Wesel. Mit dem Weihnachtsgeschäft ist der Handel in Wesel durchaus zufrieden. Doch ein erneuter Lockdown könnte für viele Geschäfte zum Problem werden.

Mittwochmittag in der Weseler Innenstadt: Die Hohe Straße ist gut besucht, vor einigen Läden wie dem Kaufhof hat sich eine längere Schlange gebildet, auch wer in der Mayersche-Buchhandlung die letzten Geschenke einkaufen möchte, muss an der Kasse länger warten, bis er oder sie an der Reihe ist. Man könnte beinahe meinen: Es ist ein ganz normaler Tag, in einer ganz normalen Vorweihnachtszeit.

Doch normal ist in diesen Tagen eigentlich kaum etwas, auch wenn man sich an vieles gewöhnt hat vor dem zweiten Weihnachtsfest im Schatten der Pandemie. Die Schlangen vor den Geschäften bilden sich nicht, weil der Andrang so riesig ist – sondern weil vor dem Einlass kontrolliert werden muss, ob die Kundinnen und Kunden geimpft oder genesen sind. 2G-Alltag.

Trotz aller Belastungen durch die Corona-Auflagen sind die Händler und Händlerinnen in Wesel zufrieden mit den vergangenen Tagen, immerhin die wichtigsten des ganzen Jahres. „Es sind zunehmend Kunden in die Stadt gekommen, wir hatten zuletzt sehr gut besuchte Tage“, sagt Philippe Tenhaeff, der Vorsitzende der Weseler Werbegemeinschaft, in der sich rund 60 Einzelhändler zusammengeschlossen haben. „Es wird zum Glück weiterhin vor Ort eingekauft“, so Tenhaeff.

Bändchen-Modell in Wesel hat die Nachfrage gesteigert

Einen Grund für die gestiegene Nachfrage sieht der Händler in dem Bändchen-Modell, das am vergangenen Freitag in Wesel gestartet ist, um die 2G-Auflagen einfach zu kontrollieren. „Das ist gut angekommen und hat sicher dazu geführt, dass viele Menschen ein besseres Gefühl beim Einkaufen haben“, meint Tenhaeff. Generell habe er eine große Disziplin festgestellt, was Abstände einhalten und Masken tragen beim Shopping angeht.

Philippe Tenhaeff mit den Bändchen, mit deren Hilfe die 2G-Regeln im Einzelhandel in Wesel kontrolliert werden.
Philippe Tenhaeff mit den Bändchen, mit deren Hilfe die 2G-Regeln im Einzelhandel in Wesel kontrolliert werden. © FUNKE Foto Services | Erwin Pottgiesser

So gehen Tenhaef und viele seiner Kolleginnen und Kolleginnen mit einem positiven Eindruck aus einem schwierigen Jahr. Vor dem vergangenen Weihnachtsfest hatte ja der Lockdown begonnen, bis zum Frühjahr mussten die Geschäfte geschlossen bleiben und konnten über Monate nur Waren zum Abholen anbieten. Im Vergleich dazu wirken die 2G-Regeln in der Tat eher wie ein Problemchen.

Einzelhandelsverband Niederrhein sieht den Handel als Sündenbock

Doris Lewitzky malt das Bild deutlich düsterer. Die Geschäftsführerin des Einzelhandelsverbandes Niederrhein, der auch für den Kreis Wesel zuständig ist, sagt über dieses Weihnachtsgeschäft: „Unsere Erwartungen sind enttäuscht worden.“ Anfang November hätten die meisten Geschäfte noch sehr positiv auf die anstehenden Wochen geschaut – dann kamen die vierte Welle und die verschärften Auflagen. Vielen Menschen hätte da nicht mehr der Sinn nach entspanntem Weihnachtsshopping gestanden.

Der Handel sei zu „einem Sündenbock der verfehlten Corona-Politik“ geworden, findet Lewitzky, dabei sei er nie ein Treiber von Infektionen gewesen. Im Vergleich zu den Jahren vor der Pandemie ist die Frequenz in den Innenstädten nach ihren Angaben um 42 Prozent zurückgegangen, der Umsatz um mehr als ein Drittel.

Große Sorge vor der Ausbreitung der Omikron-Variante

Angesichts der befürchteten massiven Ausbreitung der Omikron-Variante blickt die Handelsexpertin mit großer Sorgen auf die nächsten Tage und Wochen. Ein erneuter Lockdown könnte für viele Läden, die sich bisher noch so gerade über Wasser gehalten haben, das Aus bedeuten. „Viele Reserven sind aufgebraucht, jedem zweiten Betrieb droht der Existenzkampf.“

Auch Philippe Teanhaeff beobachtet die politischen Entscheidungen zu den Corona-Maßnahmen genau und war am Dienstag nach der Bund-Länder-Runde erleichtert, dass erstmal nicht von erneuten Schließungen im Handel die Rede ist. Denn nach dem Weihnachtsfest stehen noch mal umsatzstarke Tage an – es wird umgetauscht und viele Menschen haben frei. Die nächste Bändchen-Großbestellung für die Einlasskontrollen kommt dann ganz sicher.

Die vierte Corona-Welle hatte und hat nicht nur Auswirkungen auf den Einzelhandel, sondern auch auf viele geplante Veranstaltungen in der Vorweihnachtszeit. So wurde am zweiten Adventswochenende der beliebte Adventsmarkt am Dom abgesagt, genauso wie der verkaufsoffene Sonntag in der Innenstadt. Der Weseler Winter konnte immerhin in einer abgespeckten Version über die Bühne gehen. Dennoch zieht Thomas Brocker, der Geschäftsführer von Wesel Marketing, eine positive Bilanz: „Die Resonanz an der Eisbahn war sehr gut, vor allem von Kindern und Jugendlichen.“