Oberhausen. Ob Restaurant, Großküche oder Hofladen: Es gelten strenge Hygieneregeln. Oberhausener Prüfer treffen aber manchmal auf erschreckende Zustände.

  • Lebensmittelkontrolleure haben alle Hände voll zu tun: In Oberhausen ist ein elfköpfiges Team für 1600 Betriebe zuständig, da sind die Markthändler noch nicht mal eingerechnet.
  • Über die Routinebesuche hinaus gehen die Prüfer auch Hinweisen von Bürgern auf Hygienemängel in Läden und Gastrobetrieben nach. Rund 150 Hinweise gehen pro Jahr ein, aber manche sind sie auch reiner Fake.
  • Kein Pardon kennen die Kontrolleure, wenn Ratten oder Mäuse herumlaufen. Dann ist sofort Schluss. Der Betrieb bekommt natürlich Chance, die Nager zu verbannen und für akzeptable Zustände zu sorgen.

Auf den beiden zugesandten Bildern sind Tiefkühltruhen eines Lebensmittelgeschäftes zu sehen. Völlig unauffällige Aufnahmen einer Kundin, so scheint es zunächst. Das ändert sich prompt, wenn man die Anmerkungen zu den Fotos liest. Danach sind Pizzen und Pommes aufgetaut, Wasser trieft, die Kühlung habe wohl ihren Geist aufgegeben, erklärt die Absenderin. Das Geschäft gesteht auf Anfrage der Redaktion ein, dass die Lebensmittelkontrolle vor Ort war. Mittlerweile habe die Firmenleitung die aufgetaute Ware entsorgt und das Gerät funktioniere auch wieder. Der Verkauf dürfe weitergehen.

Oberhausener Behörde erhält bis zu 150 Hinweise pro Jahr aus der Bevölkerung

Rund 100 bis 150 Hinweise gehen pro Jahr bei der Oberhausener Lebensmittelüberwachung ein, sagt die zuständige Abteilungsleiterin Meinke. Oftmals handele es sich um Meldungen aus dem Gastrobereich. Denen gehe die Behörde auch stets nach, wobei in einem ersten Schritt zunächst geprüft werde, ob es sich um einen Fake handele. Denn es kann auch vorkommen, dass Leute Bilder von einem (angeblichen) Madenbefall in einer Restaurantküche zuschicken. Bei genauer Prüfung stellt sich heraus: Die Aufnahmen stammen aus den Tiefen des Internets. Dagegen erreichen das Team von Meinke aber auch Hinweise besorgter Bürger, denen Unsauberkeiten in einem Gastrobetrieb aufgefallen sind oder die im Regal Lebensmittel gefunden haben, deren Haltbarkeitsdatum längst überschritten ist.

Während die Kontrolleure den Hinweisen aus der Bevölkerung nachgehen, suchen sie aber auch von sich aus Betriebe in bestimmten Intervallen auf. „Das kann alle zwei oder drei Monate sein oder auch alle zwei Jahre“, sagt Meinke. Dazu erfolgt eine Einteilung in Risikokategorien, wobei das Gesundheitsrisiko in Lebensmitteln eine entscheidende Größe darstellt und Großküchen oder Imbissstuben häufiger aufgesucht werden.

Von der Küche bis zum Kiosk: Kontrolleure haben ein großes Aufgabengebiet

Insgesamt sind im Oberhausener Rathaus elf Fachleute für die Lebensmittelüberwachung zuständig: sieben im Außendienst, davon eine Kraft allein für Probennahmen, drei weitere Bedienstete im Innendienst. Darüber hinaus hat Amtstierärztin Meinke die fachliche Leitung inne.

Das Aufgabengebiet ist groß und vielfältig. Es zählen Betriebe dazu, die ein jeder sofort auf dem Schirm haben dürfte: Restaurants, Supermärkte, Imbissstuben, Kantinen, Großküchen und Lebensmittellager, aber eben auch Altenheime, Krankenhäuser oder Bauernhöfe, die Eier oder Milch erzeugen. Zudem hat die Behörde ein wachsames Auge auf Produkte, die, wie es so schön heißt, mit dem menschlichen Körper in Berührung kommen, also Kosmetikartikel oder auch Rauchwaren.

Damit geraten auch Drogerien und Kioske ins Visier. Wenn dann eine Rückrufaktion für eine Lippenstiftart wegen zu hohem Schwermetallgehalt ansteht, wird in der Ladenkette gecheckt, ob diese Sorte wirklich aus dem Regal entfernt ist. Kioske werden unter anderem überprüft, ob sie sich an das Verkaufsverbot für Snus halten, gesundheitsschädliche Nikotinbeutel für den oralen Gebrauch.

Prüfer sind in Oberhausen für weit über 1600 Betriebe zuständig

Zu der ohnehin schon langen Liste an Betrieben kommen noch Marktstände, Imbisswagen oder beispielsweise auch Großtagespflegestellen hinzu. Unter dem Strich fallen rund 1600 Betriebe in die Zuständigkeit der Kontrolleure, Markthändler etc. sind darin aber noch nicht eingerechnet.

