Wesel/Hamminkeln. Extreme Preissteigerungen bei Baustoffen drohen die Kommunen zusätzlich zu belasten – denn nicht alle Projekte können verschoben werden.
Die Städte und Gemeinden hierzulande stöhnen, die ohnehin klammen Kassen könnten künftig noch leerer werden, die roten Zahlen noch weiter steigen: Weil derzeit die Kosten von Baumaterial, speziell von Holz, Stahl, Dämm- und Kunststoffen, aber auch Fenstern, stark ansteigen, könnten geplante Bauprojekte ins Stocken geraten und deutlich teurer werden. Beispielsweise bei Holz sind Preissteigerungen von bis zu 300 Prozent zu verzeichnen.
Diese Entwicklung hat Bernhard Payer, Leiter des Fachbereichs Hoch- und Tiefbau der Stadt Hamminkeln, alarmiert. Im jüngsten Bauausschuss warnte Payer deshalb die politischen Vertreter vor möglichen unliebsamen Überraschungen bei anstehenden Vorhaben.
Angebote liegen zum Teil 25 Prozent über der Kalkulation
Projekte, die kurz vor Fertigstellung stehen -- wie die Erweiterung der Gesamtschule – bleiben von den Auswirkungen weitgehend verschont. Andere trifft es dagegen heftiger, wie den Kindergarten an der Windmühle. Für die Dachdeckerarbeiten und den Trockenbau ist jeweils nur ein Angebot eingegangen, beide lagen etwa 25 Prozent über der Kostenschätzung. Auch für den Umbau der Grundschule Ringenberg könnte die Situation Folgen haben. „Es sind vor allem Projekte betroffen, die sich in der Ausschreibung befinden“, betont Bernhard Payer. In Ringenberg könnte sich der Einbau der Fenster verzögern.
Vielen Baufirmen sei es einfach nicht möglich, belastbare Kalkulationen anzugeben, da beispielsweise der Stahlpreis angezogen hat, um bis zur 220 Prozent. Die Baufirmen seien momentan nicht in der Lage, Projekte, die erst in mehreren Monaten zur Ausführung kommen, ohne Preisgleitklauseln zu kalkulieren. Außerdem könnten sich durch die schlechte Verfügbarkeit der Rohstoffe die Baumaßnahmen erheblich verzögern. Wie die Entwicklung weitergehe, sei überhaupt noch nicht abzusehen.
Einige Arbeiten werden nach hinten geschoben
„Die Situation ist derzeit schwierig“, räumt auch Torsten Hummel, Leiter des Fachbereichs Gebäudeservice bei der Stadt Wesel, ein. „Wir schauen derzeit genau, was wir schieben können und was wir machen müssen.“ Die Ausschreibungen für die üblichen Renovierungsarbeiten an den Schulen in den Sommerferien sind bereits abgeschlossen, dort seien keine Preissteigerungen mehr zu erwarten. Doch eine Reihe weitere Ausschreibungen auch für größere Maßnahmen laufen noch – Ergebnis offen. „Wir sind gespannt, wie teuer es wird.“ Denn nicht alle Planungen können verschoben werden.
Zum Beispiel der Neubau des Naturwissenschafts-Traktes an der Gesamtschule Am Lauerhaas. Der soll bis Ende des Jahres fertig sein – und daran hängen weitere Arbeiten wie der Umbau der bisherigen Naturwissenschaftsräume zu Klassenräumen und der Abbau von angemieteten Unterrichtscontainern, die schließlich auch bezahlt werden müssen. „Wenn die Kostensteigerungen irgendwie vertretbar sind, müssen wir sie wegen des Zeitplanes akzeptieren“, so Hummel.
Flachdach wäre mehr als doppelt so teuer wie geplant
So musste die Stadt schon eine um 30 Prozent kostspieligere Wärmedämmung im Schulbereich hinnehmen, weil die Maßnahme dringend notwendig war. Ein Flachdach am Andreas-Vesalius-Gymnasium wird dagegen verschoben, weil es statt der geplanten 175.000 Euro mehr als 300.000 zu Buche kosten sollte. Da noch keine akute Undichtigkeit aufgetreten ist, kann die Stadt hier warten und hoffen, dass sich der überhitzte Markt im kommenden Jahr wieder abgekühlt hat.
Coronabedingte Produktionsausfälle und Unterbrechungen auf den Transportwegen, so Torsten Hummel, seien nach Informationen der Stadt für die heftigen Preissteigerungen verantwortlich. Betroffen seien hauptsächlich Baustoffe, aber auch Anlagentechnik. „Wir hoffen, dass sich die Materialströme bald wieder normalisieren.“