Hünxe. Im Otto-Pankok-Museum startet die Ausstellung „Die Passion in Zeiten des Widerstandes“. Ein Bild hätte es fast nicht nach Hünxe geschafft.

Kriege und Krisen spiegeln sich in der Kunst wider. Das zeigt ab Sonntag sehr eindrücklich die Ausstellung „Die Passion in Zeiten des Widerstandes“ des Otto-Pankok-Museums in Hünxe. Sie setzt Kohlegemälde von Otto Pankok (1896 bis 1966) zu Kunst aus der Ukraine in Beziehung. Werke der Ausnahmekünstler Otto Dix (1891 bis 1969) und Käthe Kollwitz (1867 bis 1945) ergänzen die Schau. 

Otto Pankok hatte der Erste Weltkrieg geprägt und das Erlebte beeinflusste fortan sein Werk. Der Krieg hatte ihm außerdem sehr feine Antennen für drohendes Unheil verliehen. Die sechzig Bilder seines Zyklus „Passion“ aus den Jahren 1933/34 zeigen dies deutlich. Da lag es fast schon nahe, einige davon in Beziehung zu Werken ukrainischer Kunstschaffender zu setzen, die die russische Aggression gegen ihr Land umtreibt und die wie Pankok Bezüge zu christlichen Motiven und besonders zum Leidensweg Christi herstellen.

Neue Ausstellung in Hünxe ist gut kuratiert

Museumsleiterin Dagmar Schmengler und die ukrainische Kunsthistorikerin Olga Sobkovych haben mit sicherer Hand kuratiert und es geschafft, das Universelle des Pankok‘schen Zyklus herauszuarbeiten. Die Trauer, das Entsetzen, das Pankok etwa den Frauen ins Gesicht schreibt, als Jesus mit dem Kreuz auf der Schulter zu ihnen spricht, findet sich genauso bei den Menschen, die Pankoks ukrainischer Zeitgenosse Osyp-Roman Sorokhtei (1890 bis 1941) auf seinen beiden 1930 geschaffenen Kreuzweg-Zyklen schuf.

Dieses Bild von Ostap Lozynskyi ist ebenfalls in der Ausstellung zu sehen.
Dieses Bild von Ostap Lozynskyi ist ebenfalls in der Ausstellung zu sehen. © FUNKE Foto Services | Markus Weißenfels

In den beginnenden 1930er-Jahren ahnten viele Künstler bereits, dass wieder die schlimmen Zeiten bevorstanden, wie sie Otto Dix in seinem kleinen, symbolhaften Bild „Grabkreuze“ 1917 festgehalten hat: Es herrscht Chaos, kein Stein bleibt auf dem anderen, blutrot ist die vorherrschende Farbe. Gut, Dix´ Werk nun für eine Weile am Niederrhein zu sehen. 

Pankok-Museum: Ein Bild hätte es fast nicht nach Hünxe geschafft

Ein sehenswertes Bild hätte es fast nicht nach Hünxe geschafft: Ulyana Nyshchuks „Siehe dein Sohn“, erst kürzlich gemalt. „Es lag beim deutschen Zoll“ berichtet Museumsleiterin Schmengler, und es kostete Mühe, der Behörde klarzumachen, dass es kein Kauf, sondern eine Leihgabe ist.

„Gehörte die Ukraine schon zu Europa, wäre das nicht passiert“, glaubt Schmengler. Das Bild zeigt Jesus, der angesichts des Grauens ringsum nicht mehr mittig am Kreuz hängt. Die Künstlerin hat neben Acryl und Blattgold Levkas verwendet, eine spezielle Kreide – eine ganz besondere Material-Mischung.

Zwei weitere Highlights: Pankoks Deckblatt des Passions-Zyklus, das Jesus inmitten von Folterwerkzeugen zeigt. Ein überraschendes Bild, könnte es doch der Pop Art entstammen.

Und dann der sechzehnteilige Zyklus auf Öl von Ostap Lozynskyi (1983 bis 2022). „Beunruhigung. Landschaftsskizze“ nennt der kurz vor dem russischen Überfall an einem Schlaganfall verstorbene Maler seine über zwei Museumswände verlaufende Sequenz auf Öl, die weiß beginnt und schwarz endet – das Licht führt in die Finsternis.

„Er hat auch das Düstere, Vorausahnende wie Pankok“, sagt Schmengler. Der Maler zeigt darin seine Verwurzelung in der europäischen Kunstgeschichte, man ahnt fast Goyas schwarze Gemälde. Die großen Hände seiner gepeinigten Menschen stehen, wie auch bei Pankok oder auf Käthe Kollwitz´ Holzschnitt „Das Volk“, für den Schmerz und die Trauer. Es berührt, was die beiden Kuratorinnen da zusammengestellt haben.