Oberhausen. Die Krankenhausreform wird die Struktur der Gesundheitsversorgung deutlich ändern. Was Oberhausener Kliniken droht – und was als gesichert gilt.
- Die Klinik-Landschaft in Oberhausen wird durch die Krankenhausreform umstrukturiert
- Die Häuser mussten bei der Landesregierung eine bestimmte Anzahl an Behandlungsfällen pro sogenannter Leistungsgruppe beantragen
- Doch das Gesundheitsministerium hat viele Anträge abgelehnt
Die Umsetzung der neuen Krankenhausplanung in NRW nimmt Fahrt auf. Soeben hat das Gesundheitsministerium auch den Krankenhäusern in Oberhausen schriftlich mitgeteilt, wie die Versorgungsstruktur vor Ort künftig aussehen soll. Teils sind herbe Einschnitte geplant. Vor allem in den Ameos Kliniken dürfte jetzt das große Zittern beginnen.
Denn allzu viel bleibt – zumindest nach den jetzigen Vorstellungen des Landes – von den Ameos Kliniken in unserer Stadt nicht mehr übrig. Ein Blick auf die nun auch für die übrigen 60 Leistungsgruppen vorliegende Planung zeigt: Der Rotstift soll vor allem die Einrichtungen des Schweizer Krankenhausbetreibers treffen.
Dabei hatte Ameos schon im Mai bei der ersten Anhörungsrunde für die ersten vier Leistungsgruppen üble Nachrichten verkraften müssen. Eigentlich hatte das Unternehmen eine Wiederbelebung des St. Marien Klinikums geplant. 1632 Behandlungsfälle im Bereich Allgemeine Innere Medizin und sogar 2053 im Bereich Geriatrie lagen dem NRW-Gesundheitsministerium (MAGS) für St. Marien zur Anhörung vor. Für diesen Standort in Osterfeld hatte Ameos außerdem einen Antrag auf Ausweisung als geriatrische Fachklinik gestellt. Doch nichts davon wurde bewilligt.
Ameos Oberhausen: Keine Herzschrittmacher-Operationen mehr?
Auch bei der zweiten Runde schneiden die Ameos Standorte jetzt schlecht ab. So hatte Ameos etwa für St. Clemens im Bereich Interventionelle Kardiologie (minimal-invasive Eingriffe im Herzkatheterlabor) 2782 Behandlungsfälle beantragt. Das MAGS bewilligte 1698. Zum Vergleich: Das Evangelische Krankenhaus Oberhausen (EKO) strebt für die gleiche Leistungsgruppe 2500 Fälle an – und erhielt einen Zuschlag für alle.
Doch damit nicht genug. Im Bereich Kardiale Devices (Einsetzen von Herzschrittmachern, Defibrillatoren) wollte das Ameos Klinikum St. Clemens 90 Patientinnen und Patienten pro Jahr behandeln. Eine Zusage gab es für keinen einzigen. Dafür stockte das MAGS die 80 vom EKO beabsichtigen Fälle prompt auf 100 auf.
Heiß begehrt in vielen regionalen Krankenhäusern: Hüftoperationen. Das EKO ging mit 270 Fällen in die Planung und erhielt für alle eine Zusage. Ameos hoffte für St. Clemens auf 130. Bewilligt wurden: null. Auch die Helios St. Elisabeth Klinik (140 Fälle beantragt) ging leer aus.
Mit 290 Knieoperationen kalkuliert das EKO künftig und darf dies auch. 150 hatte Ameos für St. Clemens auf der Liste stehen, 160 Helios – beide Einrichtungen müssen eine komplette Absage einstecken. Immerhin: Helios darf alle 500 geplanten Eingriffe an der Wirbelsäule durchführen; Ameos erhielt eine Zusage für 166 von 180 beantragten.
