Wesel. In Wesel ist am Dienstag erfolgreich ein Blindgänger entschärft worden. Ein Altenheim wurde evakuiert – mitsamt einem Geburtstagskind.

So hatte sich Frau Driessen ihren 85. Geburtstag ganz sicher nicht vorgestellt: Statt gemütlich mit der Familie bei Kaffee und Kuchen zu sitzen, muss sie am Dienstag für mehrere Stunden in eine Notunterkunft. Bombenfund. Beinahe schon Alltag in Wesel, aber ein großes Abenteuer für die 25 Bewohnerinnen und Bewohner des Insanto-Altenheims in der Nähe des Hauptbahnhofes.

Mit mehreren Rettungswagen werden die Seniorinnen und Senioren zur Sammelstelle in der Turnhalle des Schulzentrums Nord gebracht. Die meisten können mit ihren Rollatoren selbstständig einsteigen, andere brauchen einen Transport auf einer Liege. Bettlägerig ist niemand, das macht die Arbeit für die Rettungskräfte einfacher.

Maria Schraa nimmt den Trubel gelassen. „Wir sind frühzeitig informiert worden und die Abstimmung mit der Feuerwehr läuft sehr gut“, sagt die Leiterin der Einrichtung, die erst im vergangenen November eröffnet wurde und noch nicht voll belegt ist. Das Pflegepersonal hat den Notfallplan schnell umgesetzt, um die Versorgung der Bewohner mit Medikanten und allem, was sonst noch benötigt wird, sicherzustellen.

Für die Blindgänger erfahrene Weseler Feuerwehr ist der Einsatz dennoch eine Herausforderung. „Wenn Altenheime oder Krankenhäuser evakuiert werden müssen, wird es immer etwas komplizierter“, sagt Christoph Hegering, der stellvertretende Leiter der Feuer- und Rettungswache. „Es gab in diesem Fall aber keine Alternative, das Heim liegt nur 80 Meter von der Fundstelle der Bombe entfernt.“

1100 Menschen in Wesel müssen Wohnungen und Häuser verlassen

Gefunden wurde die Fünf-Zentner-Bombe an der Friedenstraße, direkt an den Bahngleisen. Der dortige Schotterparkplatz Richelswiese wird derzeit zu einem Park & Ride ausgebaut, der Blindgänger wurde bei den Arbeiten entdeckt. Die Verantwortlichen von Stadt und Feuerwehr sind am Dienstagmorgen froh, dass der Kampfmittelräumdienst nur einen Evakuierungsradius von 250 Metern veranlasst, sonst wären die Auswirkungen für die Innenstadt noch deutlich größer gewesen.

Altenheimbewohnerin Frau Driessen hat am Tag der Bombenentschärfung ihren 85. Geburtstag gefeiert – dafür interessierte sich sogar das Fernsehen.
Altenheimbewohnerin Frau Driessen hat am Tag der Bombenentschärfung ihren 85. Geburtstag gefeiert – dafür interessierte sich sogar das Fernsehen. © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

Auch so müssen mehr als 1100 Menschen ihre Häuser und Wohnungen verlassen und mehr als 30 Straßen gesperrt werden. Die Bundespolizei räumt das Bahnhofsgebäude, während der Zeit der Entschärfung halten keine Züge in Wesel, die Busse fahren nicht. In der Evakuierungszone befindet sich auch das Impfzentrum in der Niederrheinhalle, es wird für mehrere Stunden geschlossen.

Bombenentschärfung in Wesel verzögerte sich etwas

Die Evakuierung der Menschen aus dem Altenheim läuft reibungslos, gegen 13 Uhr sind alle Bewohnerinnen und Bewohner zum Schulzentrum Nord gefahren worden. In der Turnhalle sind sie in einem getrennten Bereich untergebracht, um sie vor einer Corona-Infektion zu schützen. Wie sinnvoll das ist, zeigt sich nur kurz darauf: Unter den Personen, die ebenfalls in der Sammelstelle untergebracht werden, sind mehrere, die positiv auf Corona getestet werden.

Geplant ist die Entschärfung für 13 Uhr, der Zeitplan lässt sich aber nicht halten, weil noch mehrere bettlägerige Personen aus dem Radius gebracht werden müssen. Erst um 14 Uhr kann Sprengmeister Uwe Palmroth von der Bezirksregierung auf der Richelswiese loslegen. Um 14.20 Uhr geben Feuerwehr und Stadt dann Entwarnung, der Zünder ist erfolgreich entschärft, die Sperrungen werden nach und nach aufgehoben. Auch die Bewohnerinnen und Bewohner des Altenheims können zurückkehren – Frau Driessen schafft es sogar noch pünktlich zur Kaffeezeit. Herzlichen Glückwunsch!