Wesel.. Wird Sperrmüll bei der Stadt angemeldet, gilt er als Eigentum der Stadt. Wird dieser geplündert und mitgenommen, ist das Diebstahl. In Wesel wurden deswegen nun Sperrmüll-Sammler observiert. Weitere Aktionen sind geplant.

Im Rahmen einer groß vorbereiteten Aktion haben Kreisverwaltung, Polizei, Stadtwacht, Kreis Weseler Abfallgesellschaft und ASG Sperrmüll-Sammler observiert. Was die tun, ist nicht erlaubt. Eine Einsatz-Reportage.

Sammlern auf die Schliche kommen

Eigentlich sind wir pünktlich, aber trotzdem zu spät. Ein Transit in einer undefinierbaren Farbe umkreist unseren Zielort, parkt ein, ein Mann steigt aus und legt gleich los. Wir sind auf sie angesetzt, auf Sperrmüllplünderer, über die man uns gesagt hat, dass sie unangenehm werden können. Für meine beiden Begleiterinnen ist es der erste Einsatz dieser Art, eine Aktion, um den Sammlern von Kühlschränken und Elektro-Schrott auf die Schliche zu kommen.

Kühlschrank wird nicht angerührt

Es ist ziemlich kalt an diesem Mittwoch im Schepersfeld, an der Kraftstraße, wo Anwohner offenbar eine ganze Wohnung zu Sperrmüll machen. Die Männer aus dem Transit nehmen ihnen alles Metallene ab, einen Leuchter, ein Computer-Teil. Den ebenfalls auf die Straße geschafften Kühlschrank rühren sie nicht an. An den sollten die beiden Frauen an meiner Seite eigentlich zwei Aufkleber drücken, mit denen vor FCKW gewarnt wird. Sie kommen nicht mehr dazu, und das stiekum im Vorbeigehen zu tun traut sich niemand. Stattdessen stehen wir mehr oder weniger unauffällig hinter einem Busch und warten, was passiert.

Die beiden Frauen sind Mitarbeiterinnen des ASG, der ein städtischer Betrieb ist, heute Abend aber auch Agenten- und Spionage-Gruppe heißen könnte. Folglich tun auch die Namen nichts zur Sache. Scherzhaft ersinnen wir Decknamen wie Schrotti eins und zwei.

Eine weiße Wolke: FCKW

Das Handy dient dem Kontakt zur Einsatzleitstelle. Und der wird häufiger. Denn sie kommen. Ein roter VW-Bulli mit geschlossenem Aufbau mit Mettmanner Kennzeichen, ein beeindruckender neuwertiger Pritschenwagen mit Scheinwerfern auf dem Dach. Sie fahren vorbei und wieder zurück. Sie suchen offenbar systematisch nach Beute. Später erfahren wir, dass der Bulli an anderer Stelle stoppt, zwei Kinder raus springen und an einem Sperrmüll-Kühlschrank hantieren, so dass eine weiße Wolke entweicht. Das umweltschädliche Treibhausgas FCKW, wie Michael Fastring von der Kreisverwaltung sagt.

Autokennzeichen werden notiert

Er zählt zu den Teams, die an diesem Abend an neun Positionen im Schepersfeld und in der Feldmark auf der Lauer stehen oder sitzen und Autokennzeichen notieren. Bei klar ersichtlichen Verstößen fasst die Polizei nach. Einen ihr gemeldeten Sünder stellt sie, unter anderem mit aufgeladenem Elektroherd. Der gehöre seinem Bruder, sagt der Fahrer. Das Beobachter-Team hat Anderes gesehen. Jetzt gibt es eine Anhörung und vermutlich ein Bußgeld-Verfahren. Aber der Mann zeigt Lernbereitschaft: Ein Termin bei der Kreisverwaltung zwecks Aufklärung steht.

Durchleuchtung des Sperrmülls

Es ist schon dunkel, als wir immer noch zu dritt im Auto hocken, über knusprige Martinsgänse sprechen. Den großen Kastenwagen übersehen wir dabei nicht. Auch er farblich undefinierbar, Kennzeichen AA: Ostalbkreis, Schwäbische Alb. Der Fahrer durchleuchtet den Sperrmüllhaufen per Taschenlampe, wird nicht so recht fündig. Der Kühlschrank bleibt unberührt. Der mittlerweile dazu gestellte Gefrierschrank auch.

Es wird ruhiger. Wir dürfen abziehen. So richtig erwischt haben wir keinen. Der Transit immerhin wird später von der Polizei aufgegabelt, sein Besitzer, der auf Elektronik aus war, zunächst nicht. Die Leute, die so fleißig ihren Müll raus geschafft haben, erzählen uns, einer oder zwei hätten den alten Eisschrank mitnehmen wollen. Aber denen hätten sie gesagt, der sei für den ASG. Wir haben folglich einen Köder beschattet, bei dem keiner anbeißen konnte. Aber bestimmt haben wir zur Abschreckung beigetragen.

40 Sperrmüll-Anmeldungen pro Tag

Rund 40 Sperrmüll-Anmeldungen pro Tag verzeichnet der ASG. Was er einsammelt, wird in Asdonkshof zwecks Wiederverwertung sortiert. Weit über 5000 Tonnen Metallschrott fallen dort jährlich an. Das Sortieren bringt Geld: Rund anderthalb Millionen Euro. Etwa ebenso viel geht der Gesellschaft, schätzt sie, durch Sperrmüll-Sammler verloren. Das schade der Gebührenkalkulation.

Wem gehört der Müll?

Sobald angemeldeter Sperrmüll auf der Straße steht, geht er in das Eigentum der Stadt über, sagt Ulrich Streich vom ASG. Etwas wegzunehmen, sei Diebstahl. Für Privatleute bestehe laut städtischer Abfallsatzung die Pflicht, zur Entsorgung die vorgesehenen Annahmestellen (Betriebshof) zu nutzen. Schrotthändler müssen gewerbliche Sammlungen vom Kreis genehmigen lassen. Das Abklappern sei meist nicht rechtens.

Die Szene sei bestens organisiert und informiert, so Michael Fastring vom Kreis. Späher würden vorgeschickt. Die aktuelle Aktion kursiere unter ihnen und werde sie vertreiben. Ulrich Streich spricht von einem Erfolg. Weitere Aktionen sollen folgen.

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