstum und die Entwicklung von der Blüte zum Apfel durch niedrige Temperaturen verhindert“, erklärt der erfahrene Landwirt. „Deshalb wird die Ernte in diesem Jahr bei uns eher mittelmäßig bis etwas schwächer ausfallen.“
Sonnenbrand und Klimawandel
Als Biobauer setzt Clostermann bevorzugt auf neuere Apfelsorten, die speziell für den Bioanbau geeignet und widerstandsfähiger sind. Am Spektrum von Sorten auf den Apfelplantagen könnte man gut das Voranschreiten des Klimawandels erkennen. Sorten, die ursprünglich aus wärmeren Regionen importiert wurden, wachsen jetzt auch in Deutschland und speziell auch am Niederrhein. Der Landwirt ist Mitglied in einem Züchterverein, der durch Kreuzungen bewährter Sorten neue Äpfel züchtet.
„Sonnenbrand beim Obst kannte ich aus meiner Jugend nur aus Italien“
Doch die Wärme bringt auch Probleme mit sich. „Dadurch hat man nicht mehr nur eine, sondern zwei Generationen von Obst-Maden, den sogenannten Apfelwicklern“, meint er. Ein deutlich sichtbares Problem sei aber der Sonnenbrand. Um dem vorzubeugen, könne man beregnen und dadurch die Äpfel abkühlen. „Sonnenbrand beim Obst kannte ich aus meiner Jugend nur aus Italien“, sagt Clostermann. Jetzt ist es auch in unserer Region häufig zu finden.
All das hat zur Folge, dass der Großhandel vermehrt Äpfel aus dem Ausland importieren wird und dass für deutsche Äpfel die Preise steigen werden. Rolf Clostermann erwartete einen Ernteausfall von 25 bis 30 Prozent, abhängig von der Lage und den Apfelsorten. „Pauschal kann man die Ausfälle schwer prognostizieren. Aber hier am Niederrhein geht’s noch“, sagt er.