Kreis Wesel. Kommunalpolitiker sind immer häufiger Beleidigungen und Drohungen ausgesetzt. Auch im Kreis Wesel verroht der Ton zunehmend, vor allem im Netz.

Beschimpft, beleidigt, bedroht oder sogar körperlich angegriffen. Aus einer jüngst veröffentlichte Umfrage des Portals Kommunal geht hervor: 63 Prozent der Kommunalpolitiker in Deutschland sind dem bereits ausgesetzt gewesen.

In den Kommunen Wesel, Schermbeck und Hamminkeln kam es zwar noch zu keinen physischen Übergriffen. Dennoch gehören Beleidigungen, Bedrohungen und sonstige Anfeindungen auch hier fast zum Alltag.

Heftige Drohungen während der Flüchtlingskrise

So berichtet beispielsweise Ulrike Westkamp (SPD), Bürgermeisterin der Stadt Wesel, dass die Beleidigungen in den letzten Jahren zugenommen haben. „Vor allem im Internet, wo die Hemmschwelle zu solchen Äußerungen deutlich niedriger ist.“

Massiv wurde es in der Zeit als viele Geflüchtete nach Wesel kamen. Gegen eine heftig drohende Person wurde dann sogar der Staatsschutz eingeschaltet und es wurde eine wirksame Ansprache gehalten. „Wir lassen uns das nicht gefallen und stellen massive Verstöße auch konsequent zur Anzeige“, erklärt Westkamp.

Alltägliche Kommentare

Auch Mike Rexforth (CDU), Bürgermeister der Gemeinde Schermbeck, hat einige Erfahrung mit Beleidigungen und teils heftigen Drohungen in der Vergangenheit. Er berichtet allerdings auch von aktuellen Sticheleien, die ziemlich regelmäßig vorkommen. „Gestern zum Beispiel: Da wurde ich in einem Kommentar auf Facebook dann als geldgieriger Bürgermeister bezeichnet.“

Auf die Frage von Rexforth, was genau die Person denn damit meine, folgte inhaltlich nichts, nur eine leere Drohung: „Man hat ein Auge auf Sie.“ Auf solche Dinge geht Schermbecks Bürgermeister noch ein, wird es jedoch übler im Ton, wie zuletzt in anonym gesendeten Mails, stelle der Bürgermeister Strafanzeige, auch wenn die Täter am Ende nicht ermittelt werden konnten.

Hassmails als Reaktion auf Tötung

Bernd Romanski (SPD), Bürgermeister in Hamminkeln, geht ähnlich vor und leite ebenfalls rechtliche Schritte gegen heftige Drohungen und Beleidigungen ein. Auf im Verhältnis harmlosere Sticheleien geht er allerdings gar nicht erst ein.

„Es hieß aber auch schonmal, dass man wegen mir wieder die Todesstrafe einführen müsste.“ Dies geschah im Fall der Tötung einer Frau, die in Voerde von einem in Hamminkelner mit ausländischen Wurzeln vor den Zug geschubst wurde und Romanski vermehrt Hassmails erhielt.

Allgemeine Verrohung

Er stelle jedoch im allgemeinen eine immer stärkere Verrohung der Gesellschaft fest. Im Großteil erfolgen Beleidigungen seiner Erfahrung nach über die sozialen Medien. „Mittlerweile auch immer mehr mit Klarnamen, gar nicht mehr unbedingt anonym“, so der Bürgermeister.

Auch die Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat mussten sich schon Beleidigungen aussetzen, der eine mehr, der andere weniger. Jürgen Linz von der Weseler CDU findet, dass man inhaltslose Kommentare und Pauschalisierungen gegen Politiker, zum Beispiel auf Facebook, nicht so nah an sich dran kommen lassen sollte.

Ulrich Gorris von den Grünen schaue eigentlich wenig in die sozialen Netzwerke und versuche die verrohten Kommentarspalten zu meiden. Bei seinem Artikel zum Beluga-Bad, der laut ihm rein informativ und faktenbasiert ist, habe er jedoch den Fehler gemacht und Kommentare gelesen: „Da wird dann sowas wie Ökofaschist geschrieben.“ In Podiumsdiskussionen wurde er jedoch auch schon in Präsenz öffentlich beleidigt, nur weil er seinen Standpunkt vertrat.

Portal für attackierte Kommunalpolitiker

Stark im Amt ist ein neues Internet-Portal zur Hilfestellung für Politiker, die Beleidigung, Drohungen und körperlichen Attacken ausgesetzt sind.

Bundespräsident Fank-Walter Steinmeier hat sich im Rahmen der Vorstellung zur Hetze gegenüber Politikern in Kommunen geäußert: „Unsere Gesellschaft muss auf die Verrohung reagieren.“