Wesel. Gegen den Gründer des „Balance-Recovery Life Center“ werden Gewalt-Vorwürfe erhoben, die Sekte ist ausgezogen. Nun gibt es einen neuen Besitzer.

Was sich hinter den alten Mauern des „Haus Constanze“ abgespielt haben soll, ist schwer vorstellbar. Dem „spirituellen Führer“ des Zentrums „Balance-Recovery Life Center“, das 2017 in dem Traditionsgasthaus eröffnete, werden 20 Fälle von Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Nötigung und Vergewaltigung sowie sexuelle Nötigung vorgeworfen.

Die Betreiber des Hauses mit Gastronomie, Seminarräumen für „Selbstheilung“ und Wohnungen galten bei vielen Weselern zwar als „komisch“ – aber solche Taten hätte wohl niemand im idyllischen Diersfordt nahe des Schlosses vermutet.


Unter den zehn Opfern der Attacken aus der Gemeinschaft des 57-jährigen Wilri W. soll auch ein 16-Jähriger gewesen sein.
Die Taten haben sich laut Landgericht Duisburg im Zeitraum zwischen 2016 und und 2020 abgespielt
– und zwar an vier Orten, wie Pressesprecherin Sarah Bader mitteilt: Im Haus Constanze, auf der Grav Insel, wo der Angeklagte zeitweise neben einer Gastronomie auch einen Bungalow besessen haben soll, sowie in einer Privatwohnung in Hamminkeln.

Betreiber des Haus Constanze stritten ab, eine Sekte zu sein

In Brünen gibt der Beschuldigte eine Adresse auf der Pollschen Heide an. Im August wurde er festgenommen, seit dem 6. August befindet sich der Mann in Untersuchungshaft, bestätigt die Staatsanwaltschaft.


Die Betreiber des Hauses haben sich öffentlich als sozial und offen dargestellt. „Wir sind keine Sekte“,
hatte ein Mitglied der Gemeinschaft 2017 bei der Eröffnung gegenüber der NRZ betont.
„Wir wollen das Gegenteil: Menschen sollen wieder selbstständig werden, nicht mehr abhängig sein.“ Die Constanze sollte ein Ort werden, an dem sich Leute begegnen. Die Vorwürfe zeichnen ein anderes Bild.

Das Haus Constanze ist derzeit verlassen. Seit März diesen Jahres steht es leer, damals soll es eine Zwangsräumung mit Hilfe der Polizei gegeben haben.

Sektenmitglieder haben mit der Gemeinschaft gebrochen


Die Gemeinschaft hatte das Gebäude gepachtet, aber offenbar Differenzen mit dem Verpächter.
Der erklärte gegenüber der NRZ in einem früheren Gespräch,
er habe keine regelmäßigen Zahlungen erhalten. Das Haus wurde schließlich zwangsversteigert.

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Seit Juni ist nun Klaus-Peter Reintges aus Hamminkeln Besitzer des Gebäudes. Er hat das Haus gemeinsam mit einem Geschäftspartner übernommen, weil ihm das alte Gebäude so gut gefallen hat, wie er der NRZ auf Anfrage erklärt – allerdings war es völlig vermüllt. Der Unternehmensberater und Immobilienentwickler ist gerade noch dabei, die Hinterlassenschaften der Vorbesitzer zu beseitigen.

Bericht über Ausbeutung

Sperrmüll liegt hinter dem Haus gestapelt, er soll nächste Woche abgeholt werden. Auch in Inneren liegt Gerümpel herum. Als er das Haus übernahm, waren die ehemaligen Pächter bereits weg, berichtet Reintges. Im September sei die Polizei gekommen, habe das Haus durchsucht, einige Sachen mitgenommen. Einmal kam auch ein Mann, der offenbar zu der Gemeinschaft gehört hatte.



Im Gespräch erklärte er, die früheren Bewohner hätten mit der Gemeinschaft des Niederländers gebrochen. Er habe sie ausgenutzt und ausgebeutet, als sie in einer schwierigen Lage waren. Die Mitglieder mussten tun, was er sagt, erzählte der Mann. Ansonsten habe er keinen Kontakt zu den früheren Bewohnern gehabt, so Reintges.

>>Mieter gesucht für Haus Constanze


Klaus-Peter Reintges will die frühere Traditionsgaststätte nun wieder herrichten, die fünf
Wohnungen vermieten
und einen Pächter für das Untergeschoss suchen – am liebsten wieder jemand aus der Gastronomie.


Die ersten Wohnungsinteressenten waren bereits zur Besichtigung da. Für das Untergeschoss kann sich Reintges auch – sollte sich
kein Gastronom
finden – Gewerbe vorstellen, etwa eine Werbeagentur.