Kreis Wesel. Die Liberalen im Weseler Kreistag drängen auf mehr Möglichkeiten zum Boostern und kritisieren Landrat Ingo Brohl – mehr Kreativität sei gefragt.
Beim Boostern muss noch mehr gehen, sagt die Kreis-Weseler FDP und fordert mehr Engagement von der Kreisverwaltung: Wie berichtet, beantragt sie eine Impfstelle in jeder kreisangehörigen Stadt und sattelt jetzt drauf: „Wir sind sehr verärgert, wie die Sache im Kreis Wesel angegangen sind, wir haben schon jetzt weit mehr als 100.000 Menschen, deren Erstimpfung sechs Monate zurück liegt“, sagt Fraktionschef Rudolf Kretz-Manteuffel, „und es werden immer mehr“. Derzeit liege die Impfkapazität des Kreises bei rund 1000 bis 1500 am Tag, „wir brauchen aber 3000 bis 4000 am Tag“. Die Impfstellen in Wesel, Dinslaken und Kamp-Lintfort arbeiten nur noch mit Termin, „es gibt aber keine!“ Und die Hausärzte seien jetzt im Herbst ausgelastet.
Feuerwehren, THW und Bundeswehr ins Boot holen
Die Liberalen haben sich umgeschaut und machen Vorschläge, wie eine massive Ausweitung der Impfkapazität funktionieren könnte: Die festen Impfstellen mit langen Öffnungszeiten in allen Städten könnten die Feuerwehren, THW und die Bundeswehr betreiben.
Als Beispiel nennt Kretz-Manteuffel Duisburg, wo hauptamtliche Feuerwehrleute die Impfstellen unterstützen. „Booster-Sonntage“ im Advent mit zeitweisen Impfstellen in allen Kommunen, zentrumsnah, könnten viel bewegen: in Schulen, Gemeindesälen, an Orten, die auch der Blutspende zur Verfügung stehen. „Dazu lassen sich Haus- und Fachärzte bewegen“, sind sich Kretz-Manteuffel und der Bundestagsabgeordnete Bernd Reuther sicher.
„Der Kreis könnte die Ärzte gezielt ansprechen und an die Kassenärztliche Vereinigung Nord weitermelden, statt auf deren Meldungen zu warten.“ Eine Anfrage bei der Bundeswehr habe ergeben, dass die Militärärzte und Sanitätspersonal stellen könnte. Ein weiterer Ansatz ist es, bestehende Teststellen - beispielsweise in Apotheken - zu Impfstellen zu machen.
Kreative Lösungen sind gefragt
„Wir sind besorgt, dass hier so wenig passiert, wir sehen in den Nachbarkreisen wie es gehen kann“, sagt der FDP-Fraktionschef, „jetzt ist der Landrat gefordert. Es ist seine Aufgabe, mehr Impfstellen zu schaffen.“ Kretz-Manteuffel bescheinigt der Kreisverwaltung „Bräsigkeit und eine große Selbstzufriedenheit. Es wird immer abgewehrt, was sich andernorts bereits bewährt.“
Bernd Reuther sieht das genauso: „Es ist genug Impfstoff da, das Personal ist kein Problem. Es fehlen die kreativen Lösungen, den Impfstoff zu den Menschen zu bringen.“ Er kritisiert auch das „sklavische Festhalten an der Sechs-Monats-Frist“. In Duisburg sei es kein Problem, nach fünfeinhalb Monaten die Auffrischung zu bekommen, in Berlin und Bayern auch nicht. In Kamp-Lintfort sei eine junge Frau, die ihre Oma pflegt, einen Tag vor Ablauf der Frist weggeschickt worden, sie habe sich schließlich in Homberg impfen lassen.
Auf Anfrage erklärt der Kreis Wesel, dass er sich an die Empfehlungen des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit, Soziales halte: Das hat erst in der vergangenen Woche eine Frist von 5,5 Monaten zugelassen. „Danach verfahren wir jetzt“, sagt Eva Richard von der Pressestelle.
Die Zeit drängt, so die Liberalen: es gebe mehr als 35.000 Menschen über 80 Jahren im Kreis Wesel und mehr als 44.000 haben ihren 70. Geburtstag bereits gefeiert. Menschen, die schnell eine Auffrischung bekommen sollten.