Wesel. Sie nagen an Rheindeichen, kommen aber auch am Schwarzen Wasser in Wesel und am Tenderingssee in Hünxe vor: Nutrias, die bekämpft werden.

Auf den ersten Blick wirken sie putzig mit ihren dunklen Augen und ihrem langen Fell. Doch die Nutrias, die sich auch im Kreis Wesel zuhauf tummeln, sind eine ernst zu nehmende Gefahr. Sie bringen die Standsicherheit von Deichen ins Wanken, fressen ganze Uferstreifen kahl und haben mit ihren spitzen, scharfen Zähnen sogar schon ausgewachsene Hunde tödlich verletzt, die im Wasser schwammen.

„Die Tiere darf man nicht unterschätzen“, sagt Alfred Nimphius, Vorsitzender der Kreisjägerschaft Wesel. Er kennt sich mit den Nutrias, die auch Biberratten genannt werden, bestens aus. Das gilt auch für Bisamratten, die allerdings nicht ganz so große Schäden anrichten, weil sie kleiner sind.

Enormer Zeit- und Arbeitsaufwand

Tausende Nutrias hat der Rheinberger seit rund acht Jahren schon gefangen und erlegt. Bis auf die letzten Tage, als strenger Frost herrschte und ein Ausharren den gefangenen Tieren nicht zuzumuten wäre, ist er ganzjährig mit seinen Lebendfallen im Einsatz. Zusammen mit einem anderen Jäger betreut er zehn solcher Fallen, die zweimal täglich kontrolliert werden müssen - ein enormer Zeit- und Arbeitsaufwand jeweils am Morgen und am Abend.

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Denn während es in den Niederlanden und auch im benachbarten Kreis Borken zahlreiche hauptberufliche Nutriajäger gibt, um der Plage Herr zu werden, sind es hier ausschließlich die ohnehin aktiven Jäger, die die Eindämmung der Tiere auch im Auftrag der Deich- sowie der Wasser- und Bodenverbände in die Hand nehmen. Dabei dürfen sie dies eigentlich nur in ihrem eigenen Jagdrevier tun, es sei denn, sie haben beim Kreis eine entsprechende Ausnahmegenehmigung eingeholt.

Ein Nutria sitzt auf einer Wiese.
Ein Nutria sitzt auf einer Wiese. © dpa | Sina Schuldt

Nutrias sind keine heimischen Tiere, sondern irgendwann aus Pelztierfarmen ausgebüxt oder von Tierschützern freigelassen worden. Mit dem Ergebnis hat man nun vielerorts zu kämpfen, denn die Nagetiere, die ursprünglich aus Südamerika stammen, vermehren sich rasant. Dreimal im Jahr bekommen sie Junge - bis zu acht Tiere jeweils. Zudem sind sie bereits mit vier Monaten geschlechtsreif. Allein deshalb müssen sie extrem reduziert werden. „Sie auszurotten, schaffen wir aber nicht mehr“, ist sich Nimphius sicher.

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Massenweise Nutrias gebe es beispielsweise am Schwarzen Wasser in Wesel und am Tenderingssee in Hünxe. Dazu natürlich am Rhein und an der Issel sowie an Seen, Teichen und Bächen. „Da werden ganze Schilfgürtel abgefressen“, sagt der Jäger, der zudem weiß: „Auch die Schäden in der Landwirtschaft haben extrem zugenommen.“ Erst kürzlich sei er von einem Bauern gerufen worden, der ihm sein verwüstetes Maisfeld präsentierte. Es habe ausgesehen, als hätten sich dort Wildschweine ausgetobt.

Mittlerweile gibt es eine Arbeitsgruppe, in der sich alle Beteiligten beraten. Auch die Biologische Station im Kreis Wesel ist dabei. Im Frühjahr steht der nächste Termin an. Dabei täten sich Deichverbände mit Abschussprämien für die Nager schwer, wogegen die Linksrheinische Entwässerungsgenossenschaft, kurz Lineg genannt, ein Schwanzgeld zahle, so Nimphius.

Kluge Tiere mit einem Gewicht bis zu neun Kilo

Welche Schäden Nutrias anrichten können, lässt sich allein schon durch das Gewicht der Tiere von acht, neun Kilo erahnen. Sie leben in Kolonien und haben ihre Löcher oberhalb der Wasserlinie während die Bisamratte sie darunter anlegt. Wegen ihrer durch Hochwasser überfluteten Baue lägen die Nager zurzeit meist in den Uferböschungen, weiß Nimphius, der die dämmerungs- und nachtaktiven Tiere als sehr vorsichtig und schlau bezeichnet. „Die haben Abitur“, sagt er scherzhaft, auch wenn man sie ab und zu sogar am helllichten Tag antrifft.

Ihre Tunnel und Erdröhren machen Böden und Deiche marode, es ist eine Spirale ohne Ende. Denn natürliche Feinde haben die Nager nicht. Sogar Füchse wagen sich nicht an sie heran, weil sie wohl den kürzeren ziehen würden...

Zahlen aus den Kommunen

Im Jagdjahr 2017/2018 wurden im Kreis Wesel insgesamt 1867 Nutrias und 279 Bisamratten erlegt. 2018/2019 waren es 2032 und 285, 2019/2020 dann 2209 und 229.

In Hamminkeln wurden 2019/2020 221 Nutrias und 42 Bisamratten erschossen, in Hünxe 121 und sieben, in Schermbeck 83 und 9 und in Wesel 118 Nutrias, aber keine Bisamratten.

Die meisten Tötungen von Nutrias gab es linksrheinisch. In Xanten zum Beispiel waren es 291, in Alpen 259, in Rheinberg 247 und in Neukirchen-Vluyn 270. Das teilte Klaus Horstmann, Fachdienstleiter beim Kreis Wesel, auf NRZ-Anfrage mit.