Wesel. In Wesels Autohäusern gibt es gerade einen regelrechten Ansturm auf Elektroautos. Zum Teil sind die Stromer schon gefragter als Verbrenner.
Die hohen Spritpreise bringen offenbar viele Weselerinnen und Weseler dazu, den Antrieb zu wechseln – weg von Diesel und Benzin, hin zum Elektroauto. Das merkt zum Beispiel Rainer Bulenda, Geschäftsführer des gleichnamigen Autohauses: „Seitdem die Zwei vorne steht bei Diesel und Benzin haben wir eine Beschleunigung von 100 Prozent bei der E-Mobilität“, berichtet er im Gespräch mit der NRZ. Und auch Carsten Sicking und Matthias Nemitz vom Autohaus Schmeink bestätigen: „Wir haben im Grunde eine Mobilitätswende.“
In den vergangenen vier Wochen waren die E-Autos bei Bulenda doppelt so gefragt wie sonst – mittlerweile sind 60 Prozent der verkauften Wagen Stromer oder Plug-In-Hybride, während die Verbrenner noch gut 40 Prozent ausmachen. Zum Vergleich: Im Vorjahr lag das Verhältnis noch bei 30 zu 70. Bei Auto Schmeink wird zumindest eine höhere Nachfrage festgestellt, wenngleich noch nicht mehr E-Autos verkauft werden. „Das wird aber sicher noch so kommen“, ist Matthias Nemitz überzeugt.
Eine andere Philosophie des Autofahrens
Das Für und Wider wird jetzt also offenbar anders bewertet: „Das Gegenargument ist immer die Reichweite“, erklärt Rainer Bulenda. „Es ist natürlich eine andere Philosophie Auto zu fahren.“ Langsamer nämlich, energiesparend eben und gegebenenfalls mit mehr Pausen, wenn die Strecken lang sind. „Oft ergibt sich dann das Spiel, wie man die meiste Reichweite rausholen kann“, beschreibt Nemitz. „Das Auto erzieht einen so ein bisschen dahin.“
Zur Wahrheit gehört daher auch: Menschen, die regelmäßig Langstrecke fahren und dabei auch noch unter Zeitdruck stehen – Außendienstler zum Beispiel – werden mit dem bisherigen Stand der E-Mobilität wohl auch vorerst nicht glücklich. Ebenso Handwerks- oder Baubetriebe, die mit viel Ladung lange Strecken bewältigen müssen.
Für Elektroautos interessieren sich bei Auto Schmeink oftmals die Kunden, die bereits eine Photovoltaikanlage auf dem Dach haben und nun den nächsten Schritt gehen wollen. Bei Bulenda ist das andersrum: „Der nächste Schritt ist meist die Photovoltaikanlage auf dem Dach“, berichtet Rainer Bulenda. Denn ideal ist natürlich, wenn es eine Lademöglichkeit direkt vor der Tür gibt.
Aber auch ohne diese kann ein E-Auto in Wesel mittlerweile ganz gut betrieben werden. Zum Beispiel durch Lademöglichkeiten beim Arbeitgeber, beim Einkaufen oder öffentliche Ladesäulen. Um es von fünf auf 80 Prozent zu laden, braucht es (beim Schnell-Laden) nur etwa eine halbe Stunde. „Und eine Tankstelle haben die meisten ja auch nicht zuhause“, argumentiert Sicking.
Niedrigere Kosten und ein komfortables Fahrgefühl
Auch die Kosten sind sind eher ein Argument für das Elektroauto. „Das was ein E-Auto mehr kostet, krieg ich als Prämie vom Staat“, so Rainer Bulenda. 6000 Euro Förderung gibt es für reine E-Autos, dazu winken zehn Jahre Steuerbefreiung und weniger Service-Kosten als beim Verbrenner. Allerdings, so berichten Carsten Sicking und Matthias Nemitz, werden die meisten Elektro-Autos noch geleast.
Und auch die eigentlichen Fahrtkosten sind durch die Bank deutlich niedriger als beim Verbrenner. „Sie sparen pro 100 Kilometer zehn Euro an Energiekosten – und das ist noch konservativ geschätzt“, rechnet Bulenda vor. Tatsächlich hängt der Verbrauch, wie bei allen Autos, von vielen Faktoren ab. Rainer Bulenda gibt etwa 16 Kilowattstunden als Durchschnittswert auf 100 Kilometer an. Carsten Sicking und Matthias Nemitz gehen von 17 bis 20 Kilowattstunden aus.
Bei 20 Kilowattstunden und bei einem Kilowattstundenpreis von 35 Cent macht das sieben Euro auf 100 Kilometer. Dagegen bringt es ein Benziner mit 8 Liter Verbrauch bei einem Spritpreis von 2,10 Euro auf stolze 16,80 Euro und ein Diesel (6 Liter pro 100 Kilometer) bei einem Literpreis von 2,20 noch immer auf 13,20 Euro.
Abgesehen von der Preisersparnis, gibt es aber noch einen anderen Grund, weshalb sich auch in Wesel immer mehr Menschen für ein elektrisch-betriebenes Fahrzeug entscheiden: „Es ist ein unheimlich komfortables Fahren“, betont Matthias Nemitz. Die Ruhe im Fahrzeug und die Tatsache, dass nicht geschaltet werden muss, überzeuge viele Kunden, wenn sie eine Probefahrt machen.