Wesel. Dürfen Frauen ohne Bikini-Oberteil baden und sonnen? In Wesel und Umgebung gibt es vielerorts keine eindeutigen Regeln. Was wo gilt.
Wie viel Haut darf im Freibad gezeigt werden – und vor allem: welche Stellen? Bundesweit wird darüber diskutiert, nachdem zuerst Göttingen und später auch Siegen das Oben-ohne-Schwimmen für Frauen explizit erlaubt haben. Aber muss das überhaupt ausdrücklich gestattet werden? Welche Regeln am Auesee und den Bädern in der Umgebung gelten.
Der Weseler Auesee dürfte für Bürgerinnen und Bürger im Sommer 2022 zu den ersten Bade-Anlaufstellen gehören, da das Freibad wegen den Umbaumaßnahmen zum Kombibad derzeit nicht in Betrieb ist. Doch die Frage, wer sich hier wie zu bekleiden hat, wird zumindest schriftlich nirgends beantwortet. In der sogenannten „Benutzungsordnung für das Freizeitzentrum Rheinaue-Park“ steht lediglich, dass sich jeder so zu verhalten habe, „dass kein anderer gefährdet, geschädigt oder mehr als den Umständen nach unvermeidbar behindert oder belästigt wird.“ Zählt aber das Entblößen der weiblichen Brust als Belästigung?
Nur wenige Frauen wollen am Auesee „Oben ohne“ baden
Offenbar nicht. Von der Stadt heißt es, am Auesee werde geduldet, wenn Frauen sich dort des Bikini-Oberteils entledigen. Allerdings, so erklärt es Stadtsprecher Swen Coralic, komme das nur überaus selten vor – und wenn, hielten sich die Oben-Ohne-Nutzerinnen meist am Rand des Badebereichs auf. So kommt es, dass das Thema bislang nie diskutiert werden musste, auch größeren Streit habe es darüber nie gegeben.
Ähnlich ist die Lage am Tenderingssee in Hünxe. Zwar sei hier das FKK-Baden, also die gänzliche Nacktheit verboten, erläutert Badleiter Sebastian Schur, eine Regelung, die ausschließlich die weibliche Brust betrifft, gebe es jedoch nicht. Und wird scheinbar auch nicht gebraucht, denn: „Es kommt hier tatsächlich gar nicht vor“, so Schur weiter.
Was gehört zur „Badebekleidung“?
Anders sieht es in den Weseler Bädern aus. Abgesehen von der Heuberg-Sauna (die natürlich textilfrei ist) seien die übrigen Bereiche sowohl des Heuberg- als auch des Bislich-Bades „mit Badebekleidung“ zu nutzen, erläutert Bäder-Chef Martin Christoph. Und zur Badebekleidung gehöre das Bikini-Oberteil bei Frauen dazu. Allerdings, räumt er ein, „haben wir dazu noch keinerlei Anfragen“, insofern wurde die Thematik auch in jüngerer Zeit nicht diskutiert.
In Hamminkeln wiederum wird ein fast gleichlautender Passus in der Badeordnung des Freibads Dingden anders interpretiert. Auch hier steht, das Schwimmen sei „nur in Badekleidung gestattet“ – und das heiße eben nicht eindeutig, dass das Bikinioberteil dazu gehöre, erklärt Rita Nehling von der Stadt Hamminkeln. Bislang aber halten sämtliche Nutzerinnen das Bikini-Top an, Diskussionen darum gab es nie, das Oben-ohne-Baden oder -Sonnen „ist bei uns kein Thema“, sagt Nehling.
Helmut Wisniewski, der Vorsitzende des Freibadvereins Dingden, der das Bad immer vom 1. Mai bis zu den Sommerferien betreibt, reagiert indes ablehnend auf mögliches Oben-ohne-Baden an der Krechtinger Straße: „Nein, sowas machen wir nicht“, erklärt Wisniewski.
Debatte nahm in Göttingen ihren Anfang
Angestoßen wurde die aktuelle Debatte in Göttingen. Hier wurde – bereits im Vorjahr – eine Person ohne Oberteil eines Schwimmbads verwiesen. Diese identifiziert sich selbst als non-binär (also weder weiblich noch männlich), das betroffene Schwimmbad hatte sie aber als weiblich angesehen und einen Verstoß gegen die Badeordnung bemängelt. Darauf hat nun der Göttinger Sportausschuss reagiert: In Göttinger Schwimmbädern dürfen nun am Wochenende alle Badegäste – egal, welchen Geschlechts – ohne Oberkörperbekleidung kommen.