Kreis Wesel. Die umjubelte Wutrede von Frederik Paul gegen die CDU-Spitze haben im Internet schon mehr als 100.000 Menschen gesehen. Das fordert er jetzt.

„Die Union: keine Position.“ Das sind die Worte, mit denen Frederik Paul seinem Unmut Luft macht. Und zwar mit jedem aufgezählten Thema ohne klares Profil seiner CDU lauter und emotionaler. Ob ökologische Landwirtschaft, Frauenquoten oder Mindestlohn; dass seine Partei vor der Bundestagswahl im „Wahlomat“ keine klare Kante gezeigt hat, passt dem Vorsitzenden der Jungen Union im Kreis Wesel so gar nicht.

Das ließ er die Generalsekretäre Paul Ziemiak (CDU) und Markus Blume (CSU) beim Deutschlandtag der JU am Samstag in Münster spüren. „Wie kann das sein? Sorry, aber das ist nur der Anfang“, rief der Alpener in Richtung der Spitzenfunktionäre. Dafür erntete er nicht nur im Saal frenetischen Jubel der Parteijugend. Auch im Netz sorgte der emotionale Ausbruch für Diskussionsstoff. Mehr als 125.000 Aufrufe allein auf Twitter sammelte das Video, in dem Paul seinem Frust freien Lauf lässt.

JU-Vorsitzender im Kreis Wesel: „CDU ist politisch zu beliebig geworden“

Frust, der einfach mal raus musste, wie der 25-Jährige auf NRZ-Nachfrage sagt: „Wenn man als Partei so inhaltsleer geworden ist, ist es leider schwer, für sich zu werben. Das hat das Wahlergebnis gezeigt.“ Aus seiner Sicht sei die Union politisch „zu beliebig“ geworden. Sie gehe „jeder Debatte“ aus dem Weg, um „niemandem auf den Schlips zu treten.“

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Das zeige sich an den vielen unbeantworteten Ja-Nein-Fragen im „Wahlomat“. Diese Wahlentscheidungshilfe im Internet nutzen vor allem junge Wähler, um eine erste eigene Parteipräferenz auszumachen. Also ausgerechnet die Zielgruppe, in der die CDU bei der Bundestagswahl laut Infratest nur auf 10 Prozent der Stimmen kam. Das hat Paul, der seit 2017 Vorsitzender der Kreis Weseler JU ist, offen kritisiert. Vor allem mit einer Antwort zeigte er sich jedoch unzufrieden: „Als Generalsekretär der CSU zu sagen, dass sich die Bundeszentrale für politische Bildung mit tendenziösen Fragen im ‘Wahlomat’ an der Demokratie versündigt, ist ganz harter Tobak. Das zeigt mir, dass Markus Blume es nicht verstanden hat.“

Alpener Frederik Paul will Linnemann für CDU-Vorsitz wegen „Ecken und Kanten“

Was die Partei nun braucht, sei ein klares Profil: „Ich kann doch keinem jungen Arbeitnehmer raten, dass er sein Kreuz für die CDU machen soll, wenn wir nicht mal wissen, ob wir für oder gegen den Mindestlohn sind.“ Um nicht überflüssig zu werden, müsse sich die Union von anderen Parteien abgrenzen und auch wieder zu streitbaren Positionen stehen.

Dafür müsse sie sich nach dem Wahl-Debakel neu aufstellen. Für den Parteivorsitz hat der Alpener Ratsherr schon einen Lieblingskandidaten: Carsten Linnemann, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion. „Der kommt aus der zweiten Reihe und hat Ecken und Kanten – ohne populistisch zu sein.“

Paul: CDU muss Basis und Jugend mehr einbeziehen

Fast noch wichtiger findet Paul allerdings, die Basis wieder mehr mit einzubeziehen. Und engagierten, jungen Mitgliedern mehr Verantwortung zu geben. Dabei blickt der hiesige JU-Chef auch auf den Weseler Kreisparteitag im November, bei dem Charlotte Quik auf Sabine Weiss folgen soll: „Wir werden eine neue Kreisvorsitzende wählen: eine junge Mutter. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung.“

Apropos junge Leute: Für Frederik Paul selbst ist Politik ein „Ehrenamt und schönes Hobby.“ Konkrete Ziele hat er sich nicht gesetzt. Nur seinen Master in Politikmanagement in Duisburg will er zu Ende bringen. Auf Biegen und Brechen selbst in der hohen Unionsriege zu landen, nimmt er sich nicht vor. Auch wenn sich einige Leute bei ihm gemeldet hätten, die den jungen Alpener genau dort in Zukunft sehen wollen.