Am Niederrhein. Ab Montag ist die Präsenzpflicht in den Schulen vorerst aufgehoben. Schulleitungen in Kamp-Lintfort und Neukirchen-Vluyn fühlen sich überrumpelt.
Es war wie so oft: Freitagmittag erreichte die Schulen die Nachricht, dass bis Montag das Schulleben wegen der Corona-Pandemie erneut umgekrempelt wird. Diesmal gilt: Ab der 8. Klasse gehen alle in den Distanzunterricht, in den Klassen darunter entscheiden die Eltern.
Die Schulleiterin der Kamp-Lintforter Europaschule (Sekundarschule), Barbara Mennekes, hat erstmal auf die Bremse getreten: „Ich habe für Montag einen Studientag ausgerufen, damit erst mal der Druck raus kommt.“ Dann könnten sich Lehrer und Schüler sortieren und schauen, wie die neuen Regelungen der Landesregierung umgesetzt werden können.
Online-Unterricht sei grundsätzlich gut an ihrer Schule organisiert. Auf jeden Fall will Mennekes irgendwie versuchen, weiter Klassenarbeiten vor allem für den Abschlussjahrgang in Präsenz schreiben, schließlich seien die versetzungsrelevant. „Gerade die Zehntklässler sind schon jetzt am Ende. Wir haben ihnen ja auch immer wieder gesagt, wie wichtig die kommenden Arbeiten sind. Und nun das.“
Ab dem achten Jahrgang gibt es Distanzunterricht
Ihre Erfahrung aus den bisherigen Lockdowns: Die Eltern lassen ihre Kinder eher zu Hause, wenn sie entscheiden können, ob ihr Kind in die Schule geht oder nicht. Das ist nach den jüngsten Nachrichten aus Düsseldorf für die Klassen 5 bis 7 der Fall. Ab dem achten Jahrgang soll auf jeden Fall Distanzunterricht gemacht werden.
Noch bis 14 Uhr vermeldete das Georg-Forster-Gymnasium, dass man in der kommenden Woche mit normalem Präsenzunterricht weitermachen wolle und vor allem Klausur- und Klassenarbeitstermine bestehen bleiben. Das musste die stellvertretende Schulleiterin Dietlind Frommann-Grün aber bald ändern. Wenn ab Klasse 8 alle in die Distanz müssten, fielen auch die Arbeiten flach. Am Nachmittag hieß es dann auf der Homepage: „Klausuren in den Jahrgangsstufen EF bis Q2 finden planmäßig in Präsenz statt. Auch die Termine für die Nachschreibklausuren haben nach wie vor Bestand.“ Den Vorschlag, die jüngeren Kinder wahlweise in die Schule zu schicken oder von zu Hause aus lernen zu lassen, findet sie unglücklich. Das führt zu einer erheblichen Mehrbelastung der Kollegen, wenn sie beide Formen bedienen sollen.“ Die Eltern können sich nach ihren Worten auch nur für eines entscheiden für die nächsten Wochen: entweder Präsenzunterricht oder Schulbesuch.
Am Georg-Forster gab es nur wenig Probleme mit Corona
Das Wochenende wird für die erweiterte Schulleitung wohl ein arbeitsreiches werden, um sich genau aufzustellen und per E-Mail alle Betroffenen zu erreichen. „Klare Regeln wären mit lieber gewesen“, sagt Fromman-Grün, die wie so viele Lehrer vom Freitagsmittags-Termin für solche Anweisungen genervt ist. Am Gymnasium in Kamp-Lintfort habe es in den letzten Monaten nur sehr vereinzelt Probleme mit Corona gegeben.
Auch am Julius-Stursberg-Gymnasium in Neukirchen-Vluyn ist man durch die aktuelle Ad-Hoc-Nachricht etwas überrumpelt worden. „Wir werden gerade aus der fahrenden Achterbahn geworfen“, sagt die Leiterin Susanne Marten-Cleef.
Das Problem: In der kommenden Woche werden in der Oberstufe noch Klausuren geschrieben. In den Jahrgängen zehn bis zwölf gibt es nach ihren Angaben etwas mehr als 300 Schülerinnen und Schüler. „Manche schreiben noch drei Klausuren“, sagt Marten-Cleef. Denn: Bedingt durch die Quarantäne-Fälle in den vergangenen Wochen sind auch Klausuren für die betroffenen Schüler verschoben worden. Es sei ja nicht so, dass in der letzten Woche vor Weihnachten nichts mehr passiere, sagte die JSG-Leiterin am Freitagmittag. Wie sie weiter ausführte, gebe es für bestimmte Fächer auch nicht viele Freiräume für Ersatztermine.
