Hamminkeln. Weil seine Flügelfedern falsch gewachsen sind, drohte ein Jungstorch in Dingden zu verhungern. Ein aufmerksamer Tierschützer rettete ihn.
Manfred Anklam vom Nabu in Dingden schaut direkt von seinem Wohnzimmerfenster aus auf einen Storchenhorst. Das sturmerprobte, acht Meter hohe Holzgestell dazu haben die Naturschützer selbst vor ein paar Jahren gebaut und dort professionell auf einer Weide installiert. Darauf wurden dann relativ schnell auch Weißstörche aus der Umgebung aufmerksam.
Ein Paar von Adebar war nach ausgiebigen Besichtigungsflügen von den potenziellen Futterarealen in der Umgebung und der vorbildlichen Plattform in luftiger Höhe besonders angetan. Denn: Die beiden unzertrennlichen Schreitvögel haben dort im zeitigen Frühjahr einen perfekten Horst aus vielen Ästen in unterschiedlicher Dicke miteinander verwoben. Die Nistmulde mit trockenem Gras, Moos und etwas Laub ausgepolstert.
Klappern gehört zum Brutgeschäft
Jedes Mal wenn die Altvögel sich auf dem eigenen Horst begegnen, begrüßen sie sich ausgiebig. Klappern gehört zum Brutgeschäft; es soll die Paarbindung insbesondere zur anstrengenden Brutzeit stärken. Über zwei Monate hat Naturschützer Anklam das Naturschauspiel täglich beobachtet; mit großem Interesse natürlich auch die ersten Flugversuche des Nachwuchses registriert. Besonders auffällig verhielt sich einer der Jungstörche. „Nach seinem Jungfernflug landete er holprig in unmittelbarer Nähe auf einer Weide. Dort war er tagelang. Ich habe nie sehen können, dass er auf Futtersuche war. Der konnte auch vom Boden aus nicht auffliegen“, sagt Manfred Anklam.
Kurzerhand hat er den großen Vogel dann eingefangen und zu einem Tierarzt gebracht. Dieser diagnostizierte die Fehlstellung mehrerer Flügelfedern einer Schwinge. Die sollen nach der nächsten Mauser wieder arttypisch wachsen, so dass der Jungstorch dann auch endlich selbst fliegen kann. Ohne Anklams rasches Handeln wäre der Jungstorch verhungert oder vom Fuchs geholt worden.
Erste Hilfe in Voerde, nun Erholung in Issum
Der Bundesfreiwillige Niklas Bours von der Nabu-Geschäfsstelle in Wesel hat den bedürftigen Schützling dann abgeholt und umgehend zur Biologin Petra Sperlbaum nach Voerde gebracht. Die Nabu- Umweltpädagogin und sachkundige Tierpflegerin hat den geschützten Pflegling dann erst einmal ein paar Tage lang mit artgerechtem, nährstoffreichem Futter soweit stabilisiert, dass er jetzt in einem großen Gehege in Issum wieder vollständig fit werden kann.
Hier versorgt Katja Berk nach ausgetüfteltem Futterplan den schwarzweißen „Glücksbringer“. Die Nabu-Aktive hat auch schon einige Graureiher wieder auf die Beine gebracht. Beim Jungstorch ist allerdings ein langer Atem vonnöten. Frühestens in einem halben Jahr hat der Vogel durchgemausert und die Fehlstellung der Federn behoben. Ein versierter Tierarzt wird zwischenzeitlich die Entwicklung genau beobachten. Wenn alles glatt läuft, soll der Vogel auch in Dingden wieder freigelassen werden.
Ein halbes Jahr muss der Jungstorch in Obhut bleiben
„Wenn ein Tier in unsere Obhut gerät, kommen wir natürlich auch für die Kosten auf. Das Futtergeld für tote Mäuse und Ratten, die der Jungstorch sich gerne einverleibt, ist nicht unerheblich. Zumal er ja jetzt lange von uns betreut werden muss“, sagt Peter Malzbender, Vorsitzender der Nabu-Kreisgruppe Wesel. Er weist aber ausdrücklich darauf hin, dass vor allem die Tierpflegeversorgung durch ehrenamtlich Aktive die größte Leistung sei. Übrigens hatten einige Tierparks nach Anfrage des Nabu, die Aufnahme des pflegebedürftigen Jungstorches abgelehnt.