Neukirchen-Vluyn/Rheurdt. Die Camper am Hoschenhof müssen zurückbauen, um weiter dort wohnen zu können. Sie sind geschockt - was das für den Einzelnen bedeutet.

„Hier ist im Moment der Teufel los.“ So drastisch beschreibt Tatjana Lennartz die Lage auf dem Campingplatz am Hoschenhof in Neufeld. Die Bewohnerinnen und Bewohner würden derzeit Verunsicherung, Wut und Angst verspüren, weil nun langsam klar werde, inwieweit viele von ihnen Teile ihrer Heime zurückbauen oder abreißen müssten. Anfang August fand zwischen den Verpächtern des Campingplatzes und den Bauaufsichtsbehörden der Stadt Neukirchen-Vluyn und des Kreises Kleve ein weiteres Gespräch statt. Dabei ging es erneut um das erarbeitete Brandschutzkonzept; eine Überprüfung hatte ergeben, dass an vielen Stellen im Notfall kein Durchkommen zu den Parzellen für die Feuerwehr möglich ist.

Wie berichtet soll dieses neue Konzept eine Nutzungsuntersagung abwenden. Das Ergebnis ist für die Bewohnerinnen und Bewohner „ernüchternd“, sagt Lennartz, die selbst seit 16 Jahren ihren festen Wohnsitz am Hoschenhof hat. Wie es den Dauercampern bereits angekündigt wurde, muss tatsächlich zwingend ein Abstand von fünf Metern zwischen den einzelnen Gebäuden hergestellt werden. Das schreibt die Konijnenberg-Gröwing Camping GbR, eine von drei Verpächtern, in einem Brief an ihre Pächter und das bestätigt auch die Stadt Neukirchen-Vluyn. Der Verpächter, so heißt es, müsse den Fortschritt dokumentieren und regelmäßig den zuständigen Behörden mitteilen. „Die Bauaufsichtsbehörden werden den Fortschritt kontrollieren und werden einschreiten, sollte die Umsetzung nicht schnell genug gehen“, heißt es in dem Schreiben der GbR weiter.

Viele Schwierigkeiten, sich mit Nachbarn einig zu werden

Die Unruhe ist daher bei Tatjana Lennartz und ihren Nachbarn, viele davon Dauercamper mit festem Wohnsitz, groß. „Einige haben schweren Herzens schon begonnen, Anbauten abzureißen, andere überlegen, wo genau sie etwas zurückbauen können“, schildert sie. Sie selbst ist gleich mehrfach betroffen, das Mobilheim, in dem sie lebt, gehört zur Gemeinde Rheurdt, während die beiden Bauten, die sie an Familienmitglieder vermietet hat, auf dem Gebiet der Stadt Neukirchen-Vluyn liegen. Dazu kommen unterschiedliche Verpächter. „Für meinen Mann und mich ist klar, dass wir unseren Schuppen abreißen werden“, sagt sie. „Aber wohin dann mit all den Gerätschaften darin, zum Beispiel dem Rasenmäher?“

Blick von einem Mobilheim auf Schultes Kull und die Häuser an der Neufelder Straße.
Blick von einem Mobilheim auf Schultes Kull und die Häuser an der Neufelder Straße. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Das Schwierigste sei, sich mit den Nachbarn einig zu werden, wer was zurückbaue, damit der Abstand von fünf Metern überall gewährleistet sei. „Stellen Sie sich vor, mit fünf Nachbarn Einigkeit herstellen zu müssen“, sagt Lennartz. Das führe automatisch zu Missgunst, was traurig sei, da die Gemeinschaft am Campingplatz bis dato eine ganz Besondere gewesen sei. „Der soziale Aspekt fehlt mir in der Diskussion völlig“, sagt sie. Dazu komme, dass wirklich alle an einem Strang ziehen müssten. „Es bringt ja nichts, wenn der eine abreißt, ein anderer sich aber weigert“, schildert die 61-Jährige. „Dann stehen wir trotzdem vor der Nutzungsuntersagung und müssen alle raus.“

Kosten für Abriss und Entsorgung müssen Pächter selbst tragen

Darauf verweist auch der Verpächter in seinem Schreiben von Anfang August, das der Redaktion weitergeleitet wurde. Bis zum 16. August sei Zeit, Lösungsmöglichkeiten zu überlegen und diese mitzuteilen. Alle Ideen seien willkommen. „Sollten wir keine Rückmeldung bekommen, werden wir oder im ungünstigsten Fall die Behörden eine Entscheidung treffen müssen“, heißt es in dem Brief an die Pächter. Für Lennartz und die anderen Bewohner kommt in dieser Sache erschwerend hinzu, dass sie die Kosten für den Abriss und die Entsorgung selbst tragen müssen. „Einige werden natürlich selbst tätig, aber wir haben hier auch sehr alte Nachbarn, die dafür Firmen beauftragen müssen“, erklärt sie.

Luftbild des Campingplatzes und der Wohnhäuser an der Neufelder Straße.
Luftbild des Campingplatzes und der Wohnhäuser an der Neufelder Straße. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Nach der Umsetzung des Brandschutzkonzepts steht als nächster Schritt der Bebauungsplan an. Ziel ist es, den Campingplatz an die Vorgaben der Camping- und Wochenendhausverordnung NRW anzupassen - viele der Gebäude sind nicht genehmigt, obwohl sie seit mehr als 50 Jahren stehen. Der Bebauungsplan könnte für viele Dauercamper deswegen schon die nächste Verkleinerung bedeuten. „Es gibt keinen Bestandsschutz, das heißt eine maximale Größe von 50qm ist erlaubt“, sagt Lennartz. 90 Prozent der Heime, schätzt sie, seien aber deutlich größer. „Im Klartext heißt das, dann müssen wir alle nochmals zurückbauen.“

Die Gemeinde Rheurdt, auf deren Fläche 7/8 des Campingplatzes liegt, hat bereits bestätigt, dass einige Gebäude versetzt oder zurückgebaut werden müssen, wenn der Bebauungsplan Ende 2025 rechtskräftig werde. Die Fläche soll jedoch auf Neukirchen-Vluyner Seite erweitert werden, so dass die Pächter neue Parzellen bekommen können.

Verpächter bemüht sich Lösung für alle zu finden

Die Konijnenberg-Gröwing Camping GbR, denen die größte Fläche am Hoschenhof gehört, ist als Verpächter nach eigenen Angaben sehr bemüht, für alle Seiten eine zufriedenstellende Lösung zu finden und die akuten Brandgefahren abzuwehren. Gleichzeitig möchte die Gesellschaft durch die Aufstellung des angestrebten Bebauungsplans die Zukunft des Campingplatzes langfristig sichern. Da der Campingplatz am Hoschenhof auf der Grenze zwischen zwei Kommunen, zwei Kreisen und zwei Regionalbezirken liegt, müssen insgesamt sechs Behörden miteinander arbeiten und sich einigen: die Stadt Neukirchen-Vluyn, die Gemeinde Rheurdt, der Kreis Wesel, der Kreis Kleve, der Regionalverband Ruhr und der Regierungsbezirk Düsseldorf.