Mülheim. 20 Baumkübel will die Stadt von Mülheims Schloßstraße abräumen, 19 neu arrangieren. Doch ein richtungsweisendes Konzept liegt in weiter Ferne.
Eigentlich war der Antrag aus der Verwaltung nur zum geräuschlosen Durchwinken gedacht: Rund die Hälfte der von Beginn an schon umstrittenen Baumkübel auf der Schloßstraße will sie jetzt aus der Fußgängerzone abräumen lassen, um im neuen Haushalt Kosten senken zu können. Denn nach nur 15 Jahren Einsatz sind die Pötte größtenteils sanierungsbedürftig. Und zwar spätestens in zwei Jahren. Doch so sang- und klanglos will die Politik da nicht mitziehen.
Denn was die Planung als „Zwischenlösung“ für die Schloßstraße präsentierte, war einigen zu dürftig: „Einfach nur erst mal abziehen zu einer solch hohen Summe und nicht wissen, was wir im Gegenzug dafür bekommen?“, dafür wollte Eva-Annette Klövekorn (MBI) der Verwaltung „a priori keinen Persilschein“ erteilen. Denn Abbau und Entsorgung der Kübel kosten allein schon knapp 300.000 Euro, für die Neubepflanzung der übrigen 19 Kübel muss die Stadt noch einmal rund 130.000 Euro aufwenden. In Summe (411.000 Euro) also annähernd so viel, wie die komplette Anschaffung vor 15 Jahren gekostet hat.
Mülheims Schloßstraße: Politik will Verwaltung keinen Persilschein ausstellen
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Auch Andreas Preker-Frank (Die Partei) fand es „merkwürdig, dass man die Kübel - die nie besonders geliebt worden sind - erst in einer ,City Offensive‘ angeschafft hat, nun in einer weiteren Offensive und ohne Alternative abziehen will“. Man solle besser vorher mit den Bürgerinnen und Bürgern abklären, was stattdessen gewollt werde.
Doch die Zeit dränge, so Bach, der Zustand der Bäume sei so schlecht, dass diese keine zwei Jahre mehr durchhielten. Hinzu komme, dass die Schloßstraße durch verschiedene Nutzungsüberlagerungen einen Zustand erreicht habe, dass sie für Veranstaltungen oder den Wochenmarkt kaum noch nutzbar sei.
Mülheims Stadtplaner zur Fußgängerzone: „Der begrünte Eindruck soll bleiben“
Bloß: Ein echtes Konzept oder gar eine Vision der zukünftigen Schloßstraße konnte Stadtplaner Daniel Bach nicht präsentieren, sondern allenfalls eine Grundkonzeption, die 2022 im Zuge eines integrierten Handlungskonzepts nur in Ansätzen formuliert wurde. Und diese Zwischenlösung besagt: Hier ein begrenzter Platz für die inzwischen ausgeuferte Gastronomie auf der Fußgängerzone, dort etwas mehr Raum, um verweilen zu können, ohne konsumieren zu müssen. Reichlich reservierte Stellfläche für die Feuerwehr und den Wochenmarkt. Und hier und dort verteilt: die restlichen 19 Kübel. Denn „der begrünte Eindruck soll bleiben“, erläuterte Bach den angestrebten „Zwischenzustand“.
Mit einem echten Gesamtkonzept zur Erneuerung der Schloßstraße dagegen solle die Verwaltung erst noch beauftragt werden und dazu mögliche Fördermittel ausloten. Das müsse schließlich mit der Bürgerschaft und der Politik noch ausdiskutiert werden. Bach rechnete für diesen Findungsprozess etwa zwei Jahre ein, und dann müsse das ja noch umgesetzt werden, sprach der Stadtplaner dabei von einer „Herausforderung“.
CDU: „Wir vagabundieren weiter an der Schloßstraße herum“
Der Eindruck, dass die Stadt kurz vor den anstehenden Haushaltsdebatten schnellstmöglich die Kosten senken wolle, blieb hingegen bei der Politik hängen. „Wir vagabundieren weiter an der Schloßstraße zwischen vielen gleichzeitigen Vorschlägen, die zum Teil nicht miteinander kombinierbar sind: Einzelhandel, Aufenthalt, Verkehrsflächen, Fahrrad, Fußgänger. Die Frage ist: Was wollen wir dort?“, drängte Hansgeorg Schiemer (CDU) wenigstens auf eine zeitliche „Überlappung“ zwischen Gesamtkonzept und Zwischenlösung.
Schiemer hatte allerdings auch Zweifel daran, ob sich diese Widersprüche überhaupt durch eine Bewohnerbefragung auflösen lassen. Oder sollte man nicht besser die Besucher fragen? Oder die Geschäfte? Allein mit der Entscheidung für den einen oder anderen Standort für die restlichen Kübel treffe man schon wieder eine Vorentscheidung, wendete der CDU-Politiker Bedenken ein.
Mülheims Kämmerer warnt vor „Wegwerfkosten“
Kämmerer Frank Mendack indes warnte vor „Wegwerfkosten“, sollte man jetzt wieder alle Kübel neu bepflanzen wollen. Und warb um einen „Vertrauensvorschuss“ für die Zwischenlösung. Nach Rechnung des Grünflächenmanagements würde ein vollständiger Austausch der Bepflanzung sowie der Drainage für alle 39 Kübel rund 261.000 Euro plus jährlich 10.000 Euro für Bewässerung kosten. Also nicht viel mehr als die vorgeschlagene Entsorgung der Hälfte der Kübel.
Ein solcher Austausch würde zwar voraussichtlich wieder mehr als zehn Jahre halten - aus Sicht des Kämmerers jedoch eine Verschwendung, unter der Voraussetzung, dass der Gesamtentwurf nicht alle Kübel verwenden würde. MBI-Frau Klövekorn überzeugte das nicht: Man könne ohne Konzept nicht sagen, wie viele Kübel entsorgt werden müssen oder am Ende gebraucht würden.
Politik hinterfragt Stadtplanung: Wie viele Kübel müssen tatsächlich weg?
Doch: Sind Kübel auf der Schloßstraße überhaupt noch zeitgemäß, warf Peter Pickert (SPD) die Frage in den Raum, oder gebe es andere Lösungen etwa bei der Begrünung, die Platz ließen, etwa für einen Fahrradweg? Auch dazu konnte die städtische Planung allenfalls Impressionen aus anderen Städten wie Paris, Roosendaal und Langenfeld zeigen.
Eine Abstimmung in der Sache lehnte die Bezirksvertretung folglich durch die Bank ab. Man wolle die Bedenken weiter an die Gremien für Bürgerangelegenheiten, Sicherheit und Ordnung (19.9.) und für Planung (24.9.) geben, wo darüber vorberaten und entschieden werde. Planer Bach sicherte zu: „Ich nehme die Anregungen mit.“ Eine Entscheidung in knapp zwei Wochen aber dürfte weitere Debatten voraussetzen.
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