Am Niederrhein. Der Weisse Ring betreut Kriminalitätsopfer und wirbt um Unterstützung für die Telefonhilfe. Gerade seit Corona ist der Bedarf stark gestiegen.
„Missbrauch: Angeklagter aus Xanten schweigt“, „Unbekannter bedroht Seniorin im Rheinberger Stadtpark“ oder zuletzt auch: „Überfall am Bahnhof Xanten“ - solche Schlagzeilen sind immer mal wieder zu lesen, auch in der eigentlich friedlichen Region am Niederrhein und man fragt sich: Wer macht sowas? Und vor allem warum?
Diese Fragen sind sicherlich wichtig zu stellen, um Täter zu fassen und solche Geschehnisse zukünftig vielleicht verhindern zu können. Doch viel zu selten wird nach den Opfern gefragt, dabei tragen sie oft die größte Last mit sich, findet Karl-Heinz Schayen: „Die Opfer hat häufig das Urteil lebenslänglich, sie müssen das ganze Leben mit dem Erlebten klar kommen“.
Karl-Heinz Schayen ist Leiter der Außenstellen Kreis Kleve und Wesel des Weissen Rings. Der Weisse Ring kümmert sich um Kriminalitätsopfer und betreut Geschädigte seelsorgerisch. Dass das auch am Niederrhein nötig ist, erklärt Schayen ganz einfach: „Kriminalität ist ubiquitär, sie passiert überall und in allen Gesellschaftsschichten.“ Karl-Heinz Schayen engagiert sich bereits seit 2007 beim Weissen Ring.
Vermehrt sexueller Missbrauch
Fälle die bei dem Hilfetelefon laut Schayen anrufen, sind beispielsweise Menschen, die bestohlen worden sind. „Weitere Fälle gehen von der einfachen Körperverletzung bis zum Tötungsdelikt“, erklärt Schayen. Auffällig sei, dass sich in letzter Zeit vermehrt Personen melden, die Opfer von sexuellem Missbrauch wurden. Dies hänge damit zusammen, dass das Thema in der Öffentlichkeit stärker diskutiert werde: „Das führt dazu, dass sich mehr Personen an uns wenden, als früher.“
Durch die Corona-Pandemie hat sich die Arbeit beim Weissen Ring zudem deutlich intensiviert, zeigen Zahlen des Weissen Rings auf Bundesebene. Im Jahr 2020 sind die Anrufe beim Opfertelefon um zehn Prozent angestiegen, im Vergleich zu 2019. Und der Trend setzte sich laut der Organisation auch in 2021 fort. In den häufigsten Fällen gehe es um Sexualdelikte, häusliche Gewalt und Stalking.
Unterstützung gesucht
Speziell für das Opfertelefon werden nun Ehrenamtliche gesucht, die drei Stunden in der Woche aufwenden können. „Theoretisch kann das jeder machen, der sich das zutraut“, erklärt Schayen. Gewisse Lebenserfahrung sei aber natürlich von Vorteil. Interessierte Personen werden vor ihren ersten Einsätzen professionell geschult und erhalten auch Supervisionen, damit sie mit den erzählten Geschichten nicht alleine umgehen müssen.
Seitens des Bundesverbandes heißt es, dass Personen mit folgenden Eigenschaften für die ehrenamtliche Arbeit in Frage kommen: Man benötige „psychische Stabilität und Entscheidungsfreude, Einfühlsamkeit sowie die Fähigkeit, gut zuzuhören und sich verständlich auszudrücken.“ Eine spezielle Ausbildung brauche man für die Arbeit nicht.
So hängt das Opfertelefon mit den Außenstellen zusammen
Das Team, das Karl-Heinz Schayen als ehemaliger Polizist im Kreis Wesel leitet, umfasst sechs Mitarbeiter, auf dem Klever Kreisgebiet sind es vier. Diese Teams erweitern die Arbeit an den Opfertelefonen, da die Mitarbeiter in den Außenstellen auch zu den betroffenen Personen rausfahren und helfen. Ruft eine betroffene Person beim allgemeinen Opfertelefon an und kann dort nicht ausreichend betreut werden, kommen die Außenstellen ins Spiel.
Im Kreisgebiet Kleve belaufe sich die Zahl dieser Fälle im Jahr etwa auf 70, im Kreis Wesel seien es mit über 100 Fällen deutlich mehr. „Die Zahlen sind zwar deutlich gestiegen, aber mit unseren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen können wir das noch ordentlich und zeitnah bearbeiten“, so Schayen. Über weitere Hilfe würde man sich aber dennoch freuen: „Spätestens seit Corona haben wir einen erhöhten Bedarf, speziell am Opfertelefon.“
Infos zum Weissen Ring
Als „Gemeinnütziger Verein zur Unterstützung von Kriminalitätsopfern und zur Verhütung von Straftaten e. V.“ wurde der Verein 1976 in Mainz gegründet.
Etwa 2.900 ehrenamtliche und professionell ausgebildete Opferhelfer gehören dem Verein bundesweit an. Damit ist der Weisse Ring die größte Hilfsorganisation für Opfer von Kriminalität in Deutschland.
Über die Internetseite https://weisser-ring.de/ kann man sich als Helfer für das Opfertelefon bewerben.