Das Haus der Wahl im Fachgebiet Urologie (Erkrankungen von Niere, Harnblase, Harnleiter) bleibt das EKO, das sich über einen Zuschlag für 1818 Behandlungen freuen kann (beantragt: 1900). Gleiches gilt für die Senologie ( Lehre der weiblichen Brust): Das MAGS bewilligte für das EKO 165 von 180 geforderten Fällen. Mit 1800 Behandlungen kalkuliert das Haus darüber hinaus im Bereich Allgemeine Frauenheilkunde und wurde prompt durch eine Zusage für 1878 überrascht. Für Ameos dagegen halbierte das MAGS die Zahlen in dieser Leistungsgruppe nahezu: St. Clemens soll sich mit 1266 Fällen begnügen (2209 beantragt).
Zusagen über alle anvisierten Behandlungen erhielten EKO und Ameos gleichermaßen für erwartete Geburten: 2200 das EKO und 1400 das St. Clemens Klinikum. Dazu kommen am EKO 41 (von 60 beantragten) Behandlungen für perinatale Notfälle (also um Notfälle auf der Geburtsstation versorgen zu können). Ameos rechnete hier mit 25 Fällen, die aber alle abgelehnt wurden.
EKO: Dämpfer im Bereich Kinder- und Jugendmedizin
Mit Blick auf die Kinder- und Jugendmedizin steckt aber auch das EKO einen Dämpfer ein: von 3200 Fällen wurden nur 2725 durchgewunken. 1622 hatte Ameos für St. Clemens beantragt und in gleicher Höhe auch einen Zuschlag erhalten. Im Fachgebiet Neurologie winkte das MAGS immerhin 1000 von 1557 beantragten Fällen für St. Clemens durch und für die dortige Stroke Unit (akute Infarkt- und Schlaganfallbehandlung) 420 (620 beantragt).
Kurze Glücksmomente gleich vor den nächsten schlechten Nachrichten: Im Fachgebiet Hals-Nasen-Ohrenheilkunde strebte Ameos für St. Clemens durchschnittlich 100 Patientinnen und Patienten an. Das Ministerium bewilligte null. Dafür soll Helios künftig 195 versorgen (200 beantragt). Im Bereich Palliativmedizin (spezielle Schmerzbehandlung) gingen St. Clemens (100 beantragt) und das EKO (30 beantragt) gleichermaßen leer aus.
Einmal mehr den Eindruck eines herrenlosen Schiffes erweckte Ameos im Bereich Gefäßchirurgie. Ursprünglich hatte das Unternehmen in St. Clemens wohl Großes geplant, wie die Antragstellung beim MAGS belegt. So wollte das Haus dort zehn Bauchaortenaneurysma-Fälle behandeln (EKO: 50 Fälle; bewilligt: alle), ganze 143 Eingriffe an der Halsschlagader (EKO: 60 Fälle; bewilligt: alle) sowie 322 Behandlungen von Gefäßerkrankungen in Armen und Beinen durchführen (EKO: 220 Fälle; bewilligt: alle). Doch dann die Kehrtwende: Ameos schloss im Dezember 2023 die Gefäß- und plastische Chirurgie am St. Clemens Klinikum und zog alle Anträge wieder zurück.
Die Gewinner und Verlierer der Krankenhausreform in Oberhausen
Fazit: Das EKO geht als Gewinner aus dem Rennen um Behandlungsfälle hervor, Helios muss nur wenige Kürzungen einstecken. Ameos dagegen scheint der große Verlierer der Krankenhausreform zu werden. Denn dort sind nach den Planungen des Gesundheitsministeriums künftig die Geriatrie und Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde akut gefährdet. Neurologie, Kardiologie, Stroke Unit, Orthopädie drohen erhebliche Kürzungen.
Bis zum 11. August 2024 haben alle Krankenhäuser nun Zeit, beim Land ihre Einsprüche gegen die Planung einzureichen. Ameos will das nach Angaben seiner Sprecherin Christine Hertrich auch tun. „Wir halten auch an unseren Anträgen für das Ameos Klinikum St. Marien Oberhausen – sowohl für die Innere Medizin als auch die Geriatrie – fest. Auch für das Ameos Klinikum St. Clemens Oberhausen sind Anträge gestellt worden. Unser Standpunkt zur geriatrischen Versorgung in Oberhausen hat sich nicht verändert und wir werden weiterhin für unsere Standorte einstehen.“
Die Entscheidung für den endgültigen Versorgungsauftrag fällt das NRW-Gesundheitsministerium dann bis zum Jahresende.