Mülheim. Ein Rollerführerschein reicht, um mit einem Microcar durch die Gegend brausen zu dürfen. Was eine Fahrerin und ein Fahrlehrer zum Trend sagen.
Er sieht aus wie ein Spielzeug und klingt wie ein Traktor, vor allem aber bedeutet er Freiheit: Theda Frankens roter Flitzer, genannt „Tuc Tuc“. Die Schülerin aus Mülheim ist seit zehn Monaten mit einem Microcar unterwegs, das man bereits mit 15 und einem Rollerführerschein (AM) fahren darf. In der Zeit hat Theda stolze 14.000 Kilometer zurückgelegt.
Viele davon mit ihrem 94 Jahre alten Opa auf dem Beifahrersitz, wie Thedas Mutter Sibylle Franken erzählt. „Die Abmachung war, dass sie ihren Opa zu seinen Erledigungen fährt und das klappt auch gut.“ Morgen zum Beispiel geht es zum Friseur.
„„Parkplatzprobleme habe ich selten.““
Aber auch für Theda selbst ist das Microcar eine echte Alltagshilfe. Denn die 16-Jährige geht in Essen-Rüttenscheid zur Schule. Mit Bus und Bahn war sie früher eine Stunde unterwegs, jetzt sind es nur noch 25 Minuten. „Neulich war ich sogar mal in Düsseldorf. Das geht auch, obwohl ich natürlich ständig überholt werde“, erzählt die inzwischen 16-Jährige.
Thedas Microcar der Marke Ligier fährt gerade einmal 45 Stundenkilometer und ist, wie alle Mopedautos, auf sechs Kilowatt Leistung beschränkt. Autobahnfahrten sind somit ausgeschlossen. „Auf Landstraßen bin ich aber natürlich auch viel langsamer als der Rest. Da versuche ich, am Rand zu fahren und niemanden zu blockieren“, sagt sie. Im Stadtverkehr dagegen hat Theda viele Vorteile. „Parkplatzprobleme habe ich selten.“
Rückwärts einparken musste sie sich selbst beibringen
Aber Moment mal, fahren gelernt hat Theda auf einem Roller, der ja bekanntlich nur zwei Räder hat. Ist da der Umstieg auf ein vierrädriges Fahrzeug mit Karosse nicht ein bisschen groß? „Rückwärts einparken konnte ich nach der Prüfung nicht“, sagt Theda. Genau das ist auch ein Punkt, der Fahrlehrer Rainer Schneider von der Mülheimer Fahrschule Plan C beschäftigt.
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Grundsätzlich sieht er kein Problem darin, mit einem Rollerführerschein aufs Microcar umzusteigen. Tendenziell sei das Rollerfahren anspruchsvoller. „Mit dem Rollerführerschein lernt man viel über Fahrphysik und Fliehkräfte, was man nachher beim Microcar nicht mehr braucht.“ Aber da ist natürlich noch die Sache mit dem Rückwärtsfahren. „Es wäre schon sinnvoll, später mit dem Microcar noch einmal eine Fahrstunde zu nehmen, um Parkübungen zu machen“, rät Rainer Schneider von Plan C.
Microcars in Fahrschulen? Lohnt sich nicht
Er berichtet, dass inzwischen zahlreiche seiner Schülerinnen und Schüler Microcar fahren. „Darauf auszubilden, wäre machbar, lohnt sich aber nicht. Die Prüfung muss in jedem Fall auf einem Roller abgelegt werden“, erklärt der Experte. Theda war nach erfolgreicher Prüfung dreimal auf einem Verkehrsübungsplatz, um sicherer im Umgang mit ihrem Microcar zu werden. Ihre Mutter lobt: „Am Anfang sind wir noch mitgefahren, aber sie hat das super gemacht.“ Für Sibylle Franken ist das Microcar eine gute Vorbereitung auf den Pkw-Führerschein.
Wie viele Microcars fahren auf Mülheims Straßen? Das kann man nicht sagen, da sie im Gegensatz zum herkömmlichen Pkw nicht zugelassen werden und auch nicht zum TÜV müssen. Lediglich ein Versicherungskennzeichen ist nötig. Microcars gibt es von mehreren Anbietern und mit unterschiedlichen Antrieben. Die kleinen Flitzer haben zudem berühmte Vorgänger. So waren auch der Messerschmidt Kabinenroller sowie die BMW Isetta Mopedautos.
Der kleine Flitzer von Theda hat Ledersitze
Thedas Ligier hat nichts Nostalgisches, sondern ist eher ein sportliches Modell mit Ledersitzen, Rückfahrkamera, Sitzheizung und elektrischen Fensterhebern. Zwei Sitze hat das Mobil und einen Kofferraum. Qualitativ ist aus Thedas Sicht noch Luft nach oben. „Es ist halt alles Plastik“, sagt sie. Der Griff der Beifahrertür ist schon ab. „Aber wir haben jetzt eine Werkstatt in Mülheim gefunden.“
Gekauft hat ihre Familie das Mobil in Bottrop als Jahreswagen. Wer sich einen Neuwagen zulegen will, muss zwischen 10.000 und 20.000 Euro investieren und sich auf Lieferzeiten einstellen, denn die Mobile sind beliebt. Fast zwei Jahre dauert es noch, bis Theda auch mit einem PKW unbegleitet durch die Stadt düsen könnte. Fiebert sie trotz „Tuc Tuc“ auf den Autoführerschein hin? „Definitiv. Ich will Autobahn fahren.“
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