Oberhausen. Nach der Gewalttat an Ukrainern entschied der Oberhausener Rat: Stadt und Polizei sollen prüfen, wie man mehr Sicherheit schafft. Mehr nicht.
Der Berg kreißte und gebar eine Maus. Nach einer erstaunlich langen Diskussion im Rat über die rechtlichen, technischen und personellen Chancen einer Überwachung mit Videokameras am Oberhausener Hauptbahnhof beschloss die Mehrheit, dass der Einsatz von Videokameras am Vorplatz geprüft werden soll. Die Hoffnung: So könnte man das Sicherheitsgefühl der Bürger vor dem Hauptbahnhof stärken und Kriminelle abschrecken. Doch ein ähnlicher Beschluss von September 2017 aufgrund eines damaligen Vorstoßes der CDU zeigte bisher keine Erfolge - mehr Videokameras gibt es bis heute nicht.
CDU: Die Gewalttat am Oberhausener Hauptbahnhof hat uns schwer erschüttert
Unter dem Eindruck der tödlichen Gewalttat mit Messern von Jugendlichen auf zwei junge Ukrainer im Februar 2024 am Hauptbahnhof hatte die Oberhausener CDU ihre alte Forderung nach mehr Videobeobachtung im Stadtgebiet für die diesjährige Mai-Ratssitzung wiederholt. „Die Gewalttat hat uns alle schwer erschüttert“, sagte CDU-Ratsfraktionschefin Simone-Tatjana Stehr im Rat. „Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung - diese Themen liegen uns am Herzen.“ Deshalb müsse nun gehandelt werden.
Doch der CDU-Beschlussvorschlag für den Rat fiel am Montag (13. Mai 2024) durch, gerade weil er aufgrund der Erfahrungen von 2017 so handfest formuliert war: „Die Stadtverwaltung wird gebeten, in Zusammenarbeit mit der Polizei, intelligente Videoüberwachung am Bahnhofsvorplatz zu installieren.“ Also: Nicht erst ewig prüfen, ewig reden, sondern klar handeln: „installieren“. Und zwar nicht nur Videokameras, die das Geschehen wie an den Stoag-Bushaltestellen aufzeichnen, sondern Videokameras, die live Polizisten kriminelles Geschehen auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofes melden - eine echte Videobeobachtung nach dem NRW-Polizeigesetz also.
Vor sieben Jahren hatte die Ratsmehrheit auf Basis des damaligen CDU-Antrags den Arbeitsauftrag an die Stadtspitze noch sehr locker beschrieben: „Die Verwaltung wird beauftragt, mit der Polizei in einen Dialog darüber einzutreten, an welchen Stellen auf Oberhausener Stadtgebiet die Einführung einer Videobeobachtung hilfreich und sinnvoll ist.“ Ergebnis: Null.
Doch von allen Seiten musste sich die CDU-Fraktion nun belehren lassen, dass erstens „der Rat nicht zuständig ist, sondern die Landesbehörde Polizei“ (Juristin und SPD-Fraktionschefin Sonja Bongers), dass zweitens Videokameras nach dem NRW-Polizeigesetz schon allein deshalb nicht erlaubt sind, weil „der Vorplatz des Hauptbahnhofes gar kein Kriminalitätsschwerpunkt ist“ (Grünen-Ratsherr Norbert Axt), drittens aus technischen und rechtlichen Gründen intelligente Videokameras mit niedrigerem Polizei-Personalbedarf für die „nächsten fünf bis zehn Jahre ein Luftschloss bleiben“ (FDP-Ratsherr Marc Hoff), viertens das in Mannheim getestete intelligente Videoüberwachungssystem „noch längst nicht marktreif ist“ (AfD-Ratsmitglied Erich Noldus) und fünftens die bisher bewährte alte Kameratechnik mit über zwölf Polizisten zu viel Personal bindet (Hoff und Axt).
Und so gab die CDU nach, willigte ein, die Formulierungen ihres Beschlussvorschlages weich zu klopfen. Auf offener Bühne wurde an einzelnen Worten und Sätzen als Kompromiss gefeilt, sodass auch die letzten Zuschauer des neuen Live-Streams (auf Youtube nachschaubar: https://www.youtube.com/watch?v=tQdQcMvmeOo) einsehen mussten, dass demokratische Prozesse nicht so spannend wie „Mission Impossible“-Spielfilme verlaufen.
Beschluss: Stadtspitze soll in einen Dialog mit der Polizei über Kameras treten
Zumal dann am Ende gegen die Stimmen von AfD, Linke Liste und Grünen wieder Ähnliches von der Mehrheit des Rates höflich gewünscht wird wie bereits ergebnislos 2017 geschehen: „Die Verwaltung wird gebeten, die objektive und subjektive Sicherheit im Stadtgebiet zu erhöhen, indem sie erneut mit der Polizei in einen Dialog darüber eintritt, an welchen Stellen auf Oberhausener Stadtgebiet der Einsatz optisch-technischer Mittel hilfreich und sinnvoll ist.“ Dabei soll auch die Installation einer Videobeobachtung am Bahnhofsvorplatz in Alt-Oberhausen geprüft werden.
Der Druck auf die Stadtspitze und auf das Oberhausener Polizeipräsidium wurde nur durch das Wort „kurzfristig“ leicht erhöht: „Das Ergebnis ist den zuständigen Gremien kurzfristig vorzulegen.“ Mal sehen, was da herauskommt. Allerdings hat FDP-Ratsherr Marc Hoff die Spannung der zuschauenden Bürger schon durch Spoiler-Aussagen weggenommen: „Ich weiß schon heute, was die Prüfung ergibt.“ Eine Dauer-Videobeobachtung durch die Polizei wird wegen der jetzt geltenden NRW-Polizeigesetze aus rechtlichen und personellen Gründen nicht möglich sein.