Oberhausen. Caritas-Chef Michael Kreuzfelder fordert die Politik auf, sozialen Frieden zu wahren und nicht auf Kosten von Migranten Wahlkampf zu führen.
Das politische Beben im Bundestag, als CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz in dieser Woche gemeinsam mit Stimmen der AfD eine Mehrheit für seinen Antrag erreicht hat, ist der vorläufige Höhepunkt eines aufgeheizten Wahlkampfs, der immer stärker vom Thema Migration bestimmt wird. Diese Stimmung erreicht auch Oberhausen.
SPD-Oberbürgermeisterkandidat Thorsten Berg appelliert in einem Presse-Statement an Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU), seine klare Haltung gegen Rechtsextremisten beizubehalten: „Wir brauchen die Einigkeit der demokratischen Parteien in unserer Stadt, wenn es um die Auseinandersetzung mit den Rechtsextremisten geht.“ Selbst die Oberhausener CDU-Bundestagskandidatin Simone-Tatjana Stehr hat das Vorgehen ihres Parteichefs bei den Abstimmungen im Bundestag kritisiert. Nun meldet sich auch der christliche Sozialverband Caritas zu Wort, dessen Oberhausener Vorsitzender Michael Kreuzfelder davor warnt, den sozialen Frieden und Zusammenhalt zu gefährden.
„Wir sind keine Partei“, sagt Kreuzfelder im Gespräch mit der Redaktion, „aber wir ergreifen Partei für Menschen, die keine Stimme haben und auf deren Rücken gerade Stimmung gemacht wird.“ Seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten jeden Tag mit Menschen zu tun, die einen Migrationshintergrund haben oder Fluchterfahrungen und wüssten deswegen: „Die Verschärfung der Tonlage im Wahlkampf macht Angst.“ Dies würden sie in Beratungen äußern oder in Gesprächen in den Kindertagesstätten. Dabei sei es doch Aufgabe der Politik, sozialen Frieden zu stiften und für den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu sorgen.
Oberhausener Caritas-Chef über Zuwanderer: „Machen Jobs, die sonst keiner machen will“
Die Leistung der zugewanderten Menschen, der soziale Beitrag, den sie leisten, kommt laut Michael Kreuzfelder in der Debatte überhaupt nicht vor. „Dabei machen sie doch die Jobs, die sonst keiner machen will.“ Indem die CDU in Kauf nehmen würde, mit Rechten Politik zu machen, gefährde sie den sozialen Frieden. „Dabei ist die Kernverantwortung der Politik doch, Sicherheit zu bieten.“ Es gehe ihm dabei nicht darum, die CDU zu verteufeln. Schließlich würden sich innerhalb der Partei kritische Stimmen melden, aber dennoch: „Auch im Wahlkampf muss es Grenzen geben. Wie geht es weiter, wenn das schon möglich ist?“
Besonders ärgert sich der Chef der Oberhausener Caritas über Aussagen, dass Zugewanderte besser behandelt würden, mehr Hilfen erhielten als Einheimische. „Das ist sachlich falsch“, sagt er. Und, mit Blick auf das Jubiläumsjahr des Sozialverbands: „Wir kümmern uns seit 100 Jahren um alle, die uns brauchen, und werden es auch in den nächsten hundert Jahren tun.“ Auch in Oberhausen gebe es Sorgen und Angst vor Überfremdung, doch man müsse immer Brücken bauen, immer miteinander sprechen, und Maßnahmen und Lösungen finden, die umsetzbar sind. Angst zu schüren, sei immer der falsche Weg.
Caritas-Chef zu Kürzungen im Sozialbereich: „Prävention sollte Priorität haben“
Die Caritas arbeite an verschiedenen Themen gesellschaftlicher Probleme, doch auch sie könnten nur so viel leisten, wie finanzierbar sei. „Es hängt alles an Ressourcen“, sagt Kreuzfelder und erinnert im Zusammenhang mit den jüngsten schrecklichen Attacken in Magdeburg und Aschaffenburg an die psychosoziale Betreuung von Geflüchteten, die vor zwei Jahren in Oberhausen eingestellt werden musste. „Natürlich ist nicht für alles Geld da und natürlich müssen auch soziale Projekte auf den Prüfstand gestellt werden“, sagt er. Prävention sollte jedoch oberste Priorität eines Staates sein. „Ein Mensch mit psychischer Erkrankung braucht Therapie, egal ob mit oder ohne Fluchterfahrung. Wir haben aber nicht genügend Plätze dafür.“
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