Wesel. An der Realschule soll ein dreigeschossiger Anbau mit einem Beton-Druckverfahren errichtet werden. Für eine Schule wäre das bisher einzigartig.

Das Projekt, das der städtische Gebäudeservice an der Konrad-Duden-Realschule plant, wäre nicht nur für die Stadt eine Sensation, sondern hätte auch „Strahlkraft weit über Wesel hinaus“. Davon ist Dezernentin Annabelle Brandes überzeugt. Im Spätsommer 2022 könnte an der Schule ein dreigeschossiger Anbau entstehen – komplett von einer Art 3D-Drucker vor Ort erstellt.

Noch ist der Bau nicht endgültig in trockenen Tüchern. Aber Annabelle Brandes und ihr Fachbereichsleiter Thorsten Hummel sind begeistert von dem Plan, für den die Stadt mit dem Architekturbüro Mense-Korte aus Beckum einen Partner gefunden hat. Das Büro hat in seiner Heimatstadt bereits ein Einfamilienhaus gedruckt, das die Fachleute aus Wesel besichtigt haben. Der Schulanbau wäre aber das erste öffentliche Gebäude aus dem Drucker und zugleich mit zehn Metern das höchste, berichtet Annabelle Brandes. „Stand heute, das kann sich natürlich schnell ändern.“ Derzeit gebe es ein acht Meter hohes Haus in Dubai.

Mauern für das Schulgebäude werden schichtweise „gedruckt“

Ein Gebäude aus dem Drucker ist schwer vorstellbar. Wie funktioniert die Technik? Am Bauplatz wird ein großer Stahlrahmen aufgebaut, erklärt Thorsten Hummel. Darauf wird ein Druckkopf (Extruder) installiert, der jede Stelle des Bauplatzes erreichen kann. Das vorab detailliert digital geplante Haus wird nun computergesteuert „gedruckt“ – mit dem Unterschied, dass aus dem Extruder, der die Fläche nach Plan abfährt, Beton fließt. Schicht für Schicht trägt das System das Material auf, die Mauern werden in der benötigten Stärke gegossen. Dadurch haben sie am Ende eine Art Rillenstruktur – was für die Akustik des Gebäudes von Vorteil ist, wie Hummel betont, denn diese Struktur zerstreut den Schall.

Die Fachleute der Stadt sehen noch weitere Vorteile bei dieser innovativen Bauweise: Da ist einmal die Zeit. Es dauert nur wenige Tage, bis eine Etage fertig ist. Aufgrund der Größe des dreigeschossigen Anbaus, der pro Stockwerk vier Klassenräume beherbergen wird, muss der Drucker wohl einmal versetzt werden, sonst ginge es noch schneller. Außerdem ist die Bauweise sehr leise. Der Unterricht könnte während der Bauzeit weiter laufen.

3D-Druckverfahren für Schulneubau würde Zeit sparen

Und: Beim Druckverfahren könnten Aussparungen für Türen, Fenster und Leitungen direkt mit gegossen werden, auch das spart Zeit.

So könnte im kommenden Jahr auch die Schulbaustelle an der Konrad-Duden-Realschule aussehen: Ein Haus wird in einem neuartigen Beton-Druckverfahren errichtet.
So könnte im kommenden Jahr auch die Schulbaustelle an der Konrad-Duden-Realschule aussehen: Ein Haus wird in einem neuartigen Beton-Druckverfahren errichtet. © Unbekannt | Architekturbüro Mense-Korte

Das Projekt wurde bei den Klausurtagungen der Parteien bereits der Politik vorgestellt und grundsätzlich begrüßt, berichtet Annabelle Brandes. Die Grünen hatten allerdings Bedenken im Hinblick auf den Klimaschutz angemeldet, da es sich um ein konventionelles Betongebäude handelt. Eigentlich setzt die Stadt derzeit bei neuen Schulgebäuden auf Holzrahmenbau. Allerdings, argumentiert die Verwaltung, verbessert die Tatsache, dass der Beton nach der Nutzung wiederverwertet werden kann, die Klimabilanz. Ein Gründach, eine Geothermie-Heizung sowie die Verwendung von Holz im Inneren und beim Fassadenausbau kommen dazu.

Beton-Druckverfahren: Stadt hofft auf Förderung für Bauprojekt

Annabelle Brandes kann sich ein solchen Pilotprojekt für Wesel vorstellen und hat es dem NRW-Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung vorgestellt. „Dort hat man auch Interesse daran.“ Möglicherweise kann die Stadt auf eine Förderung hoffen für das Gebäude aus dem Drucker, das nach derzeitigen Schätzungen mit vier Millionen Euro etwa so teuer werden würde wie eine Ausführung in Holzrahmenbau.

Wenn die Politik keine Bedenken hat und auch der städtische Gestaltungsbeirat das neuartige Gebäude gutheißt, können die Planungen weitergehen – und vielleicht ist Wesel im kommenden Sommer die erste Stadt in der Region, die sich ein Schulhaus druckt.

Innovatives Bauprojekt wird der Politik vorgestellt

In der kommenden Woche werden Mitarbeiter des Architekturbüros das Verfahren dem Ausschuss für Gebäude und Digitalisierung präsentieren und die Technik erklären. Zur Anschauung zeigt die Stadtverwaltung vor der Sitzung am Donnerstag um 16.30 Uhr im Ratssaal ihren 3D-Drucker, der Gegenstände in deutlich kleinerem Format ausdrucken kann.