Einige Klausuren werden geschrieben
Und wie häppchenweise die Informationen aus Düsseldorf an die Schulen übermittelt werden, zeigt ein weiteres Gespräch mit der NRZ am Freitagnachmittag. Mittlerweile hatte das JSG eine so genannte Schulmail erreicht, in der eine Lösung für die Klausuren und Klassenarbeiten aufgezeigt ist. Demnach können in den Fällen, in denen keine Verschiebungen möglich sind oder Klausuren zwingend geschrieben werden müssen, die Termine gehalten werden. „Die Schülerinnen und Schüler kommen dann nur für den Zeitraum der Prüfungen in die Schule“, erklärt Marten-Cleef. Am JSG werde noch mehr auf Hygiene geachtet. Marten-Cleef: „Wir zwingen niemanden, in die Schule zu kommen.“ Gerade für Schülerinnen und Schüler, die Punkte sammelten, sei das Angebot aber wichtig.
Am JSG bleiben ab Montag die oberen Jahrgänge zum Distanzunterricht zu Hause. In den Jahrgängen fünf bis sieben wird Präsenzunterricht angeboten. Aber dadurch, dass Eltern ihre Kinder auch zuhause halten können, stelle sich ein organisatorisches Problem. Hybrid-Unterricht ist demnach aus verschiedenen Gründen nicht möglich. Heißt: Der Unterricht müsste doppelt gegeben werden.
„Ich hätte mir mehr Vorlauf gewünscht und klarere Informationen“, kritisiert Marten-Cleef. Sie fragt: Was bedeutet das für das Schulhalbjahr, was für die Noten? Was bedeutet es für die Abiturienten, wenn im Halbjahr nur eine Klausur geschrieben wird? „Ich hätte ja nichts dagegen, wenn denn unsere Schule ein ,unsicherer Ort’ wäre“, sagt sie. Sei sie aber nicht, denn Marten-Cleef fährt fort: „Wer hat zu Hause schon ein Luftfiltergerät wie wir?“ Alle Klassen- und Kursräume sind mittlerweile mit solchen Geräten ausgestattet.
Zudem tragen die Schülerinnen und Schüler Alltagsmasken, die Lehrer auch FFP2-Masken, die sie weitgehend im Unterricht aufbehalten. Am JSG hatte es zwischendurch eine Phase gegeben, in der etliche Schülerinnen und Schüler in häuslicher Quarantäne waren. Aber derzeit habe man Ruhe, sagt Marten-Cleef. Momentan gelte das für nur sechs Schüler.
Die Eltern sind gefragt
An der Gesamtschule Niederberg in Neukirchen-Vluyn sind die Eltern informiert und die Homepage aktualisiert. „Am Montag kommen die Klassen fünf bis sieben nach Plan“, sagt Schulleiterin Beatrix Langenbeck-Schwich. Die Eltern sollten der Schule bis Sonntagabend mitteilen, ob sie davon Gebrauch machen möchten, die Kinder zuhause zu behalten. Die Situation stelle die Lehrerinnen und Lehrer vor Herausforderungen, sagt sie weiter.
Die Jahrgänge acht und aufwärts werden auch an der Gesamtschule Niederberg auf Distanz unterrichtet. Allerdings: „Die angesetzten Klassenarbeiten werden überwiegend stattfinden“, kündigt die Schulleiterin an. Sie wirft dabei den Blick auf die Zeugniskonferenzen, die für Anfang Januar angesetzt sind.
Hybridunterricht hält der Schulleiter für schwierig
Rolf Grüter, Leiter der Geschwister-Scholl-Gesamtschule in Moers, ist gespannt auf Montag: „Für Schüler der Klassen 5 bis 7 ist ja die Präsenzpflicht aufgehoben. Dann schauen wir mal, wer am Montag kommt.“ Bis zum Morgen werde die Schule kaum von allen Eltern darüber eine Mitteilung erhalten, ob ihre Kinder zu Hause bleiben oder nicht.
Wer kommt, erhalte den normalen Unterricht im Klassenraum. Die anderen per Videokonferenz einfach am Präsenzunterricht teilhaben zu lassen, wird laut Grüter allerdings nicht funktionieren. Zum einen, so der Pädagoge, seien immer noch nicht die angekündigten Endgeräte für bedürftige Schüler eingetroffen, zum anderen seien viele Schulen in Moers noch nicht ans Breitband angeschlossen: „Den Distanzunterricht werden wir also mit der Ausgabe von Material und über die digitale Lernplattform abhalten.“
Die Verordnung der Landesregierung zum konkreten Umgang mit der neuen Situation traf am Freitag zwar schon bald nach der Pressekonferenz von Ministerpräsident Armin Laschet auf Grüters Rechner ein: „Die lässt aber noch einige Fragen offen, zum Beispiel was mit den anstehenden Klausuren wird. Daran hängt vieles.“