Mülheim. Babyboomer reiben sich für die Arbeit auf, die Gen Z will sich nicht verbiegen - was ist dran an den Arbeitswelt-Mythen? Ein Experte räumt auf.

Fachkräftemangel, Work-Life-Balance und und und - die Herausforderungen in der Berufswelt sind mannigfaltig, vor allem aber wachsen sie stetig. Firmen suchen händeringend nach Nachwuchs, Bewerber hadern wiederum mit einer endgültigen Entscheidung zu (Un)Gunsten eines potenziellen, neuen Jobs. Was aber können Unternehmen tun, um Beschäftigte für sich zu gewinnen und anschließend zu halten?

Darüber hat Redakteurin Nikolina Miscevic mit Prof. Dr. Christian Rüttgers gesprochen. Rüttgers ist stellvertretender wissenschaftlicher Direktor des ipo Institut für Personal & Organisationsforschung an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management in Essen. Der Wirtschaftswissenschaftler weiß um die Hürden der Arbeitswelt - sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer. Beim diesjährigen Mülheimer Wirtschaftspreis, sollen Unternehmen belohnt werden, die besonders engagiert und innovativ bei der Gewinnung und Bindung von Fachkräften agieren. Was es dazu braucht und was die größten Trugschlüsse in der Arbeitswelt sind, erklärt Christian Rüttgers.

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Was können Unternehmen tun, um Nachwuchs zu rekrutieren?

Bei der Gewinnung und Bindung von Personal ist die Aus- und Weiterbildung elementar. Das ist ein ganz langfristiges Thema. Arbeitgeber können etwa ausbildungs- oder berufsbegleitendes Studieren als Anreiz nutzen, um gerade junge Leute von sich zu überzeugen. Das ist ein sehr dynamisches Feld, in dem sich vieles permanent weiterentwickelt.

Genügt das alleine?

Nein, längst nicht. Was auch eine wichtige Rolle spielt, ist die Führung. Sie ist einer der stärksten Einflussfaktoren von Mitarbeiterbindung und Arbeitszufriedenheit überhaupt. Und damit wirkt sie auf die Beziehung eines Arbeitnehmers zu seinem Job. Und das dritte Thema, das eine große Rolle spielt, ist die Vereinbarkeit von Leben und Beruf. Wir beobachten, dass Menschen aller Altersgruppen, vielleicht auch stärker als früher, Arbeit und Familie miteinander in Einklang bringen wollen und erwarten, dabei unterstützt zu werden.

Wirtschaftspreis 2024

Nach der Premiere im vergangenen Jahr sollen beim Wirtschaftspreis Unternehmen ausgezeichnet werden, die besonderes Engagement und innovative Konzepten im Bereich der Gewinnung und Bindung von Fachkräften und Auszubildenden vorweisen können.

„Schwerpunkte liegen auf dem Prozess der Personalgewinnung, der Qualifizierung von Beschäftigten durch Aus- und Weiterbildung, der Flexibilisierung der Arbeitsorganisation im Sinne einer besseren Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf sowie der Führung von Mitarbeitenden“, erklärt die Wirtschaftsförderung Mülheim. Wie im vergangenen Jahr findet die Preisverleihung im WDL-Luftschiffhangar statt.

Unternehmens-Vorschläge beziehungsweise Bewerbungen können ab sofort bis 31. August online unter www.muelheim-business.de/nominierung-wirtschaftspreis eingereicht werden. Auch Betriebe, die im vergangenen Jahr bereits mitgemacht haben, können sich wieder um den Wirtschaftspreis bewerben.

Es heißt gemeinhin, die jüngere Generation sei sehr auf Work-Life-Balance bedacht, die ältere hingegen sehr von Arbeit getrieben. Was sehen Sie als Ursachen für diese vermeintlichen Unterschiede und glauben Sie, dass das eine Gefahr ist oder doch eher eine Chance? 

Ich bin sehr dankbar für diese Frage, denn ich glaube, dass da viele falsche Annahmen vorherrschen. Die Antwort könnte ein wenig überraschen. Ich glaube, es ist weniger eine Generationenfrage als eine Altersfrage. Menschen geben mit 20 Jahren andere Antworten als Personen in ihren 40ern oder 50ern. Sie befinden sich in einer anderen Lebensphase, da den direkten Vergleich zu ziehen, hinkt. Man kann also nicht per se sagen: Die Gen Z ist faul und die Boomer sind fleißig.

Egal ob jung oder alt - was sollten Unternehmen tun, um offensiver an neue Fachkräfte zu kommen?

Sehr interessant ist tatsächlich an dieser Stelle die Einbindung von Beschäftigten. Da wissen wir, dass auf diese Weise einfach Personen angesprochen werden, die auch zum Unternehmen passen. Die Beschäftigten helfen einerseits dem Unternehmen, kompatible Kräfte anzuwerben, und andererseits erhalten sie dafür Wertschätzung durch den Arbeitgeber. Für alle eine komfortable Situation. Und Social Media wird in dem Bereich immer bedeutender.

Stichwort Social Media: Das wird oft noch oder ist in der Vergangenheit ein bisschen belächelt worden. Wie wichtig ist dieser Hebel?

Man stellt fest, dass das erste Portal, um sich aktiv um eine Stelle zu bewerben, immer noch die Webseite ist. Aber Social Media bietet eben die Möglichkeit, dass ich nebenher etwas mitbekomme. Also ich sitze da gerade auf der Couch im Wohnzimmer und swipe durch entsprechende Kanäle und mir wird etwas angezeigt. Gerade für mittelständische Unternehmen im lokalen Bereich kann das viel verändern.

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