„Wir kontrollieren tagtäglich“, erklärt Meinke und betont zugleich, dass die Besuche stets unangemeldet erfolgen. Dabei gehen die Fachleute nach einem festgelegten Kontrollschema vor, dem sogenannten „Hygienepaket“, erklärt die Leiterin. EU-Vorgaben und nationale Vorgaben greifen ineinander. Am Ende kommt alles auf den Prüfstand, von der Hygiene, der Lagerung, dem Umgang mit Lebensmitteln bis hin zur Dokumentation. Es kommt darauf an, den Weg der Lebensmittel zu verfolgen: vom „stable to the table“, also vom Stall bis zum Tisch, von der Erzeugung bis zum Verbrauch.

In kaputten Fließen können gesundheitsschädliche Keime lauern

So schauen sich Fachleute beispielsweise in einer Restaurantküche sehr genau den Fußboden, Wände, Decken, Geräte und Gegenstände an. Sind Regale, Gummiabdichtungen der Kühlschränke oder auch Gewürzdosen verdreckt, verbreiten sich aus Abflussrohren üble Gerüche, kommt es immer auf den Grad der Beeinträchtigung an, welche Reaktion erfolgt.

Oftmals werden die Betreiber aufgefordert, in einem festgelegten Zeitraum bis zur nächsten Kontrolle die Missstände zu beseitigen. Das kann auch heißen, aufgeplatzte Fliesen zu ersetzen, weil sich dort Keime bilden können oder beim Handwaschbecken dafür zu sorgen, dass aus dem Hahn auch warmes Wasser fließt, weil das inzwischen zu den Vorschriften für Gastroküchen gehört. Bei den gesetzten Fristen „achten wir natürlich auf ausreichende Zeiträume, gerade wenn Dienste von Handwerkern anstehen, die oftmals über Wochen ausgebucht sind“.

Lebensmittelkontrolleure in Oberhausen
Einer der Oberhausener Prüfer entnimmt bei Bedarf Proben und schickt sie anschließend ins Labor. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Laufen Mäuse in der Küche herum, wird der Betrieb sofort geschlossen

Bei krasseren Vergehen bleibt der Betrieb so lange geschlossen, bis die Mängel beseitigt sind und die Kontrolleure grünes Licht geben. Ein Weiterbetrieb wird auf jeden Fall untersagt, wenn Ratten oder Mäuse in der Küche, im Vorrat oder anderen Räumen auftauchen. Je nach Schwere werden Bußgelder verhängt, bei Strafen ab 350 Euro (u.a. bei stark verdreckten Küchen) erfolgt ein Vermerk in der öffentlich einsehbaren Seite www.lebensmitteltransparenz.nrw.de.

Zu Oberhausen finden sich derzeit keine Einträge. Von den rund 1500 Betriebsbesuchen in den jeweiligen Jahren 2023 und 2024 waren etwa 1000 reguläre Kontrollen, 500 Mal handelte es sich um Nachkontrollen, weil Vorgaben nicht eingehalten wurden. In 200 Fällen haben Kontrolleure die Beanstandungen geahndet. 40 Betriebe, über alle Sparten hinweg, mussten geschlossen werden und blieben durchschnittlich sieben Tage dicht.

„Uns ist immer wieder daran gelegen, den Betrieben zu vermitteln, dass das Lebensmittelrecht eine Unternehmerverantwortung beinhaltet“, betont Meinke. So sehr die Kontrolleure auch den mahnenden Zeigefinger erheben müssen, wollen sie den Betrieben eben auch mit Ratschlägen und Informationen zur Seite stehen, damit die Sicherheit für den Verbraucher gewährleistet bleibt.

Oberhausen Experten nehmen auch Etiketten genau unter die Lupe

Darin liegt ebenfalls das Ziel, wenn die Experten in Lebensmittelläden unterwegs sind. Sie schauen sich die Kennzeichnungen auf Etiketten an: Stimmen die Angaben zum Kräutertee oder zum Olivenöl? Dazu sind gegebenenfalls Proben erforderlich. Schließlich sind auch die Kühltheken zu berücksichtigen, wobei das Gesetz hier sehr genau unterscheidet: Fleisch ist bei sieben Grad zu lagern, Flüssigei bei vier und Fisch bei zwei Grad.

Lebensmittelkontrolleure in Oberhausen
Über die Ergebnisse der Untersuchungen führen die Kontrolleure sehr genau Buch und halten die Resultate in ihren Akten fest. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Was die Kontrollen meist sehr aufwändig macht, sind aber nicht allein die Überprüfungen der aktuellen Zustände, sondern auch die Einsichtnahme von Dokumentationen. Betriebe sind nämlich verpflichtet, über alles, was mit den Lebensmitteln zusammenhängt, exakt Buch zu führen, von der Lagerung bis hin zur Verarbeitung oder Verkauf. Temperaturen in den Kühltheken sind täglich zu messen oder auch fein säuberlich Reinigungspläne vorzulegen. Fehlen Angaben, kann es zu Beanstandungen kommen.

Zahl der Verstöße in Oberhausen ist in jüngster Zeit etwas angestiegen

Im Laufe der Zeit hat sich nach ihren Angaben die Zahl der Verstöße erhöht. Konkrete Zahlen will die Leiterin unter anderem mit Verweis auf den Datenschutz nicht nennen. Zu den Ursachen zählt sie unter anderem, dass die Richtlinien vielschichtiger und detailreicher geworden sind. Das wiederum stellt Kontrolleure vor entsprechende Herausforderungen. Der dadurch entstehende Aufwand sei mit dem vorhandenen Personal leistbar, zumindest noch nach dem aktuellen Stand, gibt die Leiterin zu verstehen